Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Erlebnisse mit ihm vergessen machen...
Kapitel 8
Während Belana erneut mit ihrem Wundermittel Eleas Haare gefügig machte, saß die junge Frau vor dem riesigen Spiegel der wuchtigen Frisierkommode und betrachtete deren aufwendige Schnitzereien und goldene Verzierungen mit vorgetäuschtem Interesse. Auf diese Weise wich sie Belanas bösen Blicken aus, die diese ihr immer wieder - nur durch Kopfschütteln unterbrochen - im Spiegel zuwarf. Es war genau das eingetreten, was sie am Abend zuvor, als sie zu Bett ging, schon befürchtet hatte. Belana kam sie wecken. Als Elea sich halb verschlafen aus der Felldecke hervorquälte, versetzte sie ein Aufschrei Belanas unverzüglich in einen unerbittlichen Wachzustand. Allein Belanas Moralpredigt darüber, dass es sich für eine Frau nicht zieme, in ihrem Kleid zu schlafen, zumal es am nächsten Tag völlig unbrauchbar sei, schien kein Ende nehmen zu wollen. Als sie dann noch die neuen Knoten in ihrem Haar entdeckte, in denen – ihrem fachmännischen Auge zufolge - eine vierköpfige Vogelfamilie Platz hätte, hielt sich Elea mit jeglichem Aufbegehren zurück und ließ Belanas immer wiederkehrenden Bekundungen ihres Missfallens über ihr wenig damenhaftes Verhalten stumm über sich ergehen.
Elea entkleidete und wusch sich in Windeseile, da Belana bereits mit einem anderen Gewand ungeduldig herumwedelte. Diesmal war es ein dunkelgraues Kleid aus schwerem Samt mit einem weiten Auschnitt. Bevor sie in das Kleid schlüpfte, reichte Belana ihr noch ein weißes Hemd aus einem weich fließenden Stoff. Mit immer noch tadelndem Blick auf Elea gerichtet raffte sie den Ausschnitt mit der dünnen Kordel so weit zusammen, dass er sich fast wie ein Stehkragen um ihren Hals schmiegte.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Hofdame mit der Hochsteckfrisur halbwegs zufrieden war. Gegenüber zwei lockiger Strähnen, die sich immer wieder aus den Nadeln lösten und sich links und rechts an Eleas Gesicht hinunter kräuselten, musste sie sich schließlich geschlagen geben. Darüber nachgrübelnd, wie sie die Zeit bis zu dem Drachenfest in zwei Tagen in diesem Zimmer totschlagen könnte, brach Belana unerwartet ihr Dauerschweigen. „Finlay, kommt Euch gleich abholen. Er beabsichtigt, mit Euch einen kleinen Ausflug zu machen.“ Elea wollte ihren Ohren nicht trauen. Ihre Rettung nahte, wenn auch in Gestalt eines unglücklich in sie verliebten Prinzen. Etwas beunruhigt war sie jedoch bezüglich des Ausflugsziels. Sie fragte mit unsicherer Stimme: „Wohin will er mich denn mitnehmen?“
„ Das weiß ich nicht. – Hier, zieht diese langen Wollstrümpfe noch unter das Kleid. Es ist recht kalt draußen trotz des fast wolkenlosen Himmels. Ihr dürft auch Eure Stiefel anziehen. Ich will nicht schuld daran sein, wenn Ihr Euch einen Schnupfen holt und deshalb am Drachenfest unpässlich seid.“
„ Danke, Belana“, sagte Elea mit einem Lächeln auf den Lippen, dem Belana nicht widerstehen konnte, sodass sie ebenfalls zurücklächeln musste. „Wenn Ihr nichts dagegen habt, dann würde ich mir gerne meine Haare mit einem Tuch bedecken“, bat die junge Frau die Erste Hofdame höflich. Belanas erste Reaktion war ein entrüsteter Blick. Doch dann besann sie sich eines Besseren. „In Ordnung. Bei dem frischen Wind ist eine Kopfbedeckung ohnehin ratsam.“ Elea ging zu der Truhe mit ihren Kleidern und holte den gewaschenen Streifen Stoff von Maéls Tunika heraus. Belana wollte schon zu einem Protest ansetzen, begnügte sich dann aber nur mit einem wortlosen, dezenten Kopfschütteln begleitet von einem resignierenden Blick und ließ sie gewähren. Elea war gerade im Begriff ihren zweiten Stiefel anzuziehen, als es an der Tür klopfte. Belana ging sie öffnen. „Prinz Finlay, Ihr kommt genau richtig. Elea ist gerade mit dem Ankleiden fertig geworden.“ Sie drehte sich nochmals zu ihr um, nickte ihr mit einem schelmischen Lächeln zu und verließ an Finlay vorbeihuschend das Zimmer. Elea legte sich gerade ihren Umhang um, als Finlay zaghaft ins Zimmer trat. Sie lächelten sich wortlos zur Begrüßung zu. Finlay versuchte krampfhaft seine Augen nicht wieder bewundernd über Elea hinweggleiten zu lassen. Dabei starrte er hochkonzentriert auf einen Punkt mitten auf ihrer Stirn. Es war schließlich Elea, die das peinliche Schweigen unterbrach. „Belana sagte, ihr wolltet einen Ausflug mit mir machen. Wohin gehen wir denn?“ Finlay räusperte sich erst seine belegte Stimme frei, bevor er zu
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