Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)

eingefallenen Augen und seinem stumpfen, schlohweißen Haar machte er den Eindruck eines gebrechlichen Greises.
    „ Maél, auf dich wartet wahrscheinlich der schwierigste Auftrag deines Lebens“, begann er, mit überraschend kraftvoller Stimme zu sprechen. „Wenn du ihn erfolgreich ausführst, dann wartet auf dich eine beispiellose Chance. - Zuallererst was den Drachen angeht: Wenn ihr ihn gefunden habt – und ich bin davon überzeugt, dass Elea euch zu ihm führen wird – dann wird er das untrennbare Band zwischen ihr und sich knüpfen. Dabei wird Elea einer außerordentlichen, geistigen Beanspruchung ausgesetzt sein, die sie in einen tiefen Schlaf versetzen wird. Wenn sie wieder erwacht, ist sie in der Lage, den Drachen zu kontrollieren. Er wird ihren Befehlen gehorchen. Du wirst die ganze Zeit nicht von ihrer Seite weichen. Jeden, der sich zwischen dir und Elea in den Weg stellt, wirst du unschädlich machen. Somit wären wir auch schon bei dem zweiten Teil deiner Aufgabe angelangt: Finlay. So wie ich ihn kenne, wird er sich euch auf der Suche anschließen. Er wird Elea nicht aus den Augen lassen, weil er sich offensichtlich in sie verliebt hat und sie vor dir beschützen will. Du musst beide genau beobachten. Du darfst sie nie allein lassen. Schon gar nicht nachts im Zelt. Du wirst immer an Eleas Seite schlafen. Hast du mich verstanden?“ Maél nickte so ungerührt wie möglich und unterdrückte das starke Bedürfnis zu fragen, was dieses Aufhebens um Finlay sollte. Seine Geduld wurde schließlich belohnt. „Ich werde dir jetzt ein Geheimnis anvertrauen, das du für dich behalten wirst.“ Darrach erhob sich und schritt langsam auf Maél zu, der bereits fühlte wie der Schlangenring an Gewicht und Kälte zunahm. Er blieb vor ihm stehen und sprach weiter, während er seinen Blick von Maéls Augen zum Auge der Schlange hin und her schweifen ließ. „Ich habe König Roghan belogen. Eleas Unberührtheit ist nicht für das Knüpfen des Bandes zwischen ihr und dem Drachen notwendig. Ihre Unberührtheit ist viel bedeutungsschwerer. Der Mann, dem sie aus freien Stücken ihre Unberührtheit schenkt, erlangt dadurch gleichzeitig die Kontrolle über sie und über den Drachen.“ Darrach machte eine Pause und beobachtete genau Maéls Reaktion auf seine Worte. Dieser hatte erheblich Mühe, äußerlich seine Fassung zu bewahren. In seiner Kehle wuchs unaufhaltsam ein Kloß heran und um sein Herz schien sich eine riesige Hand gelegt zu haben, die es zu zerquetschen drohte - und dies, ohne das Hinzutun von Darrachs dunkler Magie. „An deiner Reaktion sehe ich, dass dir die Tragweite dieses Umstandes bewusst geworden ist. Dir ist also auch klar, dass es in keinem Fall zu einer Liebesbeziehung zwischen Finlay und Elea kommen darf. Ansonsten ist die Kontrolle über den Drachen für uns ins Unerreichbare gerückt.“ Maél räusperte sich kurz und wagte es, Darrach mit heiserer Stimme zu unterbrechen. „Elea hat doch bereits eingewilligt, mit Roghan zusammenzuarbeiten. Und so wie ich ihn kenne, hat er ihre Familie als Druckmittel eingesetzt. Ihre Familie ist ihr heilig. Sie wird alles tun, was er verlangt, nur um ihre Familie zu schützen.“
    „ Wohl wahr. Aber das, was ich von ihr verlangen werde, wenn es soweit ist, ist von viel folgenschwerer Tragweite für die Menschheit, als dass sie das Wohl ihrer Familie über jenes aller Menschen stellen könnte. Deshalb ist es umvermeidbar, dass du Finlay beseitigst, wenn die Gefahr besteht, dass sich die beiden zu nahe kommen. Wir wissen beide, dass er mit seiner Erscheinung und seinem gewinnenden Wesen die Herzen der Frauen höher schlagen lässt und dass er dir darin entscheidend im Vorteil ist. Erst recht bei Elea, die du ja, wie wir wissen, nicht gerade liebevoll behandelt hast und die dir alles andere als zugetan ist. Also du wirst beide im Auge behalten und – falls nötig - entsprechend reagieren, aber so, dass es nach einem Unfall aussieht.“ Maél konnte kaum dem Bedürfnis widerstehen die Hände zu Fäusten zu ballen. Sie begannen vor Anstrengung zu zittern, sodass er sie schnell hinter seinem Rücken verschränkte. Er hoffte, dass die Unterredung bald beendet sein würde. Er stand kurz davor, seine Selbstberrschung zu verlieren. Mühsam nickte er Darrach mühsam zu und schwieg, da er befürchtete, dass weitere Worte nur schwer von seinen Lippen gingen.
    „ Was deine Beziehung zu Elea angeht, so darfst du nichts überstürzen. Versuche dich in Freundlichkeit.