Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
damit beschäftigt, das Verhalten oder das Gesagte des anderen zu deuten. Nach einer Weile machte Elea einen Vorschlag. „Was würdet Ihr davon halten, wenn wir das letzte Stück zum Bach laufen. Ich werde mein Tempo auch etwas drosseln. Das kalte Bachwasser wird uns willkommener sein, wenn unsere Körper erhitzt sind. Meint Ihr nicht auch?“
„ Meinetwegen. Aber wenn Ihr zu schnell werdet, dann werde ich mich auf Euch stürzen.“ Elea sah ihn schockiert und mit stolperndem Herzen in seine Augen, von denen das blaue ihr schelmisch zuzwinkerte.
Endlich kam der Bach in Sicht. Elea wandte sich Maél zu. „Ihr erlaubt doch!?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte sie zu einem Spurt an und ließ den Mann hinter sich. Maél war zu erschöpft, um die Verfolgung des Mädchens aufzunehmen. Mittlerweile glaubte er auch nicht mehr so recht daran, dass sie in nächster Zeit wieder einen Fluchtversuch unternehmen würde. Sie schien sich ihrem Schicksal gefügt zu haben. Er hatte sogar den Eindruck, dass sie sich in seiner Gegenwart zunehmend entspannte. Er ertappte sich ebenfalls immer wieder dabei, wie er ihre Gesellschaft suchte. Er hatte Freude daran gefunden, sie auf harmlose Weise zu necken, nur um ihren empörten Gesichtsausdruck zu sehen und darüber zu schmunzeln. Zuerst war er verärgert darüber gewesen, dass er jeden Morgen in freudiger Erwartung den Augenblick herbeisehnte, wenn sie ihre Augen aufschlug und sich suchend nach ihm umschaute. Und Jadora musste er insgeheim Recht geben. Sie hatte die strahlendsten grünen Augen, die er jemals gesehen hatte. So wie ihr Haar im Dunkeln rot glühend leuchtete, erstrahlten ihre Augen am Tage in einem Frühlingswiesengrün. Ihr Haar gab ihm die größten Rätsel auf. Nicht nur sein Leuchten und die drei vorwitzigen roten Strähnen. Er hatte den Eindruck, dass es seit dem Abend ihrer ersten Begegnung schon mehr gewachsen war, als es in dieser kurzen Zeit hätte tun sollen. Außerdem übte es in den kurzen Momenten, in denen sie es unbedeckt trug, eine so große Faszination auf ihn aus, dass er kaum dem Bedürfnis widerstehen konnte, es zu berühren. Aufgrund seiner Dicke und seiner Wellen, die bei manchen Strähnen sogar in sich kringelnde Locken übergingen, machte es einen ebenso widerspenstigen Eindruck wie sie selbst. Er konnte es nicht leugnen: Er fühlte sich auf magische Weise von ihr angezogen.
Er sah ihr nach, wie sie sich mit kraftvollen, aber eleganten Schritten dem Bachufer näherte. Noch bevor er sie erreichte, hatte sie bereits ihre Kleider von sich geworfen. Nur ihr dünnes Trägerhemd hatte sie anbehalten.
Als Elea Maél herannahen sah, schnappte sie sich ihre Sachen und verbarg sich hinter einem Strauch, der direkt am Bachufer wuchs. Sie setzte sich in das kalte Wasser, das ihr ein paar Juchzer entlockte, und seifte ihren ganzen Körper mit Breannas Seife ein. Dann legte sie sich rasch flach ins Wasser und spülte den Schaum von ihrem Körper. Währenddessen hatte Maél sich ebenfalls entkleidet und damit begonnen, sich zu waschen. Er schaute immer wieder zu der planschenden jungen Frau hinüber, um einen Blick auf sie zu erhaschen. Nachdem sie sich wieder angezogen hatte, ergriff sie ihre übrigen Sachen und begab sich zu ihm. Er war inzwischen auch schon wieder bis auf seine Tunika angekleidet und rasierte sich gerade. Das Schweigen zwischen den beiden hielt an, schien aber keinem von beiden unangenehm zu sein. Elea nahm ihre schmutzige Wäsche und kniete sich an das Ufer, um sie einzuseifen. Als beide mit ihren Tätigkeiten fertig waren, gab Maél das Zeichen für den Rückmarsch. Schweigend gingen die beiden nebeneinander her, jeder in seine Gedanken über den anderen versunken. Wieder zurück im Lager, hatte der Abend längst schon zu dämmern begonnen. Die Soldaten saßen bereits lachend und in freudiger Erwartung auf das Abendmahl um das Lagerfeuer versammelt. Jadora war gerade dabei, das gebratene Fleisch an die Männer zu verteilen, als er Maél und Elea sich dem Lager nähern sah. „Wo ward ihr denn so lange? Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Ihr kommt gerade rechtzeitig, um Euch Euren Anteil an dem Abendessen zu sichern, bevor die hungrige Meute sich darauf stürzt.“ Der Mann und die junge Frau setzten sich zu den anderen und nahmen bereitwillig die großen Stücke Fleisch entgegen, die Jadora ihnen anbot. Erst jetzt, da ihnen der leckere Duft des gebratenen Kaninchenfleisches in die Nase stieg, merkten sie, wie ausgehungert sie waren.
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