Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Elea schon wieder Tränen die Wangen hinunter. „Ist das wirklich notwendig?“
„ Glaubt mir, ja. Wir wollen doch sicher gehen, dass keiner von uns verletzt oder sogar getötet wird.“ Elea hörte unter den Kriegern die Worte
zerfetzen
und
in Stücke reißen
fallen. Jetzt wurde es ihr doch ein wenig mulmig zumute. „So! Wir können jetzt anfangen. Sobald ich das Gefühl habe, dass er genug Blut getrunken hat, ziehe ich Eure Hand weg und wir verschwinden schnellstens von hier. Habt Ihr verstanden?“ Elea nickte mit angehaltenem Atem. Dann schnitt sie sich in die linke Handinnenfläche. Sie unterdrückte einen Schmerzensschrei. Jadora ergriff die Hand und legte den blutenden Schnitt auf Maéls Mund. Bereits nach wenigen Tropfen, die seine Lippen berührten, kam Leben in den bewusstlosen Mann. Er streckte sich und erlangte wieder eine gewisse Körperspannung zurück. Erst begann er mit der Zunge das Blut aufzulecken. Das Lecken ging jedoch schnell in ein gieriges Saugen über. Er saugte und er schluckte, er saugte und er schluckte. Jadora ließ es eine Weile zu, die für Elea nicht enden wollte. Plötzlich riss Maél die Augen weit auf. Das war scheinbar das Zeichen, auf das Jadora gewartet hatte. Er zog Eleas Hand blitzschnell von seinem Mund und drängte sie eilig weg von ihm in Richtung Lagerfeuer. Sie drehte sich dabei immer wieder um, um einen Blick auf Maél zu erhaschen. Er kämpfte vehement gegen die Seile und die Kette an. Als sie am Lagerfeuer angekommen waren, begann er laut zu schreien. Sein Gebrüll war ohrenbetäubend und hallte gespenstisch durch den dunklen Wald. Aus ihm war unsäglicher Schmerz, aber auch etwas Unmenschliches, etwas Animalisches und Wildes herauszuhören. Elea sah Jadora, der nachdenklich auf einem Stück Brot kaute, ängstlich an. „Das geht vorbei. Aber ein paar Stunden werden wir es noch aushalten müssen. Ihr müsst keine Angst haben.“ Elea war unfähig irgendetwas zu sagen. Jadora hatte offenbar ihren furchtvollen Gesichtsausdruck falsch gedeutet. Sie hatte keine Angst um sich oder die Männer, sondern um Maél. Was geschah da nur mit ihm? Er musste entsetzliche Schmerzen haben und war ganz allein mit ihnen. Ein weiterer gellender Schrei ließ sie erneut zusammenfahren. Erkennen konnte sie bei der Dunkelheit gar nichts mehr. Aber er musste sich wild in seiner Verschnürung hin und her bewegen, da lautes und anhaltendes Kettengerassel zu ihnen drang. Elea trank verzweifelt ihren halben Wasserschlauch leer, um wenigstens irgendetwas zu tun. Sie fragte sich, wie irgendeiner heute Nacht bei Maéls Gebrüll ein Auge zumachen könnte. In dem Moment, als sie sich mit dem Rücken auf ihren Umhang legen wollte, stöhnte sie vor Schmerz auf. Über die Sorge um Maél hatte sie völlig ihre eigenen Verletzungen und deren Schmerzen vergessen. Erst jetzt bemerkte sie wieder das Brennen und Stechen auf ihrem Rücken. Und wenn sie diesen entsetzlichen Schmerz ausblendete, spürte sie jeden einzelnen geprellten Muskel und Knochen aufgrund ihres Sturzes vom Abhang hinunter. Eigentlich hätte sie zumindest die Wunden auf dem Rücken versorgen müssen. Aber erstens wollte sie Jadora, der sich auch schon in sein Schlaffell eingewickelt hatte, nicht belästigen und zweitens kamen sie ihr im Vergleich zu dem, was Maél offenbar gerade durchmachte, geradezu lächerlich vor.
Sie hatte gerade eine einigermaßen bequeme Lage auf der Seite gefunden, als sie glaubte, Worte von Maél gehört zu haben. Sie richtete ihren Oberkörper wieder auf, um sie besser verstehen zu können. Dies bereute sie jedoch recht schnell. Maél schrie in einer fremd klingenden Stimme nach ihr. „Elea, komm auf der Stelle zu mir! Ich brauche dein Blut! Ich will dein Blut!“ Jadora, der nur einen Schritt von ihr entfernt lag, tätschelte ihr beruhigend die Beine. „Jadora, vielleicht braucht er tatsächlich noch mehr Blut, um das Gift in seinem Körper zu besiegen“, gab die junge Frau zaghaft zu bedenken. „Er hat genug getrunken, vielleicht sogar zu viel. Glaubt mir! Macht Euch keine Sorgen. Ich denke spätestens bis morgen Mittag hat er es überstanden und wir auch.“ Als Elea sich gerade wieder hinlegen wollte, hallten erneut Worte zu ihr herüber, die ihr das Blut in den Adern zu Eis gefrieren ließen. „Verdammt nochmal! Komm jetzt sofort zu mir, du verfluchtes Frauenzimmer, sonst komme ich zu dir und reiß dir deine Kehle aus deinem Hals!“ Nach diesen Worten gab er wieder diese wilden, animalischen
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