Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
war. Elea drehte sich sofort auf dem Absatz um und begann, mit kraftvollen und schnellen Schritten loszurennen. Sie wollte dieses hohe Tempo so lange durchhalten, bis ihr Atem in ihrem Kopf so laut dröhnte, dass ihr Denken lahm gelegt war. Nach einer Weile musste sie jedoch feststellen, dass ihr Gehör noch andere Töne aufzunehmen vermochte. Sie hörte einen lauten Pfiff, der ihr gegolten haben musste, da sie sich wohl zu weit vom Lager entfernt hatte. Also hielt sie an und machte kehrt. Bei ihrem Rucksack angekommen, drehte sie sich sogleich wieder um und lief dieselbe Strecke zurück, bis sie wieder einen Pfiff vernahm. So rannte Elea eine ganze Zeit lang, bis sie Maéls Pfiffe hörte, machte kehrt, rannte zu ihrem Rucksack zurück und fing von vorne an. Sie hatte gerade zum vielleicht dreißigsten Male ihren Rucksack erreicht, als sie plötzlich geradewegs in zwei starke Arme hineinrannte, die sie abrupt zum Stehen brachten. „Wie lange willst du eigentlich noch wie ein Hündchen hin und her rennen. Wirst du eigentlich nie müde beim Laufen?“, ertönte Maéls Stimme, aus der deutlich seine Belustigung herauszuhören war. Elea merkte erst jetzt, wie sehr sie außer Atem und wie erschöpft sie war. Wahrscheinlich wäre sie noch ewig so weitergelaufen, bis sie irgendwann zusammengebrochen wäre. Er hielt sie noch immer an den Schultern fest. Diesen günstigen Zeitpunkt wollte die junge Frau nun nutzen, um mit ihm über seine Gefühle ihr gegenüber zu sprechen. Doch leider verkündete Jadora lauthals in dem Moment, als sie ihren Mund öffnete, dass das Fleisch gar war. „Na endlich! Ich bin am Verhungern“, ließ Maél zum Ärger von Elea verlauten. Er hob ihren Rucksack auf und machte sich mit ihr auf den Weg zu den anderen. Je näher sie dem Lagerfeuer kamen, desto intensiver war der Geruch nach gebratenem Gänsefleisch. Eleas Magen antwortete auf diesen appetitanregenden Duft mit lautem Knurren, woraufhin Mael sie angrinste. „Mit deinen guten Ohren bleibt dir auch nicht das kleinste Laut verborgen“, beklagte sie sich. „Dein Magen hat so laut geknurrt, dass Jadora es sogar gehört haben muss“, erwiderte er lachend.
Die Krieger saßen schon fröhlich gestimmt und laut grölend um das Feuer und forderten den Hauptmann ungeduldig auf, sich mit dem Verteilen des Fleisches zu beeilen. „Elea will das Fleisch von den armen Vögeln nicht anrühren“, sagte Mael in amüsiertem Ton. „Aber... Elea! Es ist köstlich. Es wird Euch schmecken“, versuchte Jadora, sie zu überreden. „Nein Danke. Ich verzichte“, sagte sie bockig. „Wie Ihr wünscht.“ Jadora lächelte Maél vielsagend zu. Elea hielt es vor Hunger kaum noch aus. Das permanente Schmatzen und genussvolle Seufzen der Männer, ganz zu schweigen von dem Duft gebratenen Fleisches, der über dem Lager hing, brachten sie an die Grenzen ihrer Selbstbeherrschung. Jadora hatte schließlich ein Einsehen mit ihrem inneren Kampf und reichte ihr wortlos eine Keule, die sie ohne zu zögern ergriff. Als sie ihren ersten Bissen genussvoll kaute, kam sie nicht umhin, Maél anzusehen, der ihr zulächelte und ihr verschmitzt mit seinem blauen Auge zuzwinkerte.
Nach dem Essen wartete sie ungeduldig auf Maél, der seinem Pferd noch einen Besuch abstattete. Sie war gespannt, wie er sich verhalten würde: Würde er das Nachtlager immer noch mit ihr teilen oder nicht? Endlich machte sie seinen sich nähernden Schatten aus. Er ergriff seine Fellrolle und setzte sich zu ihr auf den Umhang. Erstaunt schaute sie zu ihm auf. „Was ist? Ich sagte doch bereits, dass wir nicht auf Körperkontakt verzichten müssen. Die Nächte werden immer kälter und wenn man friert, kann man bekanntlich nicht schlafen. Bevor du dich die ganze Nacht von einer auf die andere Seite wälzt und mich damit wach hältst, beiße ich lieber in den sauren Apfel und wärme dich.“ Elea konnte ihre Empörung über seine Worte nicht zurückhalten. „Oh ja! Es muss dich ja auch einige Überwindung kosten, mich zu berühren. Du sagst das so, als wäre ich eine Kakerlake. Dabei hatte ich den Eindruck, du genießt unsere Berührungen, ganz zu schweigen, von deinem Blick von heute morgen, mit dem du mich förmlich verschlungen hast“, konterte sie bissig. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte sie sich auf die von ihm abgewandte Seite. Über ihre offenen Worte war der Maél im ersten Moment so perplex, dass er in seiner Bewegung erstarrte. Sein Zögern dauerte jedoch nicht lange. Er
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