Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
Vom Netzwerk:
Fürst Satoris sah Tanaros an. »Schick einen Gesandten aus. Sie sollen sich ein Stück zurückziehen, damit wir ihnen auf dem Schlachtfeld entgegentreten können. Und dann …« Er lächelte. »Dann vernichte sie.«
    Tanaros verneigte sich. »So wird es geschehen, mein Fürst.«
     
    Nicht wie eine Maus, sondern wie ein Wurm.
    Wie ein Wurm, ein niedriger Wurm, der blind durch die Erde kroch — so fühlte sich Dani. Nur Onkel Thulus gelegentliche, von hinten geflüsterte Anweisungen sagten ihm etwas anderes. In gewisser Weise war es sogar einfacher so. Es hielt den Schrecken und die erstickende Angst im Zaum, die ihm die Kehle zuschnürten, wenn der Tunnel wieder einmal unerträglich eng wurde und er auf dem Bauch vorankriechen musste, während er nie sicher war, ob sich der Tunnel noch einmal weitete, noch enger wurde oder sogar zu Ende war.
    Manchmal geschah das, und sie waren gezwungen, langsam und schmerzhaft bis zur letzten Abzweigung zurückzukriechen. Und dann musste Thulu eine Pause einlegen, mit abgerissener Stimme die Adern der Erde singen, um sich wieder nach dem fernen Wasser zu orientieren.
    Ich bin ein Wurm, dachte Dani. Ein Wurm.
    Es gab Luft hier unten, aber nicht viel. Es war stickig. Sie atmeten flach und so sparsam wie möglich. Dani fragte sich, wie die Würmer Luft bekamen, wenn sie sich durch die schwarze Erde bohrten. Vielleicht über die Haut.
    Keiner von beiden hätte sagen können, wie lange ihre Reise durch das Labyrinth der engen Tunnel dauerte. Mindestens einen Tag, vielleicht auch mehr. Wenn Sekunden minutenlang zu dauern schienen und Minuten wie Stunden waren, fühlte die Zeit sich an wie die Ewigkeit. Sie krochen weiter, bis sie keine Kraft mehr hatten; dann ruhten sie sich aus und teilten miteinander den Rest ihrer
schwindenden Vorräte. Trockene Bissen, die mit wenigen Wassertropfen etwas angefeuchtet wurden.
    Sie verschwendeten keine kostbare Luft mit Gesprächen. Was hätten sie auch zueinander sagen sollen? Entweder sie hatten Erfolg, oder ihre Leichen würden begraben sein unter zahllosen Tonnen von Felsgestein, nachdem sie in der undurchdringlichen Finsternis herumgekrochen waren, bis ihnen Vorräte und Kraft ausgegangen waren und sie nichts anderes mehr hatten tun können, als sich niederzulegen und zu sterben.
    Als der Klang menschlicher Stimmen fern und schwach in die Tunnel einsickerte, glaubte Dani zuerst, er sei in einen Wachtraum gefallen, oder, schlimmer noch, wahnsinnig geworden. Bisweilen geschah so etwas. Menschen wurden durch die zu starke Sonneneinstrahlung in der Wüste verrückt, wanderten benommen umher und sprachen über Dinge, die es nicht gab. Wenn das Licht solchen Wahnsinn hervorrufen konnte, dann war sicherlich auch die Finsternis dazu in der Lage.
    Es war ihm nicht möglich, die einzelnen Worte zu verstehen, aber dem Tonfall nach schien es sich um die Gemeinsame Sprache zu handeln, was sehr unangenehm war. Seit Gerflod hatte er diese mühsam erlernte Sprache nicht mehr benutzen müssen, und nach vielen Tagen in der alleinigen Gesellschaft Onkel Thulus klangen diese Worte für Dani fremdartig und unvertraut. Wenn er schon wahnsinnig wurde, dachte er, dann lieber auf Yarru. Selbst ein Wurm hatte das verdient.
    Er kroch auf die Stimmen zu und fasste den undeutlichen Vorsatz, sich bei ihnen zu beschweren.
    »Dani!« Hinter ihm rief Onkel Thulu seinen Namen. »Langsamer, Junge.«
    Dani hielt inne und berührte das Tonfläschchen, das vor seiner Kehle baumelte. Es fühlte sich unter seinen wunden Fingern fest und beruhigend an. Was tat er da? »Onkel.« Er versuchte zu sprechen und stellte fest, dass seine Stimme rau und heiser klang. Seit sie mit dem Kriechen begonnen hatten — wann immer das gewesen war –, hatte er überhaupt nicht mehr geredet. »Hör nur.«

    Sie lauschten gemeinsam und atmeten ganz leise. »Stimmen«, sagte Onkel Thulu. »Ich höre Stimmen.«
    In der Schwärze weinte Dani vor Freude. »Du hörst sie auch!«
    »Jawohl, mein Junge.« Die Hand seines Onkels berührte ihn am Fußknöchel. »Geh auf sie zu, aber langsam. Wer immer das sein mag, es sind wahrscheinlich keine Freunde.«
    Dani kroch weiter und vergaß dabei seine schmerzenden Knie und die aufgerissenen Hände, ja sogar die andauernden Schmerzen in seiner Schulter. Der Tunnel wand sich immer weiter, und plötzlich verzweigte er sich. Dani folgte dem Klang der Stimmen, doch als sie schwächer wurden, kroch er zurück und nahm bei der Gabelung den anderen Weg. Dieser Pfad führte

Weitere Kostenlose Bücher