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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Eine kalte Brise spielte in seinem feuchten Haar, und er fühlte sich leicht und frei. Seine ganze Welt reduzierte sich auf diesen Moment und auf diesen niedergetretenen Kreis, in dem er stand. Sein Gegner war wie sein jüngeres Selbst, das er in einem Spiegel der Zeit erblickte. Er entbot den alten, uralten Salut, den er Roscus so oft dargeboten hatte: die Faust vor das Herz und die andere offene Hand ausgestreckt. Bruder, lass uns streiten. Ich gebe mein Leben in deine Hände. »Können wir anfangen?«
    Blaise Caveros zog sein Schwert, ohne den Salut zu erwidern. »Glaubt Ihr, das ist eine bloße Übung?«, fragte er grimmig.
    »Nein.« Tanaros betrachtete seine gepanzerte Hand und ballte sie langsam zur Faust. Dann schaute er auf und begegnete dem wilden und herausfordernden Blick von Aracus Altorus, der unglücklich mit der Rolle eines bloßen Zuschauers war. Nein, das hier war nicht Roscus, sondern jemand ganz anderes. »Nein«, sagte er. »Wohl kaum.«
    »Dann wappnet Euch gut«, sagte Blaise und griff an.

NEUNZEHN
    F ürchterliches Geklapper erfüllte die Küche von Finsterflucht.
    Dort fanden sich Dani und Thulu wieder, als die Arbeit endlich erledigt war; sie hatten unzählige, halb geräucherte Hammelhälften auf eine endlose Reihe von Vorratswagen geladen. Es war ein nicht enden wollender Albtraum aus Blut und Rauch gewesen, in dem sie mit beladenen Armen über die steinigen Pfade hin und her getaumelt waren. Es schien unmöglich, dass niemand sie erkannte, doch in dieser Horde schuftender Irrlinge hätten sie genauso gut unsichtbar sein können. Hin und zurück, hin und zurück, bis die Arbeit getan war und die Armee hinunter in die Ebene zog.
    Als das geschah, wurden sie unter der sorglosen Aufsicht zweier Fjeltroll-Wächter, die ganz andere Dinge im Kopf hatten, in die Küche getrieben. In Finsterflucht ging es so geschäftig zu wie in einem Hornissennest; niemand achtete auf zwei rußgeschwärzte Yarru, die in einer Ecke hockten. Die Küche war voll solcher Gestalten, die durch die lange Arbeit rauchschwarz und rot von getrocknetem Blut waren.
    Irrlinge.
    Früher hatte Dani das Wort gehört, ohne es zu verstehen. Doch jetzt, in dieser Küche, verstand er es. Die Bewohner — die menschlichen Bewohner — von Finsterflucht waren irre. Sie hatten keine Möglichkeit, das zu begreifen, was gerade geschah. Ihm und Thulu war klar, dass der größte Teil der Streitkräfte von Finsterflucht die Festung verlassen hatte. Doch die Irrlinge mussten kochen, mussten weiterhin alles vorbereiten, mussten sich um alles kümmern und sich als nützlich erweisen.
    Kessel brodelten über Feuern. Speisen brieten in den Öfen. Es
war gleichgültig, dass niemand da war, der all das essen konnte. In diesem ganzen Aufruhr lag eine Art ängstlicher Sicherheit, aber sie konnte keinen Bestand haben.
    »Wohin jetzt, mein Junge?«, flüsterte Thulu.
    Dani hatte den Kopf auf die Arme gelegt und hob ihn mühevoll. »Ich weiß es nicht«, sagte er matt. »Ich möchte etwas fragen … ich möchte etwas fragen …« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin müde.«
    Thulu sah ihn an. »Willst du etwas fragen oder etwas unternehmen ?«
    »Ich weiß nicht.« Dani fuhr sich mit den Händen durch das strähnige schwarze Haar. »Früher … ach, Onkel! Ich wollte etwas fragen . Was hat der Weltenspalter den Yarru getan, weswegen ich versuchen sollte, ihn zu vernichten? Und dennoch …« Er verstummte und erinnerte sich. Vielleicht wären dann eure Sippen nicht um eurer Taten willen niedergemetzelt worden .
    »Ich fürchte, wir wissen es bloß nicht, und Malthus der Gesandte tut das Richtige.«
    »He!« Jemand schrie sie an, blickte dabei finster drein und schwang eine Schöpfkelle. »Was lungert ihr da herum? Dient das etwa dem Fürsten?« Eine Servierplatte wurde ihnen entgegengestreckt, ein silbernes Tablett mit einer Wärmhaube darauf. »Hier«, sagte die Gestalt grob. »Bringt das zu der Hohen Frau. In dem ganzen Aufruhr wäre sie beinahe vergessen worden. Es wagen nur noch wenige, sie zu bedienen, aber ihr beiden werdet’s im Notfall schon hinkriegen.«
    Dani stand auf, nahm das Tablett an, ließ dabei die Schultern hängen und senkte den Kopf. Onkel Thulu stand einen Schritt hinter ihm.
    »Also, worauf wartet ihr noch?« Die Gestalt des Kochs überragte sie weit. »Geht!«
    Sie gingen.
    Die Korridore von Finsterflucht ließen die Küche wie eine Oase der Bequemlichkeit erscheinen. Sie waren gewaltig und fensterlos und bestanden

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