Elegie - Fluch der Götter
ausschließlich aus schwarzem Stein. Kein sanfter Lampenschein linderte die Dunkelheit; nur Adern aus blau-weißem Feuer glitzerten in den Wänden. Dani stützte das Tablett an seiner
Hüfte ab, legte eine Hand gegen die Wand und stellte fest, dass sie warm war.
»Feuermark«, murmelte er. »Das muss es sein.«
»Ja, aber wo ist die Quelle?«
»Ich weiß nicht.« Dani schüttelte den Kopf. » Unten , hat Malthus gesagt. Irgendwo in den Tiefen der Erde, unter den Fundamenten von Finsterflucht.«
»Ich habe bisher keine Treppe gesehen.« Thulu seufzte. »Wir werden danach suchen müssen, Dani. Am besten suchen wir uns einen Ort, wo wir dieses Tablett und uns selbst verstecken können, bevor uns das Glück verlässt.«
»Das Tablett.« Dani schaute darauf hinunter. »Für die Hohe Frau, hat er gesagt. Glaubst du …«
»Dass es sich dabei um die Hohe Frau Cerelinde handelt?« Thulu stieß einen leisen Pfiff aus.
»Bestimmt weiß sie, was zu tun ist«, sagte Dani. Es musste einfach so sein. Der Gedanke, die Last der Entscheidung einer weiseren Person aufzubürden, erfüllte ihn mit Erleichterung. »Wir müssen sie nur noch finden.«
Diese Aufgabe indes war einfacher zu lösen, als sie es sich vorgestellt hatten. Nach einigen weiteren Biegungen sahen sie plötzlich vier Fjel-Wächter vor einer Tür in der Mitte des Ganges. Es waren große, massige Fjel mit struppigem, schwarzem Fell und glänzenden schwarzen Rüstungen. Eine Irrlingsfrau sprach gerade mit ihnen.
Dani blieb stehen und überlegte, ob er weglaufen sollte. Es war schrecklich genug gewesen, unter den Nasen der Fjeltrolle hin und her zu laufen. Aber das hier war einfach zu gefährlich.
Doch es war zu spät.
Die Frau erblickte sie und hob die Stimme. »Es ist höchste Zeit, dass ihr kommt! Wollt ihr, dass die Hohe Frau verhungert?« Ungeduldig winkte sie die beiden heran, die wie angewurzelt in dem Gang standen und sie anstarrten. »Kommt schon!«
Dani und sein Onkel wechselten einen raschen Blick, dann gingen sie langsam weiter.
Einen Augenblick, einen allzu kurzen Augenblick glaubten sie,
sie würden davonkommen. Die Irrlingsfrau nahm Dani das Tablett aus den Händen und reichte es einem der Fjel, damit er es untersuchen konnte. Er hob den Deckel, und ein anderer beschnüffelte die Speisen. Dani wich unauffällig zurück, und Thulu folgte ihm.
»Wartet«, sagte einer der Fjel-Wächter. Sie erstarrten. Der Fjel sog mit geblähten Nüstern die Luft ein. »Diese beiden sind neu«, sagte er mit tiefer, gutturaler Stimme. »Was hat uns der Heerführer noch gleich befohlen?«
Dani wünschte, sie wären einfach weggelaufen, hätten sich versteckt und niemals versucht, die Hohe Frau Cerelinde zu suchen. Die Irrlingsfrau kam auf sie zu. Ihre Augen glitzerten vor unheiliger Freude; sie kam ihnen so nahe, dass Dani ihren ranzigen, ungewaschenen Geruch wahrnehmen konnte.
»Wer seid ihr?«, fragte sie. »Hat Heerführer Tanaros nach euch gesucht?«
Keiner der beiden Yarru gab eine Antwort.
Langsam und bedächtig hob die Irrlingsfrau die Hand und leckte ihren Zeigefinger ab, dann fuhr sie damit an Danis Wange entlang. Er blieb reglos und starrte sie an. Eine Schicht aus Ruß und Flussschlamm löste sich und enthüllte die nussbraune Haut darunter.
»Wenn ich du wäre«, sagte die Irrlingsfrau beinahe freundlich, »dann würde ich jetzt ganz schnell wegrennen.«
Sie befolgten den Rat der Irrlingsfrau und schossen den Gang entlang. Hinter ihnen ertönte das Klappern des zu Boden fallenden Tabletts und das tiefe Brüllen der Fjel, als sie die Verfolgung aufnahmen.
Meara sah den fliehenden Versengten hinterher. Dieser Anblick reizte sie zum Lachen wie kaum etwas anderes in diesen harten Zeiten. Fürst Uschahin Traumspinner wäre stolz auf sie gewesen, und Tanaros auch. Sie gönnte sich einen Augenblick lang diese Vorstellung: seine Hand auf ihrer Schulter, seine dunklen, von Zärtlichkeit erfüllten Augen, ein seltenes Lächeln auf seinen Lippen, während er sagte: »Meara, heute erfüllen mich deine Taten mit Stolz.«
Natürlich mussten die Fjel sie erst einmal erwischen. Dieser
Gedanke führte dazu, dass ihr Lachen brüchig wurde, verstummte und einem Stirnrunzeln Platz machte. Sie hätte ihnen nicht raten sollen wegzulaufen. Sie hatte nicht geglaubt, dass sie es tatsächlich tun würden. Die Mørkhar-Fjel der Grenzwacht waren zwar unermüdlich, aber nicht schnell — nicht so schnell wie die Gulnagel.
Doch wenn sich das Versengte Volk irgendwo
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