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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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kannte. »Schaffen deine Jungs das?«
    »Ja. Wenn es dir nichts ausmacht, deine Späher zu verlieren.« Die Augen des Kaldjager glitzerten gelb. Er klopfte gegen seinen Wasserschlauch und verursachte dadurch ein schweres, glucksendes Geräusch. »Wir haben keine Angst vor trockenem Land. Wenn der Gulnagel uns zu der Spur führt, werden wir auf die Jagd gehen. Wir werden sie töten, wenn wir können, und falls es uns nicht gelingen sollte, treiben wir sie vor uns her. Wo willst du das kleine Volk haben?«
    Das Bild einer grünen Wiese mit Grabhügeln entstand in seinem Kopf. Sie lag auf ihrer Route, und es war ein passender Ort, um alldem ein Ende zu machen. Warum dieses kleine Volk aus der Wüste sich entschieden hatte, seinem Fürsten Widerstand zu leisten, konnte er sich nicht vorstellen. Es hatte schon einen schrecklich hohen Preis für seine Narretei bezahlt.
    Aber das war unwichtig. Wichtig war nur, dass diese Aufgabe erledigt wurde.
    »In Neherinach«, sagte Skragdal grimmig. »Bring sie nach Neherinach. «
     
    Eine Wolke aus Flügeln erfüllte schwarz und flatternd den Rabenturm.
    Sie flogen im Kreise dahin.
    Tanaros stand außerhalb seiner selbst und sah durch Brings Augen zu. Er war ein fester Bestandteil der endlosen Flut, die auf einer stillen Strömung dahinglitt und sich um die Basaltmauern wand. Schwingen, einander überlappend wie Schuppen, glänzende Federn, die das blau-weiße Flackern des Feuermarks zurückwarfen. Er sah seine Brüder, ihre hellen Augen und scharfen Schnäbel. Es
war wichtig, dass die Flügel einander überlappten und in eng miteinander verwobenen Schichten schlugen.
    Der Fürst hatte den Rabenspiegel gerufen.
    Dort stand er, in ihrem Mittelpunkt. Ein Kern aus hoch aufragender Finsternis, aus sichtbarer Dunkelheit. Der Rabenspiegel umkreiste ihn. Er hatte die Worte in der uralten Sprache der Schöpfer gesprochen. Scharf lag der Geruch seines Blutes in der Luft.
    Durch verdoppelte Augen sah Tanaros ihn und die Drei. Er sah Vorax, der stämmig wie ein Bollwerk unter dem Blick des Raben stand. Auf ihn wirkte der Stakkianer müde und erschöpft. Die Neuigkeiten aus Gerflod hatten ihren Tribut gefordert. Er sah Uschahin, der in Brings Augen wie ein Leuchtturm strahlte. Tanaros erkannte ein fiebriges Glitzern in der Miene des Halbbluts. Macht lag darin, sich sammelnd und unverbraucht. Er fragte sich, woher sie rührte.
    Und er sah sich selbst.
    Ein bleiches, erhobenes Gesicht, das dem Zug der Raben folgte. Eine gerunzelte Stirn, eine fallende Haarlocke. Zwei Hände, stark und fähig, aber sanft genug, ein Stückchen Leben aus hohlen Knochen und Federn zu beschirmen. Die Finger der einen Hand wölbten sich sanft um den Griff seines schwarzen Schwertes und hielten ihn wie ein Küken.
    Tanaros blinzelte, und sein doppelter Blick wurde klarer. Er packte den Knauf seines Schwertes fester, bis die Knöchel weiß hervorstachen.
    Fürst Satoris sprach die Worte aus. » Zeigt an! «
    Die Raben strömten im ewigen Kreis durch die Luft, und Bilder formten sich im Spiegel ihrer glänzenden Schwingen.
    Keines von ihnen war gut.
    Als Fürst Satoris beim letzten Mal den Rabenspiegel gerufen hatte, hatte er ihm gezeigt, wie sich die Armeen von Haomanes Verbündeten sammelten. Nun marschierten sie. In allen Teilen Urulats waren sie aufgebrochen. In Pelmar hatten die Fünf Regenten eine riesige Abordnung versammelt; sie schwärmten aus wie ein Strom von Ameisen und erfüllten damit den Vertrag, der bei der Niederwerfung Beschtanags geschlossen worden war. In Vedasia wanden
sich lange Kolonnen von Rittern über die von Obstgärten gesäumten Straßen; begleitet wurden sie von ihren Junkern und Dienern. Ein Korps von Bogenschützen verließ die kleine Nation Arduan. In der Harrington-Bucht zogen die Freien Fischer Lose, mit denen bestimmt wurde, wer daheim bleiben und wer kämpfen sollte. Durch die unruhigen Wasser der Bucht eilten Schiffe auf den Hafen Calibus zu, wo Herzog Bornin von Seefeste mit den unter seinem Kommando stehenden Fußtruppen wartete, die von der Belagerung Beschtanags zurückgekehrt waren.
    Vorax räusperte sich. »Diesmal kommen sie hierher, nicht wahr?«
    »Bald.« Fürst Satoris schaute in den Rabenspiegel. »Aber jetzt noch nicht.« Er richtete den starren Blick auf Vorax. »Sollen wir uns ansehen, was im Norden vorgeht, mein Stakkianer?«
    Der Rabenspiegel neigte sich zur Seite, die Bilder zersplitterten und formten sich neu zu Bergen und Föhrenhainen und murmelnden Flüssen.

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