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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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und die
stakkianischen Verräter tot sind. Hast du dich vergewissert, dass die Tunnel unpassierbar sind?«
    »Ja, mein Fürst.« Tanaros berührte den Griff seines Schwertes, weil ihn das vertraute Gefühl beruhigte. »Ich bitte Euch, habt keine Angst. Finsterflucht ist sicher.«
    »Dann ist es gut.« Der Kopf des Schöpfers fiel nach hinten, als ob es ihn zu viel Kraft kostete, ihn aufrecht zu halten. Seine verschatteten Augen glommen in den himmelwärts gerichteten Schlitzen des Helms. »Sag mir, mein treuer Heerführer: Wenn ich dich darum bitten und danach den Gottestöter zurück in den Brunnen hängen würde, würdest du dann deinen Eid erneut schwören?«
    Tanaros starrte das schlagende Herz des Dolches an – den groben Knauf am Griff, die rubinrote Klinge, die so scharf wie ein Rasiermesser war. Die Narbe in seiner Brust schmerzte bei der Erinnerung. Es hatte stark geschmerzt, als der Fürst den Dolch aus dem Feuermark geholt und Tanaros’ Fleisch zur Besiegelung des Paktes damit versengt hatte. Es war mehr als nur irdisches Feuer und ein stärkerer Schmerz als alles gewesen, das er vorher gekannt hatte. Er hob den Blick. »Das würde ich, mein Fürst.«
    »Der treue Tanaros«, flüsterte Fürst Satoris. »Dir vertraue ich meine Ehre an.«
    »Mein Fürst.« Tanaros beugte den Kopf.
    Der Schöpfer stieß ein weiteres Lachen aus; es klang müde und war von Verzweiflung durchdrungen. »Was ich dir damit verleihe, ist keine Gabe, sondern eine Last. Geh jetzt und kümmere dich um deine Pflichten. Ich muss … ich muss nachdenken.« Er warf einen weiteren Blick auf den Gottestöter, und in seiner Stimme zeigte sich ein bitterer Groll. »Ja, das ist es. Ich muss nachdenken.«
    »Ja, mein Fürst.« Tanaros stand auf und verneigte sich.
    »Tanaros.« Das geflüsterte Wort hielt ihn zurück.
    »Mein Fürst?«
    Unter dem Helm veränderten sich die schattenhaften Züge des Schöpfers. »Lehre Traumspinner, wie er eine Klinge zu halten hat«, sagte er sanft. »Er wird dieses Wissen benötigen, bevor das Ende kommt.«

ZWÖLF
    D ie Tage vergingen in Meronil.
    Lilias stellte fest, dass einer wie der andere war. Manchmal waren die Tage klar, und die Sonne vor ihren hohen Fenstern glitzerte tief unten auf dem Aven. Manchmal regnete es; es war ein sanfter, silbergrauer Regen, der die Oberfläche des Flusses sprenkelte.
    Ansonsten änderte sich wenig.
    Es gab keine Neuigkeiten, oder falls es sie doch gab, dann besaß niemand die Höflichkeit, sie Lilias mitzuteilen. Aber sie glaubte nicht, dass sich schon etwas ereignet hatte. Dazu war es noch zu früh. Irgendwo im Norden würden sich Haomanes Verbündete sammeln, um gemeinsam über die Ebene von Curonan zu marschieren und den großen Krieg zu beginnen. Doch im Westen ging noch immer der rote Stern am Abendhimmel auf – ein unerhörter Vorbote. Es schien so lange her zu sein, seit sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
    Was bedeutet das, Calandor?
    Schwierigkeiten .
    Damals und noch lange Zeit danach hatte sie große Angst gehabt. Doch jetzt nicht mehr. Alles, wovor sie sich gefürchtet hatte, jeder persönliche Schrecken war Wirklichkeit geworden. Nun gab es nur noch das Warten und den langsamen Marsch der Sterblichkeit.
    Sie fragte sich, was wohl im Norden geschah, aber es war eine ferne, unpersönliche Neugier. Vielleicht würde Satoris Fluchbringer siegen, vielleicht würde er sie wieder in Beschtanag einsetzen. Schließlich hatte sie ihren Teil der Abmachung eingehalten. Vielleicht würde er ihr sogar wieder den Soumanië anvertrauen, den sie so lange gehabt hatte, auch wenn sie das bezweifelte. Nein, eine
solche Gabe würde er niemals leichtfertig in die Hände einer Sterblichen legen.
    Es war gleichgültig. Ohne Calandor war alles gleichgültig.
    Wie kam es, dass die Tage in Beschtanag so schnell vorbeigegangen waren? Die Tage waren zu Wochen geworden, die Wochen zu Monaten, die Monate zu Jahren. In der Rückschau war ein Jahrzehnt so schnell vergangen wie ein Augenblick. Ach, es war das Auge eines Drachen gewesen, langsam blinzelnd und belustigt, denn sein Wissen war unauslotbar gewesen und erworben worden, noch bevor die Schöpfer über die Welt schritten.
    Hier vergingen die Tage langsam.
    Meronil war voller Frauen. Unter den Riverlorn befanden sich einige Männer; sie bildeten eine spärliche und rudimentäre Ehrengarde. Lilias beobachtete sie von ihrem Fenster aus, wenn sie vorüberritten; sie brauchten weder Sattel noch Zügel. Ernst und anmutig sahen sie in

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