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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Calandors Gedanken zu ihr, von warmer Zustimmung umfangen.
    Gut gemacht, Lilias.
     
    Es war kurz vor Neumond, und es war dunkel im Rabenturm.
    Hier gab es keine Aussicht, obwohl die Fenster offen standen und die Nacht hereinließen. Die Dächer von Finsterflucht fielen unter ihnen ab und waren schwach vom Sternenlicht erhellt.
    Sie alle waren dort, alle Drei.
    Und in ihrer Mitte stand der Schöpfer.
    »Sind sie bereit, Traumspinner?«, fragte er.
    Uschahin verbeugte sich ernst und tief, und das Sternenlicht schimmerte auf seinem mondbleichen Haar. »Sie sind bereit, mein Fürst.«
    »Kommt!«, flüsterte Fürst Satoris, die nächtliche Brise trug das Wort weiter. »Kommt!« Dann fügte er weitere Worte hinzu, Worte in der Sprache der Schöpfer, lautmalerisch und volltönend, Silben, die noch ungeformte Möglichkeiten schufen.
    Flügelschlag erfüllte die Luft.
    Durch jedes der Fenster kamen sie und füllten das Turmzimmer, Raben, die Raben von Finsterflucht, sie alle kamen zur gleichen Zeit. Sie kamen und flogen, eine Runde nach der nächsten. Schweigend
und unnatürlich brandeten sie wie ein schwarz glänzender Strudel um die Turmmauern – so nah, die Flügel überlappten sich wie übereinandergelegte Federn, die pechschwarzen Augen schimmerten rund und glatt. Eine Runde nach der anderen flogen sie und entfachten einen Wind, der an Vorax’ rotem Bart zupfte und den Stakkianer unwillkürlich erschauern ließ.
    Dennoch blieben sie, wo sie waren, jeder der Drei.
    Wo bist du, fragte sich Tanaros, welcher bist du? Erfolglos versuchte er einen Raben auszuwählen, seinen Raben, aus der dunklen, wirbelnden Flut, die um die Mauern brandete, versuchte ein listiges Auge und ein unordentliches Federbüschel zwischen ihnen zu erkennen. Dunkelheit umfing Dunkelheit; man hätte genauso gut versuchen können, einen Wassertropfen in wild dahinschießenden Stromschnellen auszumachen.
    »Der Rabenspiegel ist bereit«, erklärte Uschahin mit flacher Stimme.
    In der aufgewühlten Luft lag ein Geruch wie von Blut, süß und fruchtbar.
    Satoris der Schöpfer breitete die Hände aus und berief sich auf uralte Magie – auf die Adern des Feuermarks, die tief unter der Erde lagen, und auf das pochende Herz des Gottestöters, des Soumasplitters, der brannte und doch nicht verzehrt wurde.
    »Zeigt an!«
    Der Befehl hing mit seiner eigenen schimmernden Dunkelheit in der Luft. Langsam, ganz langsam traten Bilder hervor, die sich bewegten. Zuerst nur Bruchstücke – der gekippte Himmel, ein Stück Erde, ein hochgerecktes Gesicht, ein winziges Krabbeln auf dem Blätterboden. Die Knopfaugen einer Maus, ihre zuckenden Schnurrhaare. Ein gespannter Bogen, ein Pfeilschuss und ein plötzliches Gewirr von Federn, ein schimpfendes Krächzen.
    Diese Dinge beschäftigten die Raben.
    Dann ein Gesicht in einem Tal, dem Himmel zugewandt. Dies war ein Faden, den Fürst Satoris weiterverfolgen konnte, und er packte ihn. Welches Tal, wo? Die Raben wussten es, die Raben hielten Abstand von weiten Rasenflächen. Einer flog hoch oben im Kreis
darüber, und in atemberaubender Schnelligkeit sah man plötzlich von hoch oben aus der Luft über das Tal, in dem alles nur noch winzig klein erschien. Da! Wo? Eine Grünfläche, von Eichen umstanden, und ein Fluss, der sich im Norden gabelte. Und mitten darin befand sich eine kleine Gruppe Ellylon.
    Man konnte sie gar nicht verwechseln, die Kinder Haomanes. Hochgewachsen und schön von Angesicht, von Anmut umgeben. So waren sie geschaffen worden, es war in sie hineingewebt und lag in ihrem klaren Blick, aus dem Haomanes Segen wie ein Kuss herausschien. Es lag im schönen Fall ihres schimmernden Haars, in der Art, wie ihre Füße den Boden berührten. Hätte man ihre Stimmen hören können, hätte es auch im Klang ihrer Worte gelegen.
    »Was ist das für ein Ort?« Uschahin sprach gepresst, und ein angespannter Gesichtsausdruck lag auf seinen verzerrten Zügen. So war es immer. Mehr noch als die Kinder der Menschen, die ihn gemieden hatten, verabscheute er die Ellylon, die ihn im Stich gelassen hatten.
    »Es ist das Tal von Lindanen«, sagte der Schöpfer, der auf der Erde gewandelt war, bevor sie gespalten wurde. »Es liegt südlich von hier.«
    »Ich kenne es, Herr«, sagte Tanaros. »Es liegt unterhalb der Stelle, an der sich der Aven gabelt. Früher einmal trafen sich dort gelegentlich die Riverlorn von Meronil mit den Söhnen der Altorus, als sie noch im Westen herrschten. Jedenfalls behauptete das mein

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