Elementarteilchen kuessen besser
Lächeln, das ihr Blut fast zum Überkochen brachte. „Was du mit meinen Hormonen anstellst, ist absolut nicht jugendfrei.“ Nachdem er ihr schelmisch zugezwinkert hatte, raunte er nur „Komm her“ und zog sie an seine Brust, während er sich zurücklehnte.
Nun lagen sie auf der Liege, eng umschlungen, und Linda konnte deutlich sein wild klopfendes Herz an ihrem Ohr trommeln hören. Es war für sie beruhigend, dass es ihm nicht besser erging als ihr.
„Weißt du, wann ich begonnen habe zu rätseln, wie deine sinnlichen Lippen schmecken?“ Linda schüttelte leicht den Kopf. „Nachdem du mit dem Kofferträger und ohne deinen Trolley meine Kabine verlassen hast.“
Sie hob ihren Kopf von seiner Brust, um ihn anzusehen. „Schon gleich am ersten Tag?“
„Ja“, gab er zu. „Da bist du mir mit deinen grünen Katzenaugen aufgefallen. Ganz von den Socken war ich allerdings, als du am ersten Karaoke-Abend plötzlich mit offenen Haaren, weit aufgeknöpfter Bluse und wiegenden Hüften vor mir aufgetaucht bist und mich fast um den Verstand gebracht hast. Als ich dann das Schild für den Duettwettbewerb gesehen habe, wusste ich, dass ich dich unbedingt überzeugen musste, mit mir aufzutreten.“ Er vergrub seine Nase in ihrem Haar. „Weißt du, dass du nach Vanille duftest?“
„Nein, das hat mir noch nie jemand gesagt.“
„Du erinnerst mich an meine liebsten Weihnachtsplätzchen. Mmh ... Vanillekipferl liebe ich über alles.“ Er zog genüsslich den Atem ein, wurde dann aber nachdenklich. „Linda, ich muss dir etwas sagen. Ich würde gerne mit dir schlafen. Am liebsten jetzt gleich und hier auf der Stelle ... ich möchte dich aber nicht drängen, da wir uns erst so kurz kennen“, versicherte er und lachte verlegen, während er sich mit der freien Hand durch die dunklen Haare fuhr. „Ich habe das schon ewig nicht mehr zu einer fremden Frau gesagt.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Ich würde aber gut verstehen, wenn du noch etwas warten möchtest.“
Linda war ganz ruhig gelegen und hatte zugehört. Er wollte mit ihr schlafen. Er wollte mit ihr diesen einen Schritt gehen, diese eine Grenze überschreiten, die noch kein Mann vor ihm überschritten hatte. Was noch kein Mann ihr vorher angeboten hatte.
„Auch wenn ich weiß, dass es dir sehr schwer fällt, ...“, sie blickte ihm prüfend in die Augen, „würde ich dich bitten, mir noch Zeit zu lassen. Ich weiß, der Urlaub ist schon halb vorbei. Aber ich würde dich gerne etwas besser kennenlernen. Ist das in Ordnung?“
„Auch wenn ich meinen kleinen Freund da unten vermutlich kaum überzeugen kann, akzeptiere ich deine Bedingungen“, schmunzelte Philipp und drückte Linda kurz an sich. „Was möchtest du wissen?“
„Erzähl mir von deiner Familie“, bat Linda.
„Ich habe einen Bruder, der vier Jahre älter ist als ich. Er heißt Benny und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Köln. Wir hatten schon immer ein gutes Verhältnis und sehen uns so oft es unsere Berufe zulassen. Ich bin der Patenonkel seiner beiden Töchter. Mein Vater lebt fünf Kilometer von Benny entfernt und ist glücklich, seine Enkelinnen aufwachsen zu sehen.“
„Was ist mit deiner Mutter?“
Sein Zögern war kaum wahrnehmbar. „Sie starb, als ich sechzehn war.“
Achter Tag – nachts
Ich hätt' dich gern in 'n Arm genommen,
'nen letzten gut gemeinten Ratschlag von deinen Lippen angenommen.
Ein letztes Mal „Mach's gut, mein Sohn!" von dir gehört.
Ich hätt' so gern noch 'Tschüss' gesagt. 2/12
Betroffen setzte sich Linda auf. „Oh, das tut mir leid.“
„Schon okay.“ Er zog sie wieder an sich. „Sie starb bei einem Autounfall. Ein LKW rauschte bei Dunkelorange über die Ampel und erfasste ihren Wagen. Sie war sofort tot.“ Er machte eine kurze Pause. „Ich wollte damals nicht wahrhaben, dass sie plötzlich fort war. Kein Streicheln über meinen Kopf, wenn sie fragte, wie es in der Schule gewesen war. Kein lautes Lachen, wenn ich meine Galgenhumorwitze erzählte. Kein Plätzchenbacken mehr vor Weihnachten. Es war eine harte Zeit. Und ich drehte völlig hohl. Mein Vater wusste nicht, wie er mir helfen konnte, da er eher ein ruhiger Mann ist, der still um seine Frau trauerte und mit meinem lautstarken Schmerz nicht umgehen konnte. Irgendwann griff mein Bruder ein, der damals schon studierte und zweihundert Kilometer von uns entfernt wohnte. Er wusch mir ordentlich den Kopf, machte mir klar, dass ich das Abitur wenigstens einigermaßen mit
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