Elementarteilchen kuessen besser
spürte, versuchte sie, ihre Fassung zurückzugewinnen.
Vermutlich wäre es das Beste, sich bei Betty und Anna mit Kopfschmerzen zu entschuldigen und sich in ihre Kabine zurückzuziehen. Das würden sie ihr nach dem Unfall gestern sicher glauben und sie müsste Philipp nicht noch mal über den Weg laufen.
Als sie sich wieder stabil genug fühlte, wusch sie sich die verschwitzten Hände und blickte ihrem Spiegelbild ins Gesicht. Prüfte, ob sie wieder normal aussah oder ob noch Reste ihrer Betroffenheit zu erahnen waren. Nein. Alles war so, wie es sein sollte.
Entschlossen trat sie aus der Toilette hinter den Paravent und machte sich auf, an ihren Tisch zurückzukehren. Doch zwei Stimmen ließen sie in der Bewegung innehalten, von denen eine ihr zu allem Überfluss schrecklich vertraut vorkam.
Vierter Tag – abends
Ihr Kollege sagte trocken: „Wir haben's alle probiert!
Die ist kälter als 'n Eisblock! Das ist noch nett formuliert!“ 2/6
Wie festgenagelt stand Linda auf der Stelle und wagte sich keinen Schritt weiter. Philipp war der letzte Mensch auf Erden, der ihr jetzt in ihrer Verfassung über den Weg laufen sollte.
„Die wäre mir zu distanziert und zu unterkühlt ...“
„Täusch dich nur nicht. Ich denke, dass sie mehr Temperament besitzt, als sie nach außen hin zeigt.“
„Das kann schon sein, Philipp.“ Der andere Mann machte eine kurze Pause, als ob er kurz über diese Frau nachdenken würde. „Immerhin sieht sie mit ihren langen Haaren und der atemberaubenden Figur aus wie 'ne ganz schön scharfe Mietze.“
„Trotzdem denke ich immer noch, dass deutlich mehr hinter diesem hübschen Gesicht steckt. Gerade wenn ich an ihre intelligenten Augen denke ...“
Einem vertraulichen Gespräch zu lauschen war sonst nicht Lindas Art. Aber sie war unfähig ihre Füße zu bewegen, weil sie Philipp jetzt einfach nicht begegnen wollte.
„Na, umso besser. Ein intelligentes Betthäschen ist doch mal eine nette Abwechslung. Das wäre doch die ideale Partnerin für dich, um wieder Schwung in dein verstaubtes Privatleben zu bringen. Du hast doch selbst gesagt, dass du die Frauen von der Sorte 'Dumm fickt gut' schon lange satthast.“ Der Kollege gluckste vor Wonne. „Gut, wie ich schon sagte, sie ist ein bisschen unterkühlt ...“
„Ein bisschen ist ganz schön untertrieben“, unterbrach ihn Philipp mit einem – wie sie empfand – leicht sarkastischen Tonfall. „Ich habe das Gefühl, dass sie grundsätzlich auf alles ein Auge haben muss wie ein Kontrollfreak: Immer die Haare ordentlich aufgeräumt in diesem festen, praktischen Knoten tief im Nacken. Immer korrekt angezogen, selbst im Urlaub ...“
Wie Linda schon festgestellt hatte, war es schon schlimm genug, einem privaten Gespräch zu lauschen. Aber wenn man zu allem Überfluss auch noch bemerkte, dass man selbst der Hauptgegenstand dieses Gesprächs war, war das mehr als unangenehm.
Je länger Philipp also redete, desto klarer wurde ihr, dass die beiden Männer von ihr sprachen. Selbst Philipp hatte fast die gleichen Worte benutzt wie Anna, als sie sich vor dem Abendessen über ihr Aussehen unterhalten hatten. Lagen ihre Freundinnen vielleicht doch richtig mit ihrer Behauptung, sie sei nicht locker genug und könne sich nicht gehen lassen? Es wurmte sie, dass sie auf Philipp denselben Eindruck gemacht hatte.
„... und vorhin nach meinem Auftritt hat sie noch nicht mal gelächelt.“ Philipp hörte sich reichlich frustriert an. „Ein bisschen geklatscht schon, aber so ernst, als ob sie einer langweiligen Rede im Bundestag lauschen würde. Aber sie hat nicht gelächelt“, betonte er und schien den Kopf zu schütteln. „Ich bin zwar etwas kurzsichtig ohne Brille, aber so blind nun auch wieder nicht. Sie hat einfach nur ziemlich konzentriert geradeaus gestarrt, als wenn mein Gesang mehr als grauenhaft gewesen wäre und sie mir vor lauter Widerwillen nicht in die Augen blicken konnte. Und dabei wollte ich sie nur ein bisschen beeindrucken ...“
Wenn Philipp wüsste, wie tief er mit seiner Stimme ihre Seele berührt hatte, würde er sich nicht so enttäuscht anhören, dachte Linda.
„Wenn es dir wirklich so wichtig ist, lass ihr Zeit“, riet ihm der andere Mann.
„Weißt du, ich würde sie gerne dazu bringen, dass sie mich herzlich anlächelt. So richtig aufrichtig, weil sie es will und nicht, weil es sich so gehört. Sie hat nämlich ein wunderbares Lächeln. Ich habe sie mal beobachtet, als sie mit ihren Freundinnen gelacht hat,
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