Elementarteilchen kuessen besser
T-Shirts aufgetaucht war. Aber er konnte sich auch getäuscht haben.
„Ich wollte dich fragen, ob du Lust hättest, mit mir beim Duett-Wettbewerb in der Karaoke-Bar aufzutreten. Ich habe einen Aushang gesehen. Ich glaube, wir zwei hätten gute Chancen, wenn wir uns zusammentäten.“ Erwartungsvoll blickte er sie an.
„Noch mal auf der Bühne singen?!“, fragte sie leicht panisch. Und dann noch mit dir zusammen?
„Du musst natürlich nicht. Aber wir wären sicherlich ein unschlagbares Team.“ Er musterte sie genau. Warum war es für sie so schrecklich, vor anderen Menschen zu singen? Oder lag es daran, dass sie nur nicht mit ihm auftreten wollte?
„Ich weiß nicht, ... ich mache das normalerweise nicht, ...“ Sie wand sich befangen.
„Ich bin mir sicher, dass du in deinem Beruf schon größeren Herausforderungen gegenübergestanden – und sie erfolgreich gemeistert hast. Habe ich recht?“, zog er sie mit halb gesenkten Augenlidern auf.
„Ja, vermutlich schon ...“ Sie dachte an die vielen Vorträge, die sie selbstsicher und mit viel Selbstvertrauen gehalten hatte. An ihre erfolgreich bestandene Promotionsprüfung. An fachliche Diskussionen mit ihren männlichen Kollegen, die aus Kompetenzgründen zumeist zu ihren Gunsten ausgegangen waren. „Ich weiß nicht so recht ...“ Sie fühlte sich in die Ecke gedrängt.
„Linda, du hast eine fantastische Stimme“, begann Philipp mit, wie ihr schien, einschmeichelnder, aber auch drängender Stimme. „Du brauchst dich nicht zu verstecken. Andere Frauen würden töten, nur um annähernd so singen zu können wie du.“ Philipps Blick hielt Lindas Augen gefangen. Seine dichten Wimpern umrahmten seine ausdrucksstarken Augen, die seinen Blick – wenn überhaupt möglich – noch intensiver machten. Sie kam sich vor wie Mogli im Dschungelbuch , der von Kaa, der Schlange, hypnotisiert wird. Was hatte dieser Mann nur an sich, dass er sie so beeindrucken, ja sogar von Dingen überzeugen konnte, die sie nicht tun wollte. „Ich bin mir sicher, wir würden gewinnen. Und dann könnten wir danach zusammen feiern und“, er machte eine kurze, für Linda irritierende Pause, „noch die eine oder andere Nummer ausprobieren und dabei ein bisschen Spaß haben.“
Nach zwei Sekunden riss sie sich von seinem Blick los und blinzelte. Dann fiel der Groschen. Sie war ja manchmal ein bisschen schwer von Begriff. Aber sie hatte sich geschworen, in der Beziehung ein bisschen besser auf Zack zu sein.
Er wollte mit ihr zusammen die eine oder andere Nummer ausprobieren und ein bisschen Spaß haben ... Bilder von Handschellen und Polizistenmützen schossen durch ihr Gehirn. Das hatte er sich ja fein ausgedacht, der werte Herr! Erst siegen, dann feiern und anschließend zusammen ins Bett steigen. Veni, vidi, vici! Ich kam, sah und siegte!
In dem ganzen Gefühlschaos, das sie seit fünf Tagen mal zu ihm hinzog, mal von ihm abstieß und ihr ganzes Denken beherrschte, war das die Krönung. So unschuldig und konservativ-sympathisch, wie Philipp die ganze Zeit auf sie gewirkt hatte, hätte niemand sein Geheimnis geahnt. Das war vermutlich auch seine Masche: Die harmlose, liebe Spinne lockt unschuldige Fliegen in ihr Netz, um sie zu umgarnen und für ihre Spielchen willig zu machen. Aber nicht mit ihr! Irgendetwas setzte plötzlich bei Linda aus.
Wütend funkelte sie ihn an und zischte: „Du glaubst doch wohl nicht, dass ich auf deine Tricks hereinfalle. Wahrscheinlich denkst du, ich sei ein leichtes Opfer für deine frivolen Sexspielchen, mit denen du deine Urlaube aufpolierst. Aber wenn du glaubst, ich lasse mich von dir freiwillig mit Handschellen fesseln, während du in deinem String wie ein aufgeblasener Gockel um mich herumtanzt, um mich anschließend wie ein notgeiler Hengst zu besteigen, hast du dich verdammt noch mal geirrt!“ Sie holte zitternd Atem. „Du bist widerlich!“
Wie eine enttäuschte und zutiefst verletzte Furie stürmte sie zur Tür und riss sie auf. Ein erschrockener Steward mit erhobener Faust, bereit zum Klopfen, stand davor.
„Sie kommen gerade richtig“, sagte Linda mit vor Wut bebender Stimme und stürmte voran.
Philipp blieb verdattert und mit offenem Mund im Türrahmen zurück und schaute Linda nach, wie sie trotz ihres kleinen Körperwuchses im ausladenden Stechschritt den Gang entlangzuhumpeln versuchte – soweit es ihr der verstauchte Knöchel erlaubte.
Philipp musste erst einmal für sich sortieren, was da gerade eben passiert war. Heiliger
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