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Elementarteilchen kuessen besser

Elementarteilchen kuessen besser

Titel: Elementarteilchen kuessen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Wall
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schief lief. „Frauen sind manchmal schwer zu verstehen. Sie macht auf mich einen sehr zurückhaltenden, aber auch komplizierten Eindruck.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Aber vielleicht gehört sie auch zu den Frauen, die schnell überempfindlich reagieren und mit einem Schmollmund ihre Macht über die Männer demonstrieren. Damit fühlt man sich sehr wichtig.“
    Philipp schwieg und machte sich seine eigenen Gedanken. Bei der Vorstellung von Linda mit einem berechnenden Schmollmund hätte er fast lachen müssen.
    „Ich kann Männer sehr gut verstehen, die einen Horror vor komplizierten Frauen haben. Das ist wirklich sehr anstrengend. Geht mir genauso. Ich würde dir eine geradlinige, direkte Frau wünschen, die keine Spielchen mit dir treibt.“
    „So wie du?“, konnte sich Philipp nicht verkneifen zu fragen.
    Ein kleines Lächeln umspielte Desirées geschminkte Lippen. „Ja“, war ihre schlichte Antwort.
    Philipp bemerkte, dass Anna, Betty und Simon sich anschickten zu gehen. Er entschuldigte sich kurz bei Desirée und ging zum anderen Tisch.
    „Hallo, ihr drei. Ich wollte nur fragen, was mit Linda ist, weil sie nicht mit euch zusammen zu Abend gegessen hat.“ Philipp blickte sie fragend an.
    „Es geht ihr nicht gut. Sie hat Kopfschmerzen, meinte sie, und wollte nicht in dem lauten und überfüllten Saal essen. Vermutlich waren die Hitze und die Aufregung wegen des fast verpassten Schiffs einfach zu viel für sie. Und dann hat sie sich noch den Knöchel verstaucht. Da kam alles zusammen.“ Anna fühlte mit ihr, das konnte man an ihrem Gesichtsausdruck ablesen. Scheinbar hatte sie noch nichts davon gehört, dass Linda zu allem Überfluss halb nackt in Philipps Kabine gelandet und wutschnaubend wieder davongerauscht war. „Ich habe ihr was zum Essen in die Kabine gebracht.“
    „Dann finde ich sie dort?“ Beide nickten. „Vielen Dank.“
    Als Philipp zielstrebig auf den Ausgang zusteuerte, meinte Betty nur trocken: „Unser Romeo hat es aber eilig.“
    „Ich befürchte fast, dass seine Eile ganz massiv mit Lindas Kopfweh zusammenhängt.“ Anna runzelte besorgt die Stirn. „Lassen wir den beiden mal etwas Zeit, um sich auszusprechen und vielleicht wieder zu versöhnen.“ Sie seufzte. „Ich finde Philipp wirklich sehr nett. Und ich würde Linda eine gute Beziehung so sehr wünschen. Ihre Einsamkeit ist einfach ungesund.“

Sechster Tag – abends
    Würdest du mich jetzt sehen,
    ja, dann würdest du mich killen. 1/11

    Keiner da.
    Philipp hatte schon dreimal geklopft. Beim letzten Mal war es sogar so laut gewesen, dass er befürchtete, andere Passagiere würden aus ihren Türen nach der Ursache des Lärms schauen. Aber nichts hatte sich gerührt.
    War sie vielleicht auf dem Schiff unterwegs? Er würde es auf jeden Fall später noch mal probieren.
    Die meiste Zeit des Abends war er mit Kollegen zusammen. Aber immer wieder fand er sich vor Lindas Kabine ein, um zu überprüfen, ob sie wieder zurück war. Doch jedes Mal war er erfolglos.
    Auch bei den Veranstaltungen und Bars, in denen sich die Gruppe um Philipp aufhielt, konnte er sie nicht erspähen. Das Schiff war einfach zu groß und das Angebot zu unübersichtlich. Irgendwann gegen Mitternacht war Philipp nach einer letzten, intensiven Suche im Alleingang so frustriert, dass er zu seiner Kabine ging.
    Er stand müde vor der Tür und lockerte seine Krawatte. Der ganze Abend war eine einzige Enttäuschung gewesen. Aber Linda konnte sich nicht für den Rest der Reise vor ihm verstecken. Irgendwann würde er sie zur Rede stellen und sich entschuldigen können.
    Als er aufgeschlossen hatte, ging er in Gedanken versunken hinein und machte Licht im Bad neben der Kabinentür. Er hängte sein Sakko an einen Garderobenhaken und wollte im Dunkeln zum Fußende des Bettes gehen. Da hörte er ein leises Rascheln.
    Im selben Augenblick erhellte seine Nachttischlampe die undurchdringliche Dunkelheit über seinem Bett. Darin lag jemand und lächelte ihn an. Sein Herz machte einen Satz, hörte für einen Moment auf zu schlagen und raste dann in dreifacher Geschwindigkeit los wie ein Panther auf der Jagd.
    „Ich hoffe, ich habe dich nicht erschreckt“, raunte Desirée mit rauchiger Stimme und betrachtete ihn aus halb gesenkten Augenlidern.
    Philipp atmete kurz aus. Auch wenn er äußerlich nur leicht gezuckt hatte, hatte er tief in seinem Inneren doch einen Satz rückwärts zur Kabinentür zurückgelegt, der einem Känguru alle Ehre gemacht hätte.

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