Elementarteilchen kuessen besser
Abendessens bei Linda, die nicht ruhig auf dem Stuhl sitzen konnte und schon zum fünften Mal ihre Serviette zerknüllt und glatt gestrichen hatte. „Es reicht doch, dass du vorhin dem Kellner fast das Tablett mit leeren Gläsern aus der Hand geschlagen hättest. Es muss ja nicht unbedingt noch mal was passieren, oder?“
„Was haben Sie denn vor, dass Sie so aufgeregt sind?“, fragte Frau Jäger, die Linda mittlerweile schon fest ins Herz geschlossen hatte.
„Ach, ich habe mich überreden lassen, mit jemandem auf der Bühne zu singen, obwohl ich das gar nicht gerne mache.“
„Oh, Sie singen beim Duettwettbewerb? Ich habe das Schild gestern gesehen. Mein Mann und ich haben schon überlegt, ob wir da auch hingehen sollen. Aber wenn Sie singen, kommen wir auf jeden Fall und feuern Sie an.“ Sie reckte siegessicher eine Faust in die Luft, was bei ihrer geringen Größe und der Körperfülle richtig herzig aussah.
„Danke“, murmelte Linda und lächelte sie an. Martha Jäger war eine Frau, die Linda gerne als Großmutter gehabt hätte. Rundlich, herzlich und bodenständig. Doch selbst jetzt fühlte sie sich nicht zuversichtlicher als noch vor fünf Minuten. Das würde eine Riesenkatastrophe geben. Sie würde piepsend oder völlig stumm auf der Bühne stehen, während Philipp das ganze Lied alleine singen musste. Der ganze Saal würde über sie lachen und sie würde sich ganz schrecklich fühlen. So wie damals in der Schule, als sie im gemischten Schwimmunterricht ihr Bikinioberteil verloren hatte und von allen ausgelacht worden war. Obwohl sie ein Jahr jünger als ihre Mitschülerinnen gewesen war, hatte sie doch eine deutlich entwickeltere Oberweite als viele der anderen Mädchen gehabt, deren Knospen gerade mal spitz zu sprießen begonnen hatten. Die Jungen in ihrer Klasse hatten ihr noch wochenlang zweideutige Angebote und derbe Sprüche hinterhergerufen, vor denen sie mit hochrotem Kopf geflohen war.
„Was machen wir nur in der ganzen Zeit, bis es beginnt?“, fragte Linda mit verzweifelter Stimme.
„So kenne ich dich gar nicht“, schüttelte Anna den Kopf. „Sonst absolvierst du doch die anspruchsvollsten Auftritte gelassen und mit Bravour. Wenn du willst, können wir uns noch eine Show ansehen oder ins Kino gehen, vielleicht lenkt dich das ab. Aber so viel Zeit, wie du denkst, hast du auch wieder nicht, da du dich ja noch umziehen und ein bisschen stylen musst. Du weißt, wir sind um halb zehn mit Philipp verabredet.“
Oh Gott, ja, das wusste sie noch. Wie konnte sie das auch vergessen, wo sie doch ständig an ihn denken musste – obwohl sie es gar nicht wollte? Sie verfluchte die Organisatoren, die den Wettbewerb nach der zweiten Essensschicht angesetzt hatten.
Doch irgendwie verging die Zeit dann schneller, als sie gedacht hatte. Plötzlich erinnerte Anna Linda schon daran, dass sie sich fertigmachen sollte.
„Ich kämme nur noch schnell meine Haare durch, dann komme ich und helfe dir“, beruhigte Anna ihre Freundin vor der Kabine. „Betty muss sich noch für Simon aufbrezeln, deshalb braucht sie länger.“
Kaum hatte Linda ihre Kleider, die sie beim Abendessen getragen hatte, abgelegt, klopfte Anna auch schon an der Tür. Erleichtert ließ Linda sie herein, damit sie ihr wegen ihrer zitternden Hände beim Anziehen und Schminken helfen konnte.
Kurz darauf stand Linda angezogen vor dem Spiegel und musterte sich. Jetzt musste sie nur noch den Knoten öffnen, den sie absichtlich nach dem Haarewaschen geschlungen hatte. Dann würden ihre Haare wieder in weichen Wellen den Rücken hinabfallen. Anna half ihr dabei, die Haare vorsichtig durchzukämmen und die Wellen mit Haarspray zu fixieren. Dann zog sie noch ein Schminktäschchen hervor, das sie von Betty bekommen hatte.
„Deine Wangen brauchen wir nicht zu schminken, die sind vor Aufregung schon rosig genug. Aber du kannst noch Wimperntusche und Lippenstift auftragen. Betty hat einen Lippenstift, der wunderbar zu deinem Kleid passt.“
„Oh, mach du das lieber, ich zittere so, dass ich danach aussehen würde wie ein Indianer auf dem Kriegspfad.“
Siebter Tag – abends
Wenn sie dich fragt, was du an ihr am liebsten magst,
dann sagst du: „Oh Babe, wo fang ich an?“ 1/6
„Na, was läuft zwischen dir und Betty?“, fragte Philipp seinen Freund und schlug ihm freundschaftlich gegen die Schulter.
Simon zwinkerte mit seinen blauen Augen und grinste. „Sie ist ein tolles Mädchen. Ich glaube, wir werden noch viel Spaß in diesem
Weitere Kostenlose Bücher