Elena - Ein Leben für Pferde
umgesetzt werden. Sie hatte keine Sekunde ernsthaft damit gerechnet, dass das wirklich passieren würde.
Maxis Lippen zitterten. »Ihr könnt von mir aus machen, was ihr wollt«, sagte sie mit Mühe, während ihr die ersten Tränen über die Wangen liefen. »Aber ohne mich! Ich bleibe hier!« Damit drehte sie sich um und stampfte aus dem Zimmer.
»Lass sie erst mal, sie wird sich schon wieder beruhigen«, hörte sie noch die Stimme ihres Vaters.
»Werd ich nicht! «, brüllte Maxi zurück in Richtung Küche und knallte gleich darauf ihre Zimmertür hinter sich zu. Mit zitternden Fingern holte sie ihr Handy aus der Hosentasche und wählte erneut Laras Nummer: »Lara?«, schluchzte sie. »Kann ich zu dir ziehen?«
Als etwas später Stella Klauser an die Tür ihrer Tochter klopfte, bekam sie keine Antwort. Vorsichtig drückte sie die Klinke herunter und warf einen Blick in Maxis Zimmer. Zerwühltes Bett, unordentlicher Schreibtisch, chaotische Kuschelecke. Keine Maxi. In der Mitte des gelben Teppichs mit den bunten Strichmännchen saß Maxis Riesenteddybär, um den Hals ein Stück Schnur, an dem ein Zettel befestigt war. »ICH SCHLAFE BEI LARA«, stand da in fetten roten Buchstaben, und darunter, etwas kleiner: »Und zwar bis ihr zur Vernunft kommt.«
Maxi würde es ihren Eltern nicht leicht machen, so viel stand fest.
»Schau nur, das Wetter wird doch noch schön!« »Ist doch super hier draußen, oder?« »Und im Sommer erst, dann wirst du so froh sein, dass wir in Wieselberg wohnen ...!«
Maxi würdigte die Versuche ihrer Eltern, zu ihr Kontakt aufzunehmen, keiner Antwort. Sie saß auf der Rückbank der Trude, mit verschränkten Armen und verkniffenem Mund, und schmollte. Die Original-Trude, vulgo Regentrude, war kurz vor Maxis Geburt angeschafft worden und das erste Auto ihrer Eltern gewesen, das kein Cabrio war. Die aktuelle Trude war bereits Trude 3, aber der Name hatte sich gehalten. Maxi hatte ihr Fenster einen klitzekleinen Spalt geöffnet und war der Trude dankbar für das laute Vibrationsgeräusch, das sie dadurch erzeugte. So konnte sie die unternehmungslustige Stimmung ihrer Eltern besser ausblenden. Außerdem erfüllte es sie mit einer gewissen Genugtuung, dass ihr Vater kein Wort wegen des Fensters sagte – solche Geräusche machten ihn nämlich normalerweise vollkommen verrückt. Aber offenbar hatten beide ein zu schlechtes Gewissen ihr gegenüber, um deswegen den Mund aufzumachen. Und zwar vollkommen zu Recht, fand Maxi.
Nicht nur, dass sie sie heute Morgen gegen ihren Willen von Lara abgeholt hatten, sie schienen auch Margit und Alexander, Laras Eltern, irgendwie bequatscht zu haben, denn die beiden machten einen richtig erleichterten Eindruck, als Maxi sich verabschiedete. Und das machte ja wohl keinen Sinn, wo ihnen doch gerade die Chance auf eine wunderbare Ziehtochter entglitten war! Wo Maxi ihnen schon genau erklärt hatte, wie man die Wohnung umbauen musste, damit sie ihr eigenes Zimmer bekam, mit Verbindungstür zu dem von Lara! Es war alles schon bis ins kleinste Detail geplant gewesen. Sie und Lara hatten bis drei Uhr früh herumgetüftelt, was Margit zweimal veranlasst hatte, nachtgespenstartig in Laras Zimmer aufzutauchen, weil sie nicht schlafen konnte. Beim zweiten Mal hatte sie ein klitzekleines bisschen unentspannt gewirkt.
Maxi gähnte. Nun schien es nicht nur, als würde aus ihren Plänen, zu Lara zu ziehen, nichts werden, sie musste auch einen ganzen Samstag damit verbringen, aufs Land zu fahren und sich ihr zukünftiges »Zuhause« anzusehen.
Dabei hatte sie schon vor Tagen mit Lara und den Mädels für heute eine Shoppingtour verabredet. Nun gab es also kein gemeinschaftliches Stürmen von Umkleidekabinen, kein Make-up-Testen in der Kosmetikabteilung, keinen gemütlichen Chai Latte in ihrem neuen Lieblingscafé am Anfang der Fußgängerzone.
Dieses neue Haus verdarb ihr schon jetzt den Spaß am Leben – und sie wohnte noch nicht mal dort!
Maxi sah sich um. Wiese. Feld. Wald. Bauernhof. Wiese. Die Shoppingmöglichkeiten hier draußen erschöpften sich wohl darin, beim nächsten Bauern kuhwarme Milch zu holen. Maxi verzog angesichts der Vorstellung angewidert das Gesicht.
Ihre Mutter schien ihre Gedanken gelesen zu haben. »Wir kommen nicht allzu spät zurück«, meinte sie. »Es bleibt bestimmt noch Zeit, die Cowboystiefel zu besorgen!«
Nick nahm für einen Moment den Blick von der Straße und warf Stella mit hochgehobenen Augenbrauen einen
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