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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Mit vor Aufregung pochendem Herzen überquerte ich den ungepflegten Hof, der von Unkraut fast zugewuchert war. Fritzi wieherte erneut und wieder antwortete ein Pferd.
    »Das kommt aus dem Schuppen«, sagte ich zu mir selbst. Hinter dem Forsthaus befand sich ein Anbau, in dem nur altes Gerümpel stand. Melike und ich hatten jeden Zentimeter des Grundstücks einschließlich aller Nebengebäude im Lauf der Jahre erkundet und deshalb war ich ziemlich überrascht, statt alter Bretter und Spinnweben vier Pferdeboxen zu sehen. Sie waren zwar nur behelfsmäßig zusammengezimmert, aber zweifellos standen dort zwei Pferde! Rechts daneben stapelten sich Stroh- und Heuballen fein säuberlich bis unter das Dach. Das war eigenartig. Wer hatte das gemacht? Wer hielt sich hier mitten im tiefsten Wald zwei Pferde?
    Urplötzlich erinnerte ich mich an das Gespräch von Papas Springreiterkollegen gestern auf dem Turnier und spürte, wie mir eine Gänsehaut über den Rücken rieselte. Natürlich! Nur jemand, der etwas zu verbergen hatte, musste sich verstecken. Hatte ich etwa die gestohlenen Pferde entdeckt? Ausgerechnet hier an meinem geheimen Rückzugsort? Fritzi wollte unbedingt zu den fremden Pferden hin, die uns neugierig beobachteten, und ich hatte alle Mühe, ihn davon abzuhalten.
    Plötzlich spitzte Twix, der bis dahin im Schuppen hinter den Pferdeboxen nach Mäusen gestöbert hatte, die Ohren und begann leise zu knurren. Mein Herz schlug einen Salto und auf einmal hatte ich Angst. Mit Pferdedieben war nicht zu spaßen.
    »Komm, Twix«, flüsterte ich, »nichts wie weg hier, bevor uns jemand erwischt!«
    Ich zerrte Fritzi mehr aus dem Schuppen, als dass ich ihn führte, und schwang mich in den Sattel. Keine Sekunde zu spät! Von der anderen Seite näherte sich ein Auto. Aber mein Pferd wollte nicht von den anderen Pferden weg und drehte sich halsstarrig im Kreis. Twix bellte aufgeregt. Mir brach der Angstschweiß aus. Fritzi wieherte und riss den Kopf hoch, die Zügel glitten mir durch die schweißfeuchten Hände. Verzweifelt zog ich an den Zügeln und presste meine Waden mit aller Kraft gegen Fritzis Bauch. Schließlich gehorchte der Hengst, wenn auch widerstrebend, und ich lenkte ihn durch das hintere Tor in den Wald.
    Auf dem schmalen Trampelpfad am Seeufer ließ ich ihn angaloppieren und parierte erst wieder durch, als ich den Waldrand erreicht hatte.
    Fritzi schnaufte und schwitzte, Twix hing die Zunge fast bis auf den Boden und mir war vor Erleichterung ganz flau im Magen.
    Erst jetzt konnte ich wieder klar denken. War ich wirklich auf das Versteck der Pferdediebe gestoßen? Müsste ich das nicht eigentlich der Polizei melden? Zu Hause konnte ich unmöglich von meiner Entdeckung erzählen, denn allein bis zum Waldsee zu reiten, war mir strengstens untersagt worden. Und vielleicht täuschte ich mich auch. Ich beschloss, bei nächster Gelegenheit mit Melike darüber zu sprechen.

9. Kapitel
     
    Zwei Wochen waren vergangen, seitdem ich die unheimliche Entdeckung im Forsthaus gemacht hatte, aber in der Zwischenzeit war so viel passiert, dass ich dieses Erlebnis völlig verdrängt hatte.
    Papa und Mama waren ein paarmal mit ihrem Steuerberater auf der Bank gewesen und hatten sich schließlich darauf geeinigt, dass sie den Amselhof und damit auch Opas Schulden übernehmen und abbezahlen würden. Damit war zwar das drohende Gespenst der Zwangsversteigerung vorläufig vom Tisch, aber Papas Laune hatte sich deswegen nicht verbessert. Ganz im Gegenteil. Vor ein paar Tagen hatte ich zufällig einen Streit zwischen Papa und Opa mitbekommen, bei dem es natürlich wieder mal um das liebe Geld gegangen war.
    »Was willst du überhaupt?«, hatte Opa gebrüllt. »Du kannst auch nur herummeckern! Du selbst nimmst doch hier keinen Hammer in die Hand! Und um Unterricht zu geben, bist du dir auch zu fein! Wer macht denn die ganze Drecksarbeit auf dem Hof, während du durchs Land gondelst?«
    Papas Antwort hatte ich leider nicht mehr gehört, denn Mama hatte mich schleunigst ins Haus geschickt. Aber danach hatten Opa und Papa kein Wort mehr miteinander gewechselt und Oma hielt natürlich zu Opa. Es war zum Verzweifeln!
     
    Heute fand das alljährliche Vereinsturnier auf dem Amselhof statt. Im Stall summte es aufgeregt wie in einem Bienenkorb, denn um vierzehn Uhr sollte es mit einer E-Dressur losgehen. Die Schulreiter striegelten die Schulpferde, putzten Sattelzeug und verbreiteten eine Hektik, als würde die Welt untergehen. Jeder stand dem

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