Elena - Ein Leben für Pferde
etwa?
»Elena! Was hast du denn?«
Er schüttelte mich besorgt, und mit einem Ruck setzte sich die Welt wieder in Bewegung. Ich konnte ihm nicht antworten, mir hatte es die Sprache verschlagen. Deshalb schlang ich meine Arme um seinen Hals und fing an zu heulen, weil ich so erleichtert und glücklich war.
»Oh Tim«, flüsterte ich. »Ich mag dich auch so gern. Ich habe gedacht, du würdest mir heute sagen, dass wir uns nicht mehr sehen können. Es ist mir total egal, wenn wir uns nur heimlich treffen können.«
Da zuckte ein leichtes Lächeln über sein Gesicht. »Echt?«, vergewisserte er sich.
»Ja, echt.« Ich lachte und schluchzte und lachte, und er lachte auch.
»Cool«, sagte er schließlich. »Ich hab auch noch was für dich dabei.«
Er ließ mich los, kramte in den Taschen seiner Jacke und hielt mir ein kleines Päckchen hin, das mit Tesafilm umwickelt war.
»Ich bin nicht so gut im Geschenke-Einpacken«, gestand er und grinste verlegen. »Soll ich’s aufmachen?«
»Das schaffe ich schon«, versicherte ich und fummelte mit klopfendem Herzen Tesafilm und Geschenkpapier ab.
Ich hielt ein kleines Kästchen in der Hand und darin lag eine dünne goldene Kette mit einem Anhänger in Herzform.
»Die ist für mich?«, fragte ich ungläubig.
»Ja, klar.« Tim rutschte ungeduldig auf der Bank hin und her. »Guck’s dir mal genauer an. Ich hab den Anhänger extra gravieren lassen.«
Tatsächlich! Auf der Rückseite des Herzanhängers stand in winzigen Buchstaben Projekt Fritzi .
»Ich dachte mir, das ist unauffälliger, als wenn ich unsere Anfangsbuchstaben eingravieren lasse und dein Bruder oder deine Eltern sehen das«, sagte Tim unsicher. »Oder? Hättest du es lieber mit T und E ?«
»Nein«, flüsterte ich, tief beeindruckt von seiner Weitsicht, und wieder verschwamm alles vor meinen Augen. Meine Stimme klang piepsig. »Nein. Genau so ist es absolut ... super. Danke, Tim! Das ist echt das tollste Geschenk, das ich je gekriegt habe!«
Er strahlte, nahm mir die Kette aus der Hand und legte sie mir um den Hals. Dann ergriff er meine Hand und wir saßen eine ganze Weile nebeneinander auf der Bank und lächelten uns an.
»Sind wir jetzt zusammen?«, wagte ich zu fragen.
»Das hoffe ich doch«, erwiderte Tim rau und küsste mich. Das zweite Mal an diesem Nachmittag.
38. Kapitel
Fritzi hatte es eilig, nach Hause zu kommen, und ich ließ ihn so schnell galoppieren, wie er wollte. Auf dem Weg zur Wiese hatte ich mit allem gerechnet, aber garantiert nicht damit. War es wirklich erst anderthalb Stunden her, dass ich hier entlanggeritten war und geglaubt hatte, Tim wollte mich nicht mehr sehen? Jetzt war alles anders. Mein Herz sang vor Freude, ich fühlte mich ganz leicht und so wahnsinnig glücklich, wie ich es noch nie in meinem Leben gewesen war. Tim liebte mich! Er hatte mich zwei Mal geküsst! Er hatte eine Kette für mich gekauft, den Anhänger gravieren lassen und alles extra eingepackt! Es war einfach wundervoll.
Melike fiel mir ein. Ich musste sie gleich anrufen und ihr alles erzählen. Oder vielleicht fast alles.
Viel schneller als erwartet hatte ich den Amselhof erreicht. Es wurde schon dunkel, als ich den Weg zwischen Spring- und Dressurplatz Richtung Stall entlangtrabte. Und dann machte mein Herz einen Satz. Am hinteren Stall stand der kleine Lkw, mit dem Papa heute Lagunas weggebracht hatte, und dahinter stand Mamas Golf. Ich parierte durch und saß ab. Papa hatte mich wohl kommen sehen, denn er kam aus dem Stall.
»Elena!«, rief er. »Komm mal her!«
»Ich bringe Fritzi noch schnell weg«, erwiderte ich.
»Wohin denn?« Papa grinste. »Er steht doch jetzt in Lagunas’ Box.«
Er schob das Stalltor weit auf und ich führte Fritzi hinein.
Und da war auch Mama! Sie lächelte. Ich ließ Fritzis Zügel los und warf mich überglücklich in ihre Arme.
Papa brachte Fritzi in die große Box, in der bis heute Morgen Lagunas gestanden hatte.
»Ich freu mich so, dass du wieder da bist, Mama«, flüsterte ich. »Es war ganz schrecklich ohne dich!«
Mama umarmte mich ganz fest. »Ich freue mich auch«, antwortete sie leise. »Papa hat mir erzählt, was du alles zu ihm gesagt und was du getan hast. Ich bin so stolz auf dich, mein Schatz.«
Sie ließ mich los und strich mir über die Haare. Obwohl sie lächelte, glänzten ihre Augen feucht.
Mein Blick fiel auf Christian, der mit mürrischem Gesicht und verschränkten Armen an der Tür der Sattelkammer lehnte.
»Habt ihr’s bald?«,
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