Elenium-Triologie
Talen düster. »Denkt nur an all jene, die seinetwegen sterben mußten!« Er blickte Sephrenia an. »War Flöte wirklich eine Göttin?«
»Kurik hat es dir also erzählt. Ja, sie war – und ist – eine der Jüngeren Götter von Styrikum.«
»Ich habe sie gemocht«, gestand der Junge. »Wenn sie eine Göttin ist, könnte sie sich für jedes Alter entscheiden, und für jede Gestalt, oder nicht?«
»Natürlich.«
»Warum hat sie dann ausgerechnet Alter und Gestalt eines Kindes gewählt?«
»Die Menschen sind zu Kindern ehrlicher.«
»Das ist mir eigentlich nie aufgefallen.«
»Aphrael ist liebenswerter als du, Talen.« Sephrenia lächelte.
»Das ist vielleicht der wahre Grund für ihre Wahl. Sie braucht Liebe – alle Götter brauchen Liebe, sogar Azash. Und Menschen heben niedliche kleine Mädchen gern auf dem Arm und küssen sie. Aphrael genießt es, wenn sie geküßt wird.«
» Mich hat niemand viel geküßt.«
»Das kommt vielleicht noch, Talen – wenn du dich benimmst.«
2
Das Wetter war auf der thalesischen Halbinsel ebenso unbeständig wie in allen anderen nördlichen Ländern. Am nächsten Morgen nieselte es, und dicke graue Wolken trieben vom Deirameer her über die Straße von Thalesien.
»Ein prächtiger Tag für eine Seereise«, bemerkte Stragen trocken, während er und Sperber durch ein lückenhaft mit Brettern vernageltes Fenster auf die regennasse Straße hinunterblickten. »Ich verabscheue Regen. Ob ich es wohl in Rendor zu etwas bringen könnte?«
»Ich würde Euch Rendor nicht empfehlen«, entgegnete Sperber und erinnerte sich an eine von der Sonne versengte Straße in Jiroch.
»Unsere Pferde sind bereits an Bord«, sagte Stragen. »Wir können aufbrechen, sobald Sephrenia und die anderen bereit sind.« Nach kurzer Pause fragte er: »Ist Euer Fuchs am Morgen immer so störrisch? Meine Männer haben mir gemeldet, daß er auf dem Weg zum Schiff drei von ihnen gebissen hat.«
»Ich hätte sie warnen müssen. Faran ist nicht gerade das gutmütigste Pferd.«
»Warum behaltet Ihr ihn dann?«
»Weil er das verläßlichste Streitroß ist, das ich je hatte. Außerdem mag ich ihn.«
Stragen beäugte Sperbers Kettenhemd. »Das braucht Ihr jetzt wirklich nicht zu tragen.«
»Reine Gewohnheit.« Sperber zuckte die Schultern. »Es gibt momentan zu viele übelgesinnte Leute, die es auf mich abgesehen haben.«
»Es stinkt grauenvoll, wißt Ihr.«
»Ihr werdet Euch daran gewöhnen.«
»Eure Laune scheint mir heute morgen nicht die beste zu sein. Stimmt etwas nicht?«
»Ich bin sehr lange unterwegs, habe so manches erlebt, worauf ich nicht vorbereitet war, und muß das alles erst noch verarbeiten.«
»Vielleicht erzählt Ihr mir einmal davon, wenn wir einander besser kennen.« Stragen fiel offenbar etwas ein. »Ach, übrigens, Tel hat mir von diesen drei Schurken erzählt, die Euch gestern gesucht haben. Jetzt suchen sie Euch nicht mehr.«
»Danke.«
»Es war eine persönliche Angelegenheit. Sie hätten zuerst meine Erlaubnis einholen müssen. Bedauerlicherweise konnten wir jedoch nicht viel von ihnen erfahren. Sie wurden von jemandem außerhalb Thalesiens beauftragt – soviel erfuhren wir von dem einen, der noch zu reden imstande war.«
Fünfzehn Minuten später wartete vor dem Hintereingang des ehemaligen Lagerhauses eine vornehme Kutsche auf sie. Als alle darin Platz genommen hatten, wendete der Kutscher sein Zweigespann geschickt in der engen Gasse und lenkte es auf die Straße.
Im Hafen rollte die Kutsche auf einen Kai und hielt neben einem Schiff, das wie ein Küstenfahrer aussah. Die gerefften Segel wiesen Flicken auf, und seine wuchtige Reling war mehrmals beschädigt und ausgebessert worden. Der Rumpf war geteert und ohne Namen.
»Es ist ein Korsar, nicht wahr?« fragte Kurik Stragen, als sie aus der Kutsche stiegen.
»Das stimmt«, bestätigte Stragen. »Ich habe mehrere dieser Schiffe im Einsatz. Woran habt Ihr das erkannt?«
»An seiner Bauweise. Es ist auf Schnelligkeit ausgelegt, Durchlaucht«, erwiderte Kurik. »Für ein Frachtschiff ist es zu schmal, und die Verstärkung um die Masten verrät, daß mehr Segel gesetzt werden können, als für einen Küstenfahrer üblich sind. Es wurde erbaut, um andere Schiffe zu jagen.«
»Oder vor ihnen zu fliehen, Kurik. Seeräuber führen ein aufregendes Leben. Es gibt allerlei Leute, denen es ein Bedürfnis zu sein scheint, Piraten allein um des Prinzips willen aufzuhängen.«
Sie stiegen die Laufplanke hinauf. Stragen
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