Elenium-Triologie
erkrankte. Ich weiß nicht, weshalb die anderen Dienstboten deshalb nach mir riefen. Ich bin doch kein Arzt.«
»Ich glaube, so etwas nennt man Vertrauen, Eminenz.« Sephrenia lächelte. »Man nimmt an, daß Ihr gute Beziehungen zum elenischen Gott habt. Wie geht es dem Armen – dem Koch, meine ich?«
»Es scheint etwas Ernstes zu sein. Ich habe nach einem Arzt geschickt. Der Mann ist zwar kein besonders guter Koch, aber ich möchte trotzdem nicht, daß er stirbt. Doch nun erzählt mir, Sperber, was in Cimmura wirklich geschehen ist.«
Sperber berichtete mit knappen Worten, was sich im Thronsaal ereignet hatte, und ebenso knapp von Lycheas' Geständnis.
»Otha?« rief Dolmant. »Annias ist tatsächlich so weit gegangen?«
»Wir können es nicht wirklich beweisen, Eminenz. Es wäre jedoch nützlich, es in Annias' Gegenwart zu erwähnen. Vielleicht bringt ihn das ein wenig aus der Fassung. Jedenfalls haben wir auf Ehlanas Anordnung Lycheas und Arissa in dem Kloster nahe Demos eingesperrt, und ich habe ein ganzes Bündel von Haftbefehlen für Personen dabei, die sich des Hochverrats schuldig gemacht haben. Annias' Name steht ganz obenauf.« Er hielt inne und überlegte. »Da fällt mir etwas ein. Wir könnten die Ritter zur Basilika schicken, damit sie Annias verhaften und ihn dann in Ketten nach Cimmura bringen. Ehlana hat es ernst gemeint, als sie von Hängen und Köpfen sprach.«
»Ihr könnt Annias nicht aus der Basilika herausholen, Sperber. Es ist eine Kirche, ein Asyl Gottes!«
»Zu dumm«, brummte Sperber. »Wer ist der Anführer von Annias' Speichelleckern in der Basilika?«
»Makova, der Patriarch von Coombe. Er leitet das Ganze mehr oder weniger seit etwa einem Jahr. Makova ist ein Esel, in jeder Beziehung bestechlich, aber im Kirchenrecht ein Fachmann. Er kennt alle Lücken im Gesetz und hat hunderterlei Schliche parat.«
»Nimmt Annias an den Sitzungen teil?«
»Meistens ja. Er hält sich gern auf dem laufenden, was die Abstimmungen betrifft. Er verbringt seine Freizeit damit, den neutralen Patriarchen Angebote zu machen. Diese neun Männer sind sehr schlau. Sie akzeptieren nie offen. Sie antworten mit ihren Stimmen. Möchtet Ihr Euch dieses Katz-und-Maus-Spiel ansehen, kleine Mutter?« fragte Dolmant mit leichter Ironie.
»Danke, Dolmant, ich muß leider ablehnen, denn es gibt viele Elenier, die überzeugt sind, daß die Basilika einstürzen würde, wenn ein Styriker sie beträte. Ich glaube nicht, daß es mir gefallen würde, angespuckt zu werden. Ich bleibe lieber hier, wenn Ihr nichts dagegen habt.«
»Wann beginnen die Sitzungen gewöhnlich?« fragte Sperber den Patriarchen.
»Das ist unterschiedlich«, antwortete Dolmant. »Makova ist der Vorsitzende; das war eine Abstimmung mit einfacher Mehrheit. Er nutzt dieses Amt und beruft die Sitzungen ein, wie es ihm gefällt, und die Boten, die dazu einladen, verirren sich scheinbar immer, wenn sie Annias' Gegnern Bescheid geben sollen. Makova begann damit, daß er versuchte, eine Hauptabstimmung durchzubringen, während wir noch im Bett lagen.«
»Was ist, wenn er mitten in der Nacht eine Sitzung einberuft, Dolmant?« fragte Sephrenia.
»Das kann er nicht. Irgendwann im Altertum legte ein Patriarch, der nichts Besseres zu tun hatte, die Regeln für die Sitzungen der Hierokratie fest. Der Geschichte ist zu entnehmen, daß er ein langweiliger alter Windbeutel war, der sich in unwichtige Einzelheiten verbiß. Er war unter anderem auch für die Regel mit den hundert Stimmen – beziehungsweise mit den sechzig Prozent – bei Hauptpunkten verantwortlich. Wahrscheinlich aus einer Laune heraus hat er auch die Bestimmung niedergelegt, daß die Sitzungen der Hierokratie nur bei Tageslicht stattfinden dürfen. Viele seiner Regeln sind ganz und gar überflüssig, aber er redete sechs Wochen lang, und schließlich stimmten seine Brüder für die Annahme seiner Regeln, nur damit er endlich zu reden aufhörte.« Dolmant strich sich nachdenklich übers Kinn. »Wenn alles vorbei ist, schlage ich diesen Esel zur Heiligsprechung vor. Diese pedantischen und lächerlichen Regeln sind momentan vielleicht das einzige, das Annias' Thronbesteigung verhindert. Jedenfalls haben wir es uns angewöhnt, schon am frühen Morgen im Audienzsaal zu erscheinen, um nichts zu versäumen. Um ehrlich zu sein, ist es auch ein kleiner Racheakt. Makova ist normalerweise kein Frühaufsteher, aber seit ein paar Wochen begrüßt er notgedrungen gemeinsam mit uns die Sonne, denn wenn er
Weitere Kostenlose Bücher