Elenium-Triologie
Schiff liegt gerade im Dock. Aber einen Rat hätte ich. Wenn diese Vettern den Hafen von Madol beobachten, werden sie den hier möglicherweise auch im Auge behalten. Jeder in der Stadt weiß von Lyciens Piers.« Er zupfte sich am Ohrläppchen. »Ich habe im Lauf der Zeit so einige Leute von irgendwo weggeschmuggelt – wenn sich die Bezahlung gelohnt hat.« Er blickte den Kapitän an, der nach Jiroch mußte. »Wann segelt Ihr los, Kapitän Mabin?«
»Mit der Mittagsflut.«
»Und Ihr?« fragte der hilfsbereite Kapitän den lockenköpfigen Sorgi.
»Ebenfalls.«
»Gut. Falls die Vettern die Piers hier beobachten, könnte es schon sein, daß sie ein Schiff heuern und unserem Junggesellenfreund hier folgen. Ich schlage vor, daß er offen auf Mabins Schiff geht. Dann, wenn ihr außer Sicht seid, soll er zu Sorgi umsteigen. Wenn die Vettern tatsächlich folgen, kann Mabin sie hinter sich her nach Jiroch locken, und Meister Cluff ist sicher auf seinem Weg nach Cippria. So würde ich es jedenfalls machen.«
»Ihr seid sehr einfallsreich, mein Freund.« Sorgi lachte. »Seid Ihr sicher, daß Personen das einzige waren, was Ihr je geschmuggelt habt?«
»Wir alle sind dem Zoll von Zeit zu Zeit aus dem Weg gegangen, nicht wahr, Sorgi?« Der Kapitän mit der rauhen Stimme lachte. »Wir leben auf See. Warum sollten wir Steuern bezahlen, um den Königreichen der Landratten die Säckel zu füllen? Ich würde willig dem König des Meeres Steuern entrichten, aber ich habe sein Schloß immer noch nicht gefunden.«
»Bravo, mein Freund«, applaudierte Sorgi.
»Meine Herren, ich stehe auf ewig in eurer Schuld«, bedankte sich Sperber.
»Nicht gerade auf ewig, Meister Cluff«, entgegnete Sorgi. »Jemand, der von vornherein zugibt, daß er in Geldnot ist, bezahlt für die Seereise, ehe er an Bord geht! So halte ich es zumindest!«
»Würdet Ihr Euch einstweilen mit einer Hälfte begnügen und mir die zweite stunden, bis wir in Cippria angekommen sind?«
»Ich fürchte nein, mein Freund. Ich kann Euch gut leiden, aber Ihr müßt auch meine Lage verstehen.«
Sperber seufzte. »Wir haben Pferde. Ich nehme an, Ihr werdet für sie extra verlangen?«
»Das ist so üblich.«
»Das hatte ich befürchtet.«
Das Einschiffen von Faran, Sephrenias Zelter und Kuriks kräftigem Wallach ging hinter einem Schirm aus Segeltuch vor sich, das Sorgis Leute scheinbar flickten. Kurz vor Mittag begaben sich Sperber und Kurik an Bord des Schiffes, das nach Jiroch fuhr. Sie stiegen offen die Laufplanke hoch, gefolgt von Sephrenia, die Flöte auf dem Arm trug.
Kapitän Mabin empfing sie auf dem Achterdeck. Er grinste breit. »Ah, hier ist ja unser widerstrebender Bräutigam. Wie wär's, wenn Ihr auf Deck herumspaziertet, bis wir in See stechen? Gebt den Vettern reichlich Gelegenheit, Euch zu sehen.«
»Ich ließ mir das inzwischen durch den Kopf gehen, Kapitän Mabin«, sagte Sperber. »Wenn die Vettern ein Schiff heuern und Euch folgen – und einholen – wird ihnen doch klar, daß ich nicht an Bord bin.«
»Niemand holt mich ein, Meister Cluff.« Mabin lachte. »Ich habe das schnellste Schiff auf dem Innenmeer. Es ist offensichtlich, daß Ihr nicht viel über die Seemannsetikette wißt. Niemand will unterwegs an Bord eines fremden Schiffes, außer er ist auf einen Kampf aus. Das wäre nämlich gegen Seefahrersitten.«
»Oh!« murmelte Sperber. »Das wußte ich tatsächlich nicht. Na gut, dann spazieren wir jetzt auf dem Deck herum.«
»Bräutigam?« fragte Sephrenia, als der Kapitän sie verlassen hatte.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Sperber.
»In letzter Zeit kommt es offenbar immer häufiger zu langen Geschichten. Irgendwann werden wir uns zusammensetzen müssen, damit Ihr sie mir erzählen könnt.«
»Ja, irgendwann einmal, vielleicht.«
»Flöte«, rief Sephrenia scharf, »komm sofort herunter!«
Sperber blickte hoch. Die Kleine war eine Strickleiter hinaufgeklettert, die von der Reling zur Rahnock führte. Sie schmollte ein wenig, gehorchte jedoch.
»Ihr wißt immer ganz genau, wo sie ist, nicht wahr?« fragte er Sephrenia.
»Immer«, versicherte sie ihm.
Sie wechselten das Schiff mitten auf dem Fluß, in einiger Entfernung von Lyciens Anlegeplätzen, unter der tarnenden Betriebsamkeit beider Besatzungen. Kapitän Sorgi führte seine Passagiere hastig unter Deck, damit sie nicht gesehen werden konnten, dann setzten beide Schiffe gemächlich ihre Fahrt flußab fort wie zwei Matronen, die von der Kirche nach Hause
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