Elenium-Triologie
sich weit über die Grenzen von Rendor verbreitet.«
»Nun.« Voldi schwoll sichtlich die Brust, aber er bemühte sich um eine bescheidene Miene. »Es tut gut zu hören, daß meine Behandlung Leidender ein wenig Anerkennung findet.«
»Was wir brauchen, guter Doktor«, sagte nun wieder Sephrenia, »ist Euer Rat, wie eine Freundin geheilt werden kann, der man vor kurzem Gift verabreichte.«
»Gift?« Voldi horchte auf. »Seid Ihr sicher?«
»Der Arzt in Borrata war zweifellos sicher«, antwortete Sephrenia. »Wir beschrieben ihm ihre Symptome in allen Einzelheiten, und er diagnostizierte ihren Zustand als Folge eines seltenen, rendorischen Giftes, das…«
»Bitte, gnädige Frau«, unterbrach er Sephrenia. »Ich ziehe es vor, eigene Diagnosen zu stellen. Beschreibt mir die Symptome.«
»Selbstverständlich.« Geduldig wiederholte sie, was sie denÄrzten in der Universität von Borrata geschildert hatte.
Während sie die Symptome aufzählte, trippelte der kleine Arzt hin und her. Die Hände hatte er auf dem Rücken verschränkt und den Blick auf den Boden gerichtet. »Ich denke, wir können die Fallsucht von vornherein ausschließen«, sagte er, als Sephrenia geendet hatte. »Allerdings führen auch einige andere Krankheiten zu starken Krämpfen.« Er bemühte sich um eine möglichst gelehrte Miene. »Die Verbindung von Fieber und Schweiß liefert jedoch den ausschlaggebenden Hinweis. Die Krankheit Eurer Freundin ist nicht natürlichen Ursprungs. Mein Kollege in Borrata hat mit seiner Diagnose völlig recht: Eure Freundin wurde vergiftet, und ich schließe, daß es sich bei dem Gift um Darestim handelt. Die hiesigen Wüstennomaden nennen es Todeskraut. Es ist für Schafe ebenso tödlich wie für Menschen. Es ist jedoch ein sehr seltenes Gift, da die Nomaden jeden Busch dieses Todeskrauts ausreißen, sobald sie ihn sehen. Stimmt meine Diagnose mit der meines cammorischen Kollegen überein?«
»Ganz genau, Doktor Voldi«, versicherte ihm Sephrenia bewundernd.
»Nun, das war es dann wohl.« Er griff nach seinem Umhang. »Ich freue mich, daß ich Euch helfen konnte.«
»Schön«, sagte Sperber, »aber was können wir jetzt tun?«
»Trefft Vorbereitungen für die Bestattung«, riet Voldi schulterzuckend.
»Was ist mit einem Gegengift?«
»Es gibt keines. Tut mir leid, aber ich fürchte, eurer Freundin ist nicht zu helfen.« Ein aufreizend selbstgefälliger Ton schwang in Voldis Stimme mit. »Im Gegensatz zu den meisten Giften greift Darestim das Gehirn an, nicht das Blut. Sobald es eingenommen ist – puff!« Er schnippte mit den Fingern. »Sagt, hat eure Freundin reiche und mächtige Feinde? Darestim ist außerordentlich teuer.«
»Hinter ihrer Vergiftung stecken politische Gründe«, erwiderte Sperber düster.
»Ah, die Politik!« Voldi lachte. »Diese Burschen haben das ganze Geld, nicht wahr?« Er zog plötzlich die Brauen zusammen. »Mir deucht…« Wieder strich er sein Haar in die Stirn. »Wo habe ich es bloß gehört?« Er kratzte sich am Kopf und zerzauste so seine sorgfältig gekämmte Frisur. »Ah ja!« triumphierte er. »Jetzt erinnere ich mich. Ich hörte Gerüchte – wohlgemerkt, nur Gerüchte –, daß ein Arzt in Dabur ein paar Angehörige der königlichen Familie in Zand behandelte und heilte.Normalerweise hätten alle anderen Ärzte rasch davon gehört, aber ich habe da so meine Ahnungen. Ich kenne diesen Mann. Schon seit einigen Jahren machen in Arztkreisen recht häßliche Geschichten über ihn die Runde. Manche Kollegen sind überzeugt, daß er seine Wunderheilungen gewissen verbotenen Praktiken verdankt.«
»Welche Art von Praktiken?« erkundigte sich Sephrenia angespannt.
»Magie, gnädige Frau. Was sonst? Es würde meinem Freund in Dabur sogleich den Kopf kosten, wenn bekannt würde, daß er Hexerei betreibt.«
»Ich verstehe«, murmelte Sephrenia. »Dieses Gerücht über die Wunderheilungen, stammt es nur aus einer Quelle?«
»O nein!« antwortete er. »Ich habe es von den verschiedensten Seiten erfahren. Des Königs Bruder und mehrere Neffen erkrankten. Der Arzt von Dabur – Tanjin heißt er – wurde ins Schloß beordert. Er bestätigte, daß man allen Betroffenen auf irgendeine Weise Darestim eingegeben hatte. Dann hat er sie geheilt. Aus Dankbarkeit veranlaßte der König, daß kein Außenstehender erfahren sollte, wie es zu der Heilung gekommen war. Außerdem gab er Tanjin vorsorglich einen schriftlichen Schulderlaß.« Voldi lächelte ein wenig schief. »Nicht daß dieser
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