Elenium-Triologie
der Männer, die Euch in jener Nacht überfielen, in den Geheimnissen bewandert?«
»Einer, ja. Und er ist es noch.«
»Vielleicht beantwortet das die Frage. Die Magie war offenbar Teil eines Versuchs, etwas – oder jemanden – aufzuspüren. Möglicherweise suchte man Euch.«
»Ihr sagtet, diese Magie sei höheren Grades gewesen, Herr Abt«, warf Sephrenia ein. »Könntet Ihr das genauer erklären?«
»Eine glühende Erscheinung schlich durch die Straßen von Cippria«, erklärte er. »Sie schien in Blitze gehüllt gewesen zu sein.«
Sie sog scharf Luft ein. »Und was hat diese Erscheinung genau getan?«
»Sie befragte die Leute. Nicht einer konnte sich später noch erinnern, was sie hatte wissen wollen. Die Befragung war jedoch erbarmungslos. Ich habe einige der Verbrennungen mit eigenen Augen gesehen.«
»Verbrennungen?«
»Die Erscheinung packte, wen immer sie befragen wollte. Wo sie die Bedauernswerten berührte, hinterließ sie Brandwunden. Eine Frau hatte eine Verbrennung um den ganzen Unterarm herum. Ich würde fast sagen, daß sie von der Form einer Hand gewesen war – nur waren es zu viele Finger.«
»Wie viele?«
»Neun und zwei Daumen.«
»Ein Damork!« zischte sie.
»Ich dachte, Ihr habt gesagt, die Jüngeren Götter hätten Martel die Macht genommen, diese Kreaturen zu beschwören?« erinnerte Sperber Sephrenia.
»Martel hat ihn nicht gerufen«, sagte sie überzeugt. »Jemand anderer sandte ihn zu ihm, damit er seinen Willen tue.«
»Das läuft doch fast auf das gleiche hinaus, oder nicht?«
»Nicht genau. Der Damork gehorcht Martel nur in bestimmten Dingen.«
»Aber das liegt doch alles zehn Jahre zurück!« warf Kurik ein. »Was spielt es jetzt noch für eine Rolle?«
»Ihr seht das Wesentliche nicht, Kurik«, antwortete sie sehr ernst. »Wir hatten gedacht, der Damork wäre erst vor kurzem erschienen, dabei war er bereits vor zehn Jahren in Cippria, ehe irgend etwas von dem, womit wir jetzt zu tun haben, überhaupt begonnen hatte!«
»Ich fürchte, ich verstehe Euch nicht ganz«, gestand Kurik.
Sephrenia blickte Sperber an. »Ihr seid das Ziel, Lieber«, erklärte sie beängstigend leise. »Nicht ich oder Kurik oder Ehlana oder gar Flöte. Die Angriffe des Damorks sind alle gegen Euch gerichtet. Seid sehr, sehr vorsichtig, Sperber. Azash will Euch töten.«
19
Doktor Voldi war ein überspannter kleiner Mann in den Sechzigern. Sein Haar lichtete sich, und damit das nicht zu sehr auffiel, hatte er es sorgfältig nach vorn gekämmt. Offensichtlich war auch, daß er es färbte, um das Grau zu verbergen. Er nahm seinen schwarzen Umhang ab, und Sperber bemerkte, daß er einen weißen Leinenkittel trug und stark nach Arzneimitteln roch. Ebenso fiel ihm auf, daß der gute Doktor eine sehr hohe Meinung von sich hatte.
Es war schon ziemlich spät, als der untersetzte Arzt ins Studiergemach des Abts geführt wurde. Er bemühte sich ohne vielErfolg seinen Ärger zu unterdrücken, daß man ihn zu so später Stunde noch geholt hatte. »Herr Abt«, grüßte er den schwarzbärtigen Kirchenmann steif mit einer knappen Verbeugung.
»Ah, Voldi«, sagte der Abt und stand auf. »Ich bin sehr froh, daß Ihr kommen konntet.«
»Euer Mönch sagte, es handle sich um einen dringenden Fall, ehrwürdiger Abt. Bringt mich am besten gleich zu dem Patienten.«
»Nur, wenn Ihr zu einer sehr weiten Reise bereit wärt, Doktor Voldi«, sagte Sephrenia.
Voldi musterte sie kurz. »Ihr seid offenbar keine Rendorerin, gnädige Frau«, bemerkte er. »Euren Zügen nach Styrikerin.«
»Ihr habt sehr scharfe Augen, Doktor.«
»Ich bin sicher, Ihr erinnert Euch an diesen Mann.« Der Abt deutete auf Sperber.
Der Arzt blickte den großen Pandioner an, offenbar ohne ihn wiederzuerkennen. »Nein«, brummte er. »Nicht daß ich…« Dann runzelte er die Stirn. »Halt, sagt nichts!« Abwesend strich er das Haar nach vorn. »Es war vor zehn Jahren, nicht wahr? Wart Ihr nicht der, der in die Messerstecherei geraten war?«
»Ihr habt ein sehr gutes Gedächtnis, Doktor Voldi«, staunte Sperber. »Wir möchten Euch nicht zu lange aufhalten, also kommen wir gleich zur Sache. Ihr wurdet uns von einem Arzt in Borrata empfohlen. Er hält sehr viel von Eurer Meinung auf bestimmten Gebieten.« Nach einer weiteren kurzen Abschätzung des kleinen Mannes beschloß Sperber, ihm noch ein bißchen zu schmeicheln. »Natürlich hätten wir Euch wahrscheinlich auch ohne sein Loblied konsultiert«, fügte er hinzu. »Euer Ruf hat
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