Elenium-Triologie
brachten hin und wieder erstaunliche Heilungen zuwege. Diese Art von Behandlung hatte ein gemeinsames Element. Es gibt einige Dinge von ungeheurer Macht auf der Welt. In alter Zeit benutzten die Ärzte sie, um ihre Patienten zu heilen.«
»Ich verstehe«, sagte Sephrenia. »Auch styrische Heiler bedienen sich manchmal in ihrer Verzweiflung eines solchen Hilfsmittels.«
»Dieser Brauch ist im Tamulischen Reich auf dem daresischen Kontinent üblich«, sprach Tanjin weiter, »hier in Eosienjedoch ist er verpönt. Eosische Ärzte ziehen wissenschaftliche Methoden vor, nicht nur, weil sie zuverlässiger sind, sondern weil Elenier der Magie schon immer mißtrauten. Aber Darestim ist so stark, daß keine der üblichen Mittel seine Wirkung aufheben können. Magische Dinge sind das einzige, was helfen kann.«
»Und was habt Ihr benutzt, um Bruder und Neffen des Königs zu heilen?« fragte Sephrenia.
»Einen ungeschliffenen Edelstein von eigenartiger Farbe. Ich glaube, er kam ursprünglich aus Daresien, mit Sicherheit weiß ich es allerdings nicht. Aber ich bin überzeugt, daß die tamulischen Götter ihm ihre Kraft einhauchten.«
»Und wo ist dieser Edelstein jetzt?« fragte Sperber gespannt.
»Es gibt ihn nicht mehr. Ich mußte ihn zu Pulver zermahlen und mit Wein mischen, um die Verwandten des Königs zu heilen.«
»Ihr Idiot!« fuhr Sephrenia auf. »So benutzt man ein solches Hilfsmittel nicht! Man braucht den Kranken nur damit zu berühren und die magischen Kräfte herbeizurufen.«
»Ich bin ein gelernter Arzt, gnädige Frau«, entgegnete er steif. »Ich kann weder Insekten in Elfen verwandeln noch in der Luft schweben noch meine Feinde verzaubern. Ich kann mich lediglich an die Methoden meines Berufs halten, und das bedeutet, daß der Patient das Heilmittel einnehmen muß!«
»Ihr habt wegen einiger weniger einen Stein zerstört, der Tausende hätte heilen können!« Es kostete Sephrenia Mühe, ihren Zorn zu beherrschen. »Wißt Ihr noch von anderen solcher unbezahlbarer Hilfsmittel?« fragte sie.
»Nur von ein paar.« Er zuckte die Schultern. »Im Schloß von Tamul gibt es einen großen Speer, in Zemoch mehrere Ringe, allerdings bezweifle ich, daß sie zum Heilen taugen. Dann erzählt man sich von einem edelsteinbesetzten Armband, das irgendwo in Pelosien sein soll, aber das ist vielleicht bloß eine Mär. Der König des Inselreichs Mithrium soll ein Schwert von ungeheurer Macht besessen haben, aber Mithrium versank schon vor langer Zeit im Meer. Ich hörte, daß auch die Styriker eine beachtliche Zahl von Zauberstäben haben.«
»Das ist ebenfalls eine Mär«, versicherte sie ihm. »Holz ist zu zerbrechlich für diese Art von Kräften. Sonst noch welche?«
»Nur noch der Edelstein in der thalesischen Königskrone, doch die ging zur Zeit des zemochischen Einfalls verloren und wurde nicht mehr gefunden.« Er runzelte die Stirn. »Ich möchte noch etwas erwähnen, obwohl ich nicht glaube, daß es irgendwie von Nutzen sein könnte«, fügte Tanjin hinzu, »Arasham hat einen Talisman, von dem er behauptet, er sei der heiligste und mächtigste Gegenstand auf der Welt. Ich habe ihn nie selbst gesehen und weiß nicht, was davon zu halten ist, denn was Arasham so von sich gibt, ist ein bißchen wirr, gelinde gesagt. Und selbst wenn es stimmen sollte, würdet Ihr ihm dieses Ding nie wegnehmen können.«
Sephrenia befestigte den Schleier wieder über ihrer unteren Gesichtshälfte. »Vielen Dank für Eure Offenheit, Doktor Tanjin. Und habt keine Angst, Euer Geheimnis ist bei uns gut aufbewahrt.« Sie überlegte kurz. »Ich glaube, Ihr solltet mir meinen Arm lieber schienen.« Sie streckte ihn aus. »Das müßte die Beobachter überzeugen, daß wir Grund hatten, Euch aufzusuchen.«
»Das ist eine sehr gute Idee, gnädige Frau.« Tanjin holte zwei Schienen und einen langen weißen Stoffstreifen.
»Darf ich Euch einen wohlgemeinten Rat geben, Doktor Tanjin?« sagte Sperber zu dem Arzt, der nun Sephrenias geschienten Arm umwickelte.
»Bitte.«
»Ich an Eurer Stelle würde einen Teil meiner Habe zusammenpacken und schleunigst nach Zand reisen. Dort kann der König Euch beschützen. Verlaßt Dabur, solange noch Zeit ist. Fanatiker, fürchte ich, machen keinen großen Unterschied zwischen Verdacht und Überzeugung. Und was würde es Euch nutzen, wenn sich Eure Unschuld herausstellte, nachdem Ihr auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurdet?«
»Aber alles, was ich besitze, ist hier!«
»Oh, ich bin sicher, Ihr werdet das
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