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Elenium-Triologie

Elenium-Triologie

Titel: Elenium-Triologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Jahr!«
     
    22
     
    Die Sonne hatte den Himmel im Westen rostrot gefärbt, als Sperber und Sephrenia den Stadtplatz von Dabur erreichten. Das Spätnachmittagslicht tauchte die Hauswände und die Gesichter der Passanten in rötliches Glühen. Sephrenia trug ihren Arm in einer behelfsmäßigen Schlinge, und Sperber stützte sie beim Gehen fürsorglich am anderen Ellbogen.
    »Es ist gleich da drüben«, sagte er und deutete mit dem Kopf auf die gegenüberliegende Seite des Platzes. Sephrenia zog den Schleier ein bißchen fester über Nase und Mund, dann bahnten sie sich einen Weg durch die dichtgedrängte Menge in der Mitte des Platzes.
    Da und dort lehnten Nomaden in schwarzen Kapuzengewändern an Hauswänden und spähten jedem Vorüberkommenden mißtrauisch ins Gesicht.
    »Wahre Gläubige«, murmelte Sperber sarkastisch. »Stets auf der Suche nach den Sünden ihrer Nachbarn.«
    »So war es schon immer, Sperber«, antwortete Sephrenia. »Selbstgerechtigkeit ist einer der verbreitetsten – und unschönsten – Wesenszüge der Menschen.« Sie kamen an einem der Beobachter vorbei und betraten die übelriechende Apotheke.
    Der Apotheker war ein rundlicher kleiner Mann mit ängstlichem Gesicht. »Ich weiß nicht, ob er euch vorlassen wird«, antwortete er, als sie baten, mit Doktor Tanjin sprechen zu dürfen. »Er wird beobachtet, wißt ihr?«
    »Ja«, erwiderte Sperber. »Wir sahen draußen mehrere Beobachter. Bitte teilt ihm trotzdem mit, daß wir hier sind. Der Arm meiner Schwester muß unbedingt behandelt werden.«
    Der nervöse Apotheker hastete durch einen Vorhang ganz hinten im Ladenraum. Einen Augenblick später kam er bereits zurück. »Es tut mir leid«, bedauerte er. »Aber er nimmt keine neuen Patienten mehr an.«
    Sperber hob die Stimme. »Wie kann ein Heiler sich weigern, einem Verletzten zu helfen? Bedeutet der ärztliche Eid hier in Dabur denn so wenig? In Cippria halten die Ärzte ihn getreulich ein. Mein guter Freund, Doktor Voldi, würde einem Verletzten oder Kranken nie die Hilfe versagen!«
    Die Worte schienen schwer in der Luft zu hängen. Dann öffnete sich der Vorhang. Der Mann, der den Kopf hindurchstreckte, hatte eine auffallend große Nase, eine hängende Unterlippe, abstehende Ohren und blasse, wässerige Augen. Er trug einen weißen Arztkittel. »Sagtet Ihr Voldi?« fragte er mit hoher, näselnden Stimme. »Kennt Ihr ihn?«
    »Natürlich!« versicherte ihm Sperber. »Er ist ein kleiner Mann mit stark gelichtetem Haar, das er färbt. Er ist sehr von sich eingenommen.«
    »Ihr hättet ihn nicht besser beschreiben können. Bringt Eure Schwester hier herein – und beeilt euch. Niemand außerhalb der Apotheke darf euch sehen!«
    Sperber faßte Sephrenia wieder am Ellbogen und führte sie durch den Vorhang.
    »Hat jemand euch hereinkommen sehen?« fragte der Großnasige nervös.
    »Jede Menge Leute, schätze ich.« Sperber zuckte die Schultern. »Sie reihen sich an den Hauswänden um den Platz wie eine Schar Geier und schnüffeln nach Sündern wie Spürhunde nach Beute.«
    »Es ist gefährlich, in Dabur so zu reden«, warnte Doktor Tanjin.
    »Möglich.« Sperber schaute sich um. In den Ecken des armseligen Zimmers häuften sich offene, leere Kisten und Bücherstapel. Eine hartnäckige Hummel schlug in ihrer Verzweiflung, ins Freie zu gelangen, immer wieder mit dem Kopf gegen das schmutzige Fenster. An einer Wand war eine niedrige Couch, und in der Zimmermitte standen mehrere hochlehnige Holzstühle um einen Tisch. »Wollen wir gleich zur Sache kommen, Doktor Tanjin?« schlug Sperber vor.
    »Ja, natürlich. Setzt Euch hierher«, forderte er Sephrenia auf, »damit ich mir Euren Arm ansehen kann.«
    »Gern, wenn Euch das glücklich macht, Doktor«, entgegnete sie. Sie setzte sich auf den angebotenen Stuhl und nahm den Arm aus der Schlinge. Dann zog sie den Ärmel ihres Gewands hoch und ein erstaunlich mädchenhafter Arm kam zum Vorschein.
    Der Arzt blickte Sperber etwas verlegen an. »Ihr müßt verstehen, daß ich mir nichts Ungebührliches mit Eurer Schwester erlaube, aber ich muß sie untersuchen.«
    »Ich weiß, wie Ärzte vorgehen, Doktor.«
    Tanjin holte tief Luft und bog Sephrenias Handgelenk mehrmals vor und zurück. Dann betastete er behutsam den Unterarm und abgewinkelten Ellbogen. Nunmehr schluckte er schwer und untersuchte den Oberarm. Er bewegte ihn vorsichtig auf und ab, während seine Finger ganz leicht auf ihrer Schulter ruhten. Er kniff die eng beisammenstehenden Augen zusammen. »Dem

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