Elenium-Triologie
habgierig und hat eine übertriebene Vorliebe für Szenen.« Er machte eine Pause und dachte an die Zeit mit ihr. »Aber ich mochte sie irgendwie gern. Sie ist ein guter Mensch, trotz all ihrer Fehler, und das Leben mit ihr war nie langweilig. Ich war ihr diesen Auftritt schuldig. Nun wird sie wie eine Königin durch das Viertel stolzieren können, und es hat mich doch wirklich nicht viel gekostet, oder?«
»Sperber«, sagte Sephrenia ernst, »ich glaube, ich werde Euch nie verstehen.«
»Das ist ja das Schöne, nicht wahr, kleine Mutter?« Er grinste sie spitzbübisch an.
Flöte, die noch auf Sephrenias Schimmelzelter saß, trillerte spöttisch auf ihrem Instrument.
»Sprecht mit ihr, Sephrenia«, riet ihr Sperber. »Sie versteht es.«
Flöte blickte ihn an und rollte die Augen, dann gestattete sie ihm großmütig, sie vom Pferd zu heben.
24
Die Fahrt über die Arzische Meerenge verlief ohne Zwischenfälle. Sie segelten nordnordostwärts unter klarem Himmel und mit leichtem Rückenwind, geschützt von Vorens anderen Schiffen, die sich rings um sie geschart hatten.
Gegen Mittag des dritten Tages stieg Sperber an Deck, um sich zu Sephrenia und Flöte zu gesellen, die an der Bugreling standen und über die sonnenglitzernden Wellen blickten. »Seid Ihr mir noch böse?« fragte er.
Sie seufzte. »Nein, ich glaube nicht.«
Sperber wußte nicht so recht, wie er ihr seine innere Unruhe erklären sollte, deshalb ging er es etwas verblümt an. »Sephrenia«, sagte er, »hattet nicht auch Ihr das Gefühl, daß in Dabur alles ein bißchen zu glatt ging? Irgendwie ist mir, als würde ich wieder einmal an der Nase herumgeführt.«
»Könnt Ihr mir das genauer erklären?«
»Ich weiß, daß Ihr Arasham an dem Abend ein paarmal beeinflußt habt, aber habt Ihr auch etwas mit Martel gemacht?«
»Nein. Er hätte gespürt, wenn ich es versucht hätte, und etwas dagegen unternommen.«
»Das dachte ich mir. Aber was war dann mit ihm los?«
»Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.«
»Er hat sich fast wie ein Schuljunge benommen. Wir kennen Martel doch beide. Er ist intelligent und besitzt eine schnelle Auffassungsgabe. Was ich tat, war so durchsichtig, daß er es eigentlich sofort hätte durchschauen müssen. Aber er hat nichts unternommen. Er stand bloß da wie ein Idiot und ließ zu, daß ich ihm das Fell über die Ohren zog. Es war einfach zu leicht, und das beunruhigt mich.«
»Er hatte nicht erwartet, uns in Arashams Zelt zu begegnen, Sperber. Vielleicht hat ihn das aus der Fassung gebracht.«
»So leicht ist Martel nicht aus der Fassung zu bringen!«
Sephrenia runzelte die Stirn. »Das stimmt.« Sie nickte, dann dachte sie nach. »Erinnerst du dich, was Ritter Darellon gesagt hat, ehe wir in Cimmura aufbrachen?«
»Nein, nicht genau.«
»Er sagte, daß Annias sich nicht gerade intelligent benommen hat, als er seinen Fall den elenischen Königen vortrug. Er klagte die Pandioner des Mordes an Graf Radun an, ohne sich vorher vergewissert zu haben, daß der Graf wirklich tot war.«
»O ja, ich erinnere mich jetzt. Und Ihr sagtet, daß sein ganzer Plan – der Versuch, den Grafen zu ermorden und die Schuld daran den Pandionern in die Schuhe zu schieben – von einem styrischen Magier stammen könnte.«
»Möglicherweise geht es sogar noch ein bißchen weiter. Wir wissen, daß Martel Verbindung zu einem Damork hatte, und das bedeutet, daß Azash in die Sache verwickelt ist. Azash hatte immer mit Styrikern zu tun und besitzt deshalb wenig Erfahrung mit den Feinheiten des elenischen Verstands. Die Götter von Styrikum sind sehr direkt und bereiten sich selten auf Eventualitäten vor – wahrscheinlich, weil es den Styrikern an geistiger Beweglichkeit mangelt. Der ganze Zweck des Komplotts in Arzium und des anderen in Rendor war es, die Ordensritter zum Zeitpunkt der Erzprälatenwahl von Chyrellos fernzuhalten. Annias benahm sich im Schloß von Cimmura, wie es ein Styriker getan hätte, und Martel in Arashams Zelt ebenso.«
»Ihr seid ein wenig inkonsequent, Sephrenia«, beklagte sich Sperber. »Zuerst sagt Ihr mir, daß Styriker nicht gewitzt sind, dann kommt Ihr mit einer so komplizierten Erklärung, daß ich ihr nicht einmal folgen kann. Warum sagt Ihr nicht einfach, was Ihr meint?«
»Azash hat schon immer den Geist seiner Anhänger beherrscht, und sie waren eben zum Großteil Styriker. Wenn nun Annias und Martel sich beide wie Styriker benehmen, zeigt das ein paar interessante Möglichkeiten auf, meint
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