Elenium-Triologie
anzüglich die Wange. »Paß auf dich auf, Martel. Ich möchte dich nämlich wiedersehen – bald –, und zwar gesund und im Vollbesitz deiner geistigen Kräfte. Glaub mir, du wirst sie brauchen!« Er drehte sich um und ging den Laufsteg zur wartenden Barke hinauf.
Ein paar Besatzungsmitglieder lösten die Trossen und stießen die Barke in die träge Strömung. Dann setzten sie sich an die Riemen und begannen den Fluß abwärts zu rudern. Der Anlegesteg und der einsame Mann an seinem Ende schrumpften außer Sicht.
»O Gott!« rief Sperber begeistert. »Das hat mir gefallen!«
Die Fahrt dauerte anderthalb Tage. Sperber und seine Gefährten gingen etwa drei Meilen vor Jiroch von Bord, um möglichen Beobachtern zu entgehen, die Martel vielleicht irgendwie vor ihnen in den Hafen beordert hatte. Wahrscheinlich war diese Vorsichtsmaßnahme überflüssig, das gab Sperber selbst zu, aber er wollte kein unnötiges Risiko eingehen.
Die Stadt betraten sie durchs Westtor und mischten sich unter die Menge, während sie sich wieder zu Vorens Haus begaben. Am Spätnachmittag erreichten sie es.
Voren war ein wenig überrascht. »Das ging aber schnell«, bemerkte er, als sie ihn im Garten aufsuchten.
»Wir hatten Glück«, erklärte Sperber schulterzuckend.
»Mehr als Glück«, murmelte Sephrenia finster. Die Laune der zierlichen Frau hatte sich seit Dabur nicht merklich gebessert. Sie weigerte sich immer noch, mit Sperber überhaupt ein Wort zu reden.
»Ist etwas schiefgegangen?« fragte Voren blinzelnd.
»Nicht daß ich wüßte«, antwortete Sperber vergnügt.
»Hör auf, dir selbst auf die Schulter zu klopfen, Sperber«, fauchte Sephrenia. »Ich bin verärgert über dich. Sehr verärgert!«
»Das bedauere ich, Sephrenia, aber ich habe das Bestmögliche getan.« Er wandte sich an Voren. »Wir stießen auf Martel, und es gelang mir, ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen. Er mußte erkennen, daß seine ganze mühsame Arbeit umsonst war.«
Voren pfiff durch die Zähne. »Daran finde ich nichts auszusetzen.«
»Es geht ja nicht darum, was er tat, sondern wie er es tat!«
»Ach?«
»Ich möchte nicht darüber reden.« Sie hob Flöte auf den Arm und setzte sich mit ihr auf die Bank am Springbrunnen, wo sie mit finsterem Gesicht zu der Kleinen sprach.
»Wir müssen an Bord eines schnellen Schiffes nach Vardenais gelangen, ohne das man uns sieht«, erklärte Sperber Voren. »Kannst du uns helfen?«
»Nichts leichter als das«, versicherte ihm Voren. »Es kommt schließlich immer wieder vor, daß die Identität eines unserer Brüder aufgedeckt wird. Deshalb haben wir uns etwas ausgedacht, sie sicher aus Rendor zu bringen.« Er lächelte ironisch. »Es war gewissermaßen meine erste Amtshandlung, als ich hier nach Jiroch kam. Ich war ziemlich sicher, daß ich diesen Fluchtweg in kurzer Zeit für mich selbst benötigen würde. Ich habe einen Anlegeplatz unten im Hafen. Ganz in der Nähe ist eine Wirtschaft. Einer unserer Brüder führt sie. Sie hat alles, was man von einem Gasthof erwarten kann: Schankstube, Boxen für Pferde, Schlafräume im ersten Stock, eben alles, was dazu gehört. Sie hat auch einen Keller. Von dort führt ein Geheimgang zum Keller meines Hauptlagerhauses. Bei Ebbe kann man direkt von diesem Keller aus an Bord eines Schiffes gehen, ohne von irgend jemandem an Land gesehen zu werden.«
»Könnte das den Damork täuschen, Sephrenia?« fragte Sperber.
Sie funkelte ihn kurz an, dann ließ sie sich erweichen. Sie legte die Fingerspitzen einer Hand leicht an ihre Schläfe. Sperber fiel auf, daß das Haar dort inzwischen viel silberner geworden war. »Ich glaube schon«, antwortete sie. »Es steht ja nicht einmal fest, daß der Damork hier ist. Martel könnte tatsächlich die Wahrheit gesagt haben.«
»Darauf würde ich nicht zählen«, brummte Kurik.
»Wie auch immer«, fuhr Sephrenia fort, »ich glaube nicht, daß der Damork sich auch nur eine Vorstellung von einem Keller machen könnte, geschweige denn von unterirdischen Gängen.«
»Was ist ein Damork?« erkundigte sich Voren.
Sperber erklärte es ihm und beschrieb, was Kapitän Mabins Schiff im Innenmeer, unweit von Madol, zugestoßen war.
Voren stand auf und marschierte hin und her. »So etwas haben wir bei unserem Fluchtweg natürlich nicht bedacht«, gestand er. »Ich glaube, ich treffe besser einige zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen. Momentan liegen sechs meiner Schiffe im Hafen. Was haltet ihr davon, wenn ich sie alle gleichzeitig
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