Elenium-Triologie
fürchte, das verstehe ich nicht.«
»Die Soldaten wußten, daß wir da waren, Kurik. Sie haben uns Platz gemacht, erinnert Ihr Euch? Sie zogen es nur vor, uns keine Beachtung zu schenken.«
»Zogen es vor?«
»Da habe ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt. Sagen wir, sie wurden dazu ermuntert.«
Ohne von den Wachen am Nordtor der Stadt aufgehalten zu werden, verließen sie Vardenais und gelangten auf die breite Straße nach Cimmura. Seit ihrer Abreise aus Elenien, die nun schon viele Wochen zurücklag, hatte sich das Wetter geändert. Die Winterkälte war gewichen, und die ersten knospenden Blätter des Jahres spitzten aus den Zweigen der Bäume zu beiden Straßenseiten. Bauern pflügten ihre Äcker und warfen die dunklen, fruchtbaren Schollen auf. Es mußte vor kurzem noch geregnet haben, doch jetzt war der Himmel leuchtend blau und nur da und dort mit wattigen, weißen Wolken betupft. Der Wind war mild und würzig, und die Erde roch nach keimendem Grün. Ihre rendorischen Umhänge hatten sie bereits auf dem Schiff abgelegt, trotzdem fand Sperber sein Kettenhemd und den gepolsterten Unterkittel ungemütlich warm.
Kurik blickte beifällig über die frisch gepflügten Felder. »Ich hoffe, meine Jungs sind zu Hause ebenfalls mit dem Pflügen fertig. Ich wäre gar nicht erbaut, wenn ich heimkomme und es selbst tun müßte.«
»Ich bin sicher, daß Aslade sich bereits darum gekümmert hat«, beruhigte ihn Sperber.
»Du hast vermutlich recht.« Kurik verzog das Gesicht. »Wenn man es recht bedenkt, ist sie ein besserer Bauer als ich.«
»Das sind Frauen immer«, warf Sephrenia ein. »Sie sind mehr im Einklang mit dem Mond und den Jahreszeiten. In Styrikum bestellen immer die Frauen die Felder.«
»Und was machen die Männer?«
»So wenig wie nur möglich.«
Sie brauchten fast fünf Tage bis Cimmura und erreichten es an einem herrlichen Frühlingsnachmittag. Auf einem Hügel etwa eine Meile westlich der Stadt hielt Sperber an. »Kann sie es noch mal?« fragte er Sephrenia.
»Kann wer was noch einmal?«
»Flöte. Schafft sie es noch einmal, daß die Leute nicht auf uns achten?«
»Keine Ahnung. Warum fragt Ihr sie nicht?«
»Warum fragt Ihr sie nicht? Ich glaube, sie mag mich nicht.«
»Wie in aller Welt kommt Ihr auf die Idee? Sie betet Euch an!« Sephrenia beugte sich ein wenig vor und redete in Styrisch zu der Kleinen, die sich an sie schmiegte.
Flöte nickte und machte eine merkwürdige kreisende Bewegung mit einer Hand.
»Was hat sie gesagt?« fragte Sperber.
»Daß sich das Ordenshaus am anderen Ende von Cimmura befindet. Sie rät uns, nicht durch die Stadt zu reiten, sondern darum herum. So in etwa hat sie sich ausgedrückt.«
»In etwa?«
»Nun ja, durch die Übersetzung geht so manches verloren.«
»Also gut. Tun wir, was sie sagt. Annias soll auf keinen Fall erfahren, daß wir wieder in Cimmura sind.«
Sie machten einen Bogen um die Stadt, ritten über weite Felder und durch lichte Wälder und hielten sich dabei ständig ungefähr eine Meile von der Stadtmauer entfernt. Sperber fand, daß Cimmura keine sehr anziehende Stadt war. Ihre Lage und das vorherrschende Wetter sorgten gemeinsam dafür, daß der Rauch aus den Tausenden von Schornsteinen kaum aufstieg, sondern sich fast immer als dichte Decke über den Dächern hielt, was die Stadt rußig und schmutzig machte.
Endlich erreichten sie ein Dickicht, etwa eine halbe Meile entfernt von den Mauern des Ordenshauses. Auch hier arbeiteten die Bauern überall auf ihren Feldern, und die bunten Tupfen von Reisenden belebten die Straße zum Osttor.
»Bitte sagt Flöte, daß es jetzt soweit ist«, wandte sich Sperber an Sephrenia. »Ich könnte mir gut vorstellen, daß so einige von diesen Leuten dort drüben für Annias arbeiten.«
»Sie weiß es auch so, Sperber. Sie ist ja nicht dumm.«
»Nein. Nur ein wenig flatterhaft.«
Flöte schnitt ihm ein Gesicht und fing zu blasen an. Es war die gleiche lethargische, fast einschläfernde Weise, die sie in Vardenais gespielt hatte.
Sie ritten nun querfeldein auf die paar Häuser zu, die in der Nähe der Ordensburg lagen. Obwohl Sperber sicher war, daß die Leute, an denen sie vorüberkamen, nicht auf sie achten würden, war ihm unwohl dabei.
»Entspannt Euch, Sperber«, mahnte Sephrenia ihn scharf. »So erschwert Ihr es Flöte nur!«
»Tut mir leid«, murmelte er. »Gewohnheit, nehme ich an.« Es kostete ihn ziemliche Mühe, ruhig zu wirken.
Ein Arbeitstrupp besserte die Straße aus, die
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