Elenium-Triologie
mehr denn je brauchen, fürchte ich. Ich werde die Burg nicht mehr verlassen können. Ich muß bleiben, um meine Schwester zu bewachen.«
»Geistesgestörte leben für gewöhnlich nicht sehr lange, Graf«, versuchte Ulath ihn zu trösten. »Sobald sie dem Wahnsinn verfallen, achten sie ihren Körper nicht mehr. Ich hatte eine Base, die im Winter den Verstand verlor. Schon im Frühjahr war sie tot.«
»Es ist schrecklich, sich den Tod eines geliebten Menschen zu wünschen, Ritter Ulath, aber so wahr mir Gott helfe, ich tue es.« Der Graf legte die Hand auf den gut einen Fuß hohen Stoß ungebundener Papiere auf seinem Schreibtisch. »Mein Lebenswerk.« Er setzte sich. »Gehen wir es an. Wonach genau suchen wir?«
»Nach dem Grab von König Sarak von Thalesien«, antwortete Ulath. »Er ist nicht auf dem Schlachtfeld drunten in Lamorkand angelangt, deshalb nehmen wir an, daß er bei einem Scharmützel hier oben in Pelosien oder in Deira gefallen ist – oder sein Schiff sank, bevor es die Küste erreichte.«
An diese Möglichkeit hatte Sperber nie gedacht. Daß der Bhelliom auf dem Grund der Straße von Thalesien oder des Meeres von Pelosien liegen könnte, erschreckte ihn.
»Könnt Ihr ein bißchen genauer sein?« bat der Graf. »Zu welcher Seite des Sees wollte der König? Ich habe meine Chronik der Übersichtlichkeit halber in Gebiete aufgegliedert.«
»Höchstwahrscheinlich war König Saraks Ziel das Ostufer«, antwortete Bevier. »Dort hat die thalesische Armee die Zemocher angegriffen.«
»Gibt es irgendwelche Hinweise, wo sein Schiff angelegt hat?«
»Keine, die ich erfuhr«, gestand Ulath ein. »Ich habe meine eigenen Überlegungen angestellt, aber ich könnte mich um ein paar hundert Meilen irren. Es wäre möglich, daß Sarak zu einem Hafen an der Nordküste gesegelt ist, aber thalesische Schiffe tun das selten. In manchen Gegenden hält man uns für Seeräuber, und Sarak hat vielleicht vermeiden wollen, lästige Fragen beantworten zu müssen, und ist deshalb an einer einsamen Küste gelandet.«
»Das erschwert die Sache ein wenig«, meinte Graf Ghasek. »Wenn ich wüßte, wo er an Land gegangen ist, könnte ich errechnen, durch welche Gebiete er gekommen ist. Gibt es in der thalesischen Überlieferung irgendeine Beschreibung dieses Königs?«
»Nicht in Einzelheiten«, antwortete Ulath, »nur daß er sieben Fuß groß war.«
»Das mag nützlich sein. Zwar haben einfache Leute seinen Namen wahrscheinlich nicht erfahren, aber ein Mann seiner Größe fällt auf, und man würde sich an ihn erinnern.« Er blätterte durch seine Aufzeichnungen. »Könnte er an der Nordküste von Deira angelegt haben?«
»Es ist möglich, aber unwahrscheinlich«, antwortete Ulath. »Die Beziehungen zwischen Deira und Thalesien waren zu jener Zeit etwas gespannt. Ich glaube nicht, daß Sarak das Risiko eingegangen wäre, sich gefangennehmen zu lassen.«
»Dann beginnen wir am besten im Gebiet des Hafens von Apaiia. Die kürzeste Route zum Ostufer des Randerasees würde von dort südwärts verlaufen.« Wieder blätterte er durch die Seiten vor sich. Er runzelte die Stirn. »Hier ist offenbar nichts, was uns weiterhelfen könnte. Wie groß war denn des Königs Truppe?«
»Es war bloß eine kleine Schar«, entgegnete Ulath. »Sarak hat Emsat in großer Eile verlassen und wenige Gefolgsleute mitgenommen.«
»In allen Geschichten, die man mir in Apaiia erzählte, werden nur größere Verbände thalesischer Truppen erwähnt. Natürlich könnte es sein, wie Ihr vermutet, Ritter Ulath, daß König Sarak an irgendeinem einsamen Strand von Bord gegangen und überhaupt nicht in die Nähe von Apaiia gekommen ist. Aber versuchen wir es erst noch mit dem Hafen von Nadera, ehe wir uns verlassene Küstenstreifen und abgelegene Fischerdörfer vornehmen.« Er studierte eine Karte und schlug daraufhin sein Manuskript etwa in der Mitte auf. »Ich glaube, da haben wir etwas!« rief er mit der Begeisterung des Forschers. »Ein Bauer in der Nähe von Nadera erzählte mir von einem thalesischen Schiff, das sich zu Beginn des Krieges eines Nachts an der Stadt vorbeigestohlen hat und mehrere Meilen flußauf gefahren ist, ehe es anlegte. Ein paar Krieger sind von Bord gegangen, von denen einer alle anderen um Kopf und Schultern überragt hat. War an Saraks Krone irgend etwas Ungewöhnliches?«
»Ein großer blauer Edelstein«, sagte Ulath mit angespannter Miene.
»Dann war er es!« jubelte der Graf. »In der Geschichte wurde dieser Stein
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