Elenium-Triologie
auf und rückte den Hut wieder schicklich zurecht.
Als sie eine Kreuzung erreichten, spürte Sperber ein vertrautes Prickeln. Er setzte die Kiste ab und fuhr sich mit dem Ärmel seines Kittels über die Stirn.
»Was ist los?« fragte Kalten und hielt ebenfalls an.
»Die Kiste ist schwer, mein Gebieter«, antwortete Sperber laut genug, daß die Vorüberkommenden es hören konnten. Leise fügte er hinzu: »Wir werden beobachtet.« Er ließ den Blick verstohlen über die beiden Seiten der Straße schweifen.
Die vermummte Gestalt stand an einem Fenster im ersten Stock, teilweise hinter einem dichten grünen Vorhang verborgen. Sie hatte große Ähnlichkeit mit derjenigen, die ihn bereits in der Nacht seiner Ankunft auf den regennassen Straßen beobachtet hatte.
»Hast du ihn entdeckt?« fragte Kalten leise und tat, als müsse er den Kragen seines rosa Umhangs glatt streifen.
Ächzend hob Sperber die Kiste wieder auf die Schulter und murmelte: »An einem Fenster im ersten Stock – über dem Kerzengießergeschäft.«
»Geht endlich weiter, Mann!« befahl Kalten laut. »Der Tag schreitet voran.« Während er die Straße entlang stolzierte, spähte er rasch zu dem Fenster mit den grünen Vorhängen hinauf.
Sie bogen um eine Ecke. »Seltsamer Bursche, nicht wahr?« bemerkte Kalten. »Normalerweise zieht man sich im Haus nicht die Kapuze ins Gesicht.«
»Vielleicht hat er was zu verbergen.«
»Denkst du, er hat uns erkannt?«
»Schwer zu sagen. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, es ist derselbe, der mich beobachtete, als ich in der Stadt ankam. Ich konnte ihn zwar nicht gut sehen, wohl aber spüren, und dieser hat die gleiche Ausstrahlung.«
»Kann Magie unsere Maskerade durchdringen?«
»Mühelos. Magie sieht den Menschen, nicht die Kleidung. Gehen wir durch ein paar Gassen und schauen, ob wir ihn abschütteln können, falls er sich entschließt, uns zu folgen.«
»Gut.«
Es war schon fast Mittag, als sie den Marktplatz am Westtor erreichten, wo Sperber Krager gesehen hatte. Dort gingen sie getrennte Wege. Sperber nahm die eine, Kalten die andere Richtung. Sie befragten die Händler an den bunten Buden und die Kaufleute in den gediegeneren Läden und beschrieben Krager, so gut sie konnten. Auf der hinteren Seite des Platzes traf sich Sperber wieder mit seinem Freund. »Hast du was erfahren?« erkundigte er sich.
Kalten nickte. »Da drüben ist ein Weinhändler. Er sagte, ein Mann, auf den die Beschreibung zutrifft, kommt drei- oder viermal am Tag an seinen Stand und kauft jeweils eine Flasche arzischen Rotwein.«
»Das ist zweifellos Krager.« Sperber grinste. »Wenn Martel herausfindet, daß der Kerl wieder säuft, wird er ihm in die Kehle greifen und ihm das Herz zum Hals herausziehen.«
»Kann man das tatsächlich?«
»Ja, wenn der Arm lang genug ist und man weiß, wonach man greifen muß. Hat der Weinhändler dir gesagt, von woher Krager gewöhnlich kommt?«
Kalten nickte. »Aus dieser Straße dort.«
Sperber kratzte sich grübelnd an seinem Roßhaarbart.
»Wenn du den abreißt, wird Sephrenia dich übers Knie legen und dir den Hintern versohlen!«
Hastig nahm Sperber die Hand vom Gesicht. »Hat Krager sich heute schon eine Flasche geholt?«
Wieder nickte Kalten. »Vor etwa zwei Stunden.«
»Er wird die erste Flasche ziemlich schnell leeren. Wenn er wie früher säuft, wird er sich nach dem Aufwachen nicht nur schlecht fühlen, sondern auch Nachdurst haben.« Sperber schaute sich auf dem belebten Markt um. »Gehen wir ein Stück die Straße hoch, wo nicht ganz so viele Leute sind, und warten auf ihn. Sobald seine Flasche leer ist, wird er sich eine neue holen.«
»Dann sieht er uns doch! Immerhin kennt er uns beide!«
Sperber schüttelte den Kopf. »Er ist so kurzsichtig, daß er kaum weiter als seine Nasenspitze sehen kann. Außerdem würde er nach einer Flasche Wein nicht einmal seine eigene Mutter erkennen.«
»Krager hat eine Mutter?« Kalten tat erstaunt. »Ich dachte, er wäre einfach unter einem verrotteten Baumstamm hervorgekrochen.«
Sperber lachte. »Suchen wir ein geeignetes Fleckchen, wo wir auf ihn warten können.«
»Dürfen wir lauern?« fragte Kalten eifrig. »Ich hatte seit Jahren keine Gelegenheit mehr dazu.«
»Dann lauere, mein Freund.«
Sie schritten die Straße hoch, auf die der Weinhändler gedeutet hatte. Nach einigen hundert Schritten zeigte Sperber auf eine schmale Gasse.
»Dort wäre vielleicht eine günstige Stelle, um ihm aufzulauern. Wenn Krager
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