Elenium-Triologie
gleicht?« fragte er Sephrenia neugierig.
Sie lächelte. »Wenn Ihr das nächste Mal in den Stall geht, dann seht Euch den Schweif Eures Pferdes nicht zu genau an.«
»Mein Rappe?«
»Er war das einzige schwarze Pferd im ganzen Stall, Vanion, und sehr viel brauchte ich ja nicht.«
»Mein Pferd?« wiederholte er gekränkt.
»Wir alle müssen dann und wann Opfer bringen«, sagte sie. »Das verlangt der Pandionische Eid, oder habt Ihr das vergessen?«
5
Der Wagen war klapprig, und das Zugpferd lahmte. Sperber lümmelte auf dem Kutschbock, die Zügel lässig in einer Hand, und achtete scheinbar kaum auf die vielen Menschen ringsum.
Die Räder wackelten und knarrten, als der Wagen über Unebenheiten der gepflasterten Straße holperte. »Sperber, mußt du unbedingt durch jedes Loch und über jeden Stein fahren?« Kaltens Stimme klang gedämpft durch die Kisten und Ballen, die im Wagen um ihn aufgestapelt waren.
»Sei still!« zischte Sperber. »Da kommen zwei Kirchensoldaten!«
Kalten stieß ein paar saftige Flüche aus, ehe er verstummte.
Der Gesichtsausdruck der Kirchensoldaten in ihren roten Uniformen wirkte ausgesprochen verächtlich, während sie durch die belebten Straßen schritten. Die Arbeiter und blaubekittelten Händler machten ihnen eilig Platz. Sperber zügelte seine Schindmähre und hielt den Wagen direkt in Straßenmitte an, so daß die Soldaten gezwungen waren, um ihn herumzugehen. »Morgen, die Herren«, grüßte er sie.
Sie funkelten ihn finster an und schritten um den Wagen herum.
»Einen schönen Tag!« rief Sperber ihnen nach.
Sie achteten nicht auf ihn.
»Was sollte das denn?« fragte Kalten leise.
»Wollte nur meine Verkleidung prüfen«, antwortete Sperber und schüttelte die Zügel.
»Und?«
»Und was?«
»Alles in Ordnung?«
»Sie haben mir nicht einmal einen zweiten Blick gegönnt.«
»Wie weit ist es denn noch zur Herberge? Ich ersticke schier unter all dem Zeug!«
»Nicht mehr sehr weit.«
»Überrasch mich doch mal, Sperber. Fahr ausnahmsweise um wenigstens ein Schlagloch und eine Unebenheit herum – nur der Abwechslung halber.«
Der Wagen holperte weiter.
Am verriegelten Herbergstor kletterte Sperber vom Kutschbock und klopfte das rhythmische Signal auf das dicke Holz. Kurz darauf öffnete der Pförtner das Tor. Er musterte Sperber, dann sagte er: »Tut mir leid, Freund, aber die Herberge ist voll belegt.«
»Wir haben nicht vor zu bleiben, werter Herr«, entgegnete Sperber. »Wir bringen lediglich ein paar Vorräte aus dem Ordenshaus.«
Die Augen des Pförtners weiteten sich. Er betrachtete den breitschultrigen Mann eingehender. »Seid Ihr es, Ritter Sperber?« fragte er schließlich ungläubig. »Ich hatte Euch nicht erkannt.«
»Das ist ja der Zweck der Übung. Man soll mich gerade nicht erkennen.«
Der Pförtner öffnete das Tor, und Sperber führte den müden Gaul auf den Hof. »Du kannst jetzt raus«, rief er Kalten zu, nachdem der Pförtner das Tor wieder verriegelt hatte.
»Du mußt mich erst mal von all dem Zeug befreien!«
Sperber schob einige Kisten zur Seite, und Kalten wand sich heraus.
Der Pförtner bedachte den großen Blonden mit einem belustigten Blick.
»Heraus damit! Sagt es schon!« forderte Kalten ihn wütend auf.
»Daran würde ich nicht einmal im Traum denken, Herr Ritter.«
Sperber hob eine längliche Kiste vom Wagen und legte sie sich auf die Schulter. »Laßt Euch von jemandem beim Abladen helfen«, riet er dem Pförtner. »Hochmeister Vanion schickt Euch diese Sachen. Und kümmert Euch bitte um das Pferd. Es ist müde.«
»Müde? Halbtot wäre zutreffender.« Der Pförtner betrachtete das klapprige Tier.
»Es ist nur alt. Irgendwann wird es uns nicht besser ergehen.
Ist die Hintertür zur Schenke offen?« Er blickte über den Hof zum Eingang.
»Sie ist immer offen, Ritter Sperber.«
Sperber nickte, und er und Kalten überquerten den Hof.
»Was ist in der Kiste, die du da schleppst?« fragte Kalten.
»Unsere Schwerter.«
»Sehr schlau, aber dürfte es nicht etwas schwierig sein, sie zu ziehen?«
»Nicht, wenn ich die Kiste erst aufs Pflaster geworfen habe.« Sperber öffnete die Tür. »Nach Euch, mein Herr.« Er verbeugte sich spöttisch.
Sie tasteten sich durch einen überfüllten Lagerraum und gelangten in eine schäbige Schenke. Das einzige Fenster war blind von einer scheinbar jahrhundertealten Staubschicht, und das Stroh auf dem Boden vermoderte. Die Schankstube stank nach abgestandenem Bier, verschüttetem
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