Elenium-Triologie
Gedanke kam auch mir.«
»Ich nehme an, Euer Bericht wird sehr präzise sein?«
»Das ist meine Pflicht, Hochmeister Abriel«, antwortete Dolmant salbungsvoll. »Da ich selbst Angehöriger der Hierokratie bin, kann ich doch unmöglich irgendwelche Tatsachen verheimlichen, nicht wahr? Ich werde dem Hohen Kirchenrat die ganze Wahrheit vortragen müssen.«
»Anders wünschen wir es auch gar nicht, Eminenz.«
»Wir müssen uns eingehend darüber unterhalten, Vanion«, sagte Darellon, der Ordensführer der alzionischen Ritter nun ernst. »Diesmal wurde ein Komplott gegen Euren Orden geschmiedet, doch es betrifft uns alle. Das nächste Mal könnte es gegen einen anderen von uns gerichtet sein. Könnten wir irgendwo darüber reden, wo wir vor fremden Ohren völlig sicher sind?«
»In unserem Ordenshaus am Ostrand der Stadt«, entgegnete Vanion. »Ich kann garantieren, daß sich keine Spitzel des Primas innerhalb seiner Mauern aufhalten.«
Während sie durch das Schloßtor ritten, fiel Sperber etwas ein, das er fast vergessen hätte. Er hielt Faran zurück, bis Kurik, der am Ende der Kolonne ritt, ihn eingeholt hatte.
»Was ist los?« fragte sein alter Freund.
»Halten wir an, ich möchte mit dem Betteljungen sprechen.«
»Das zeugt nicht von guten Manieren, Sperber. Zu einem Treffen aller vier Hochmeister kommt es vielleicht einmal im Leben, und zweifellos wollen sie dir Fragen stellen.«
»Wir können sie einholen, ehe sie das Ordenshaus erreichen.«
»Was willst du eigentlich von einem Betteljungen?« fragte Kurik gereizt.
»Er arbeitet für mich.« Sperber musterte seinen Freund.
»Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen, Kurik?«
»Nicht so wichtig«, knurrte Kurik.
Talen kauerte noch in dem Mauerwinkel. Er hatte sich fest in seinen zerlumpten Umhang gewickelt und bibberte.
Sperber saß ein paar Schritte entfernt ab und tat, als schnalle er den Sattel fester. »Was wolltest du mir sagen?« fragte er leise.
»Der Mann, den ich für Euch beschatten sollte«, begann Talen, »Krager? Er verließ Cimmura ungefähr zur selben Zeit wie Ihr, kehrte jedoch etwa eine Woche darauf zurück. Er hatte jemand bei sich – einen Kerl, der auffällt, weil er weißes Haar hat, obwohl er noch gar nicht so alt ist. Jedenfalls verschwanden sie im Haus dieses Barons, der so scharf auf kleine Jungs ist. Sie blieben mehrere Stunden bei ihm, dann verließen sie die Stadt wieder. Am Osttor kam ich so nah an sie heran, daß ich hören konnte, was sie zum Torwächter sagten, als er fragte, wohin sie reisen. Nach Cammorien.«
»Tüchtiger Junge«, lobte Sperber und warf eine Goldkrone in die Bettelschale.
Talen zuckte die Schultern. »Ein Kinderspiel.« Er biß der probehalber in die Münze und steckte sie dann unter seinen Kittel. »Danke, Sperber.«
»Warum hast du es denn dem Pförtner in der Rosenstraße nicht gesagt?«
»Die Herberge wird beobachtet, und ich wollte kein Risiko eingehen.« Talen blickte über die Schulter des Ritters. »Hallo, Kurik. Hab' dich schon lang nicht mehr gesehen.«
»Ihr zwei kennt euch?« fragte Sperber leicht überrascht.
Kurik errötete verlegen.
»Ihr würdet nicht glauben, wie lange wir schon befreundet sind, Sperber«, sagte Talen mit einem verschmitzten Blick auf Kurik.
»Das reicht, Talen!« wies Kurik ihn scharf zurecht. Dann wurde seine Miene ein wenig weicher. »Wie geht es deiner Mutter.« Seltsam gefühlvoll klang seine Stimme.
»Es geht ihr ganz gut. Wenn man zusammenrechnet, was ich verdiene und was du ihr hin und wieder gibst, hat sie ein recht ordentliches Auskommen.«
»Werde ich im dunkeln gelassen?« erkundigte sich Sperber freundlich.
»Es ist rein persönlich, Sperber«, erklärte ihm Kurik. Dann wandte er sich wieder an den Jungen und fragte scharf: »Was machst du auf der Straße, Talen?«
»Ich bettle, Kurik. Siehst du?« Talen hielt seine Schale hoch. »Dafür ist sie da. Möchtest du vielleicht um alter Zeiten willen etwas reinwerfen?«
»Ich habe dich in eine gute Schule geschickt, Junge!«
»Oh, sie war wirklich sehr gut, das versicherte der Schulmeister uns dreimal am Tag – bei den Mahlzeiten. Er und die anderen Lehrer aßen Fleisch, und die Schüler bekamen Haferbrei. Ich mag Haferbrei nicht sehr, deshalb ging ich in eine andere Schule.« Er deutete weitausholend auf die Straße. »Das ist jetzt mein Klassenzimmer. Gefällt es dir? Der Unterricht, die Fächer, die ich hier lerne, sind weit nützlicher als Rhetorik oder Philosophie oder diese
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