Elenium-Triologie
das gleiche Blut, wißt Ihr? Vielleicht fließt es durch ihre Adern ebenso heiß wie meines. Wenn Ihr es mit mir versucht, könntet Ihr es in Erfahrung bringen und später Vergleiche ziehen.«
Angewidert wandte er sich ab, und wieder lachte sie.
»Soll ich um Pergament und Tinte rufen, Prinzessin?« fragte Dolmant, »damit wir, um das Gerücht zum Verstummen zu bringen, Eure Erklärung aufsetzen können, daß Ihr nicht vermählt wart?«
»Nein, Dolmant«, entgegnete sie. »Lieber nicht. Euer Vorschlag riecht mir zu sehr nach kirchlichem Interesse an dieser Sache. Die Kirche hat in letzter Zeit wenig Nettes für mich getan, weshalb also sollte ich mich ihretwegen dieser Mühe unterziehen? Wenn die Cimmuraner sich mit Gerüchten über mich vergnügen wollen, dann laßt sie doch. Sie haben sich die Lippen über die Wahrheit geleckt, laßt sie jetzt eine Lüge genießen.«
»Das ist Euer letztes Wort?«
»Nicht unbedingt. Sperber ist Ordensritter, Eminenz, und Ihr seid Patriarch. Warum befehlt Ihr ihm nicht, daß er versuchen soll mich zu überreden? Manchmal lasse ich mich ganz leicht überreden, manchmal auch nicht. Es kommt ganz darauf an, wer es versucht.«
»Ich glaube, wir sind hier fertig«, sagte Dolmant. »Guten Tag, Prinzessin.« Er drehte sich um und überquerte den winterbraunen Rasen.
»Kommt doch mal wieder, wenn Ihr Euren verknöcherten Freund nicht mitnehmen müßt, Sperber«, sagte Arissa. »Wir zwei könnten uns prächtig amüsieren.«
Er wandte sich ohne eine Antwort ab und folgte dem Patriarchen aus dem Garten. »Wir haben nur unsere Zeit vergeudet«, brummte er mit finsterer Miene.
»Aber nein, mein Junge«, entgegnete Dolmant heiter. »In ihrem Eifer, anstößig zu sein, hat die Prinzessin einen wichtigen Punkt im Kirchenrecht übersehen. Sie hat in Anwesenheit von zwei Kirchenmännern – Euch und mir – eine Aussage gemacht. Das ist ebenso gültig wie eine unterzeichnete Erklärung. Es genügt, daß wir unseren Eid auf ihre Richtigkeit ablegen.«
Sperber blinzelte. »Dolmant«, sagte er staunend, »Ihr seid der gerissenste Mann, den ich je kannte!«
»Es freut mich, daß Ihr zufrieden seid, mein Sohn.« Der Patriarch lächelte.
12
Sie verließen Kuriks Hof früh am nächsten Morgen. Aslade und ihre vier Söhne standen am Tor und winkten ihnen nach. Kurik wollte noch in Ruhe Abschied nehmen und versprach, den anderen bald zu folgen und rasch wieder zu ihnen zu stoßen.
»Reiten wir durch die Stadt, Sperber?« fragte Kalten.
»Lieber nicht. Wir können der Straße folgen, die im Norden vorbeiführt. Ich bin zwar ziemlich sicher, daß wir gesehen werden, aber wir wollen es ihnen nicht zu leicht machen.«
»Würdest du mir eine persönliche Bemerkung übelnehmen?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Du solltest ernsthaft daran denken, Kurik in den Ruhestand treten zu lassen, weißt du? Er wird älter und sollte mehr Zeit bei seiner Familie verbringen, statt daß du ihn durch die ganze Welt mitschleppst. Außerdem bist du, soviel ich weiß, der einzige Ordensritter, der noch einen Knappen hat. Gib ihm ein anständiges Ruhegeld, und laß ihn zu Hause bleiben.«
Sperber blinzelte in die Sonne, die über dem bewaldeten Berg östlich von Demos aufging. »Du hast wahrscheinlich recht.« Er nickte. »Aber wie soll ich ihm das beibringen? Mein Vater hat Kurik in meinen Dienst gestellt, noch ehe ich mein Noviziat beendet hatte. Es hat was damit zu tun, daß ich der Erbstreiter des Königshauses von Elenien bin.« Er lächelte schief. »Es ist eine archaische Position, die archaisches Brauchtum erfordert. Kurik ist mir mehr Freund denn Knappe, und ich werde ihm ganz gewiß nicht sagen, daß er zu alt ist, mir weiterhin zu dienen.«
Kurik holte sie ein, als sie an dem Kloster vorbeikamen, in das Prinzessin Arissa verbannt war. Sein bärtiges Gesicht wirkte ein bißchen wehmütig, doch rasch verdrängte eine entschlossene Miene diesen Ausdruck, und er straffte die Schultern.
Sperber blickte seinen Freund nachdenklich an und versuchte sich ein Leben ohne ihn vorzustellen. Er schüttelte den Kopf, er vermochte es nicht.
Die Straße nach Chyrellos führte durch einen Nadelwald. Die Sonne spitzte hier durch die Zweige und streute ihr Gold auf den Boden. Die Luft war zwar kalt und klar, doch frostfrei. Nach etwa einer Meile nahm Berit seinen Geschichtsunterricht mit Talen wieder auf. »Die Ordensritter stärkten ihre Position in Rendor, als die Kunde nach Chyrellos gelangte, daß Kaiser Otha
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