Elenium-Triologie
von Zemoch eine gewaltige Armee zusammengestellt hatte und in Lamorkand einmarschierte.«
»Wartet!« unterbrach ihn Talen. »Wann geschah das alles?«
»Vor etwa fünfhundert Jahren.«
»Das war also nicht derselbe Otha, von dem Kalten vor ein paar Tagen sprach?«
»Soviel wir wissen, schon.«
»Das ist unmöglich, Berit!«
»Otha ist etwa neunzehnhundert Jahre alt«, warf Sephrenia ein.
»Ich dachte, dies sei Geschichte, kein Märchen«, sagte der Junge leicht verärgert.
»Als Knabe begegnete Otha dem Älteren Gott Azash«, erklärte sie. »Die Älteren Götter von Styrikum verfügen über unbeschreibliche Kräfte und sind durch keinerlei Sittlichkeitsgefühl gebunden. Zu den Gaben, mit denen sie Menschen bedenken können, gehört die Verlängerung des Lebens. Das ist auch der Grund, weshalb manche Sterbliche bereit sind, diese Götter anzubeten.«
»Unsterblichkeit?« fragte Talen sie ungläubig.
»Nein«, entgegnete sie, »nicht Unsterblichkeit. Die kann kein Gott verleihen.«
»Der Gott der Elenier kann es«, widersprach Dolmant. »In geistiger Hinsicht jedenfalls.«
»Das ist ein interessanter theologischer Standpunkt, Eminenz.« Sephrenia lächelte. »Vielleicht kommen wir einmal dazu, uns darüber zu unterhalten. Jedenfalls«, fuhr sie fort, »als Otha versprach, Azash zu verehren, verlieh ihm der Gott ungeheure Macht, und Otha wurde schließlich Kaiser von Zemoch. Die Styriker und Elenier in Zemoch sind verschwägert, deshalb haben Zemocher nicht das unverfälschte Blut der einen oder der anderen Rasse.«
»Abscheulich in den Augen Gottes«, fügte Dolmant hinzu.
»Die styrischen Götter sehen es nicht viel anders«, pflichtete Sephrenia ihm bei. Wieder blickte sie Talen an. »Um Otha zu verstehen – und Zemoch – muß man Azash verstehen. Er ist die absolut böse Macht auf Erden. Die Rituale seiner Anbetung sind grauenvoll. Er schwelgt in Abartigkeit und Blut und den Qualen jener Bedauernswerten, die ihm als Opfer dargebracht werden. Dadurch, daß sie ihn anbeteten, verloren die Zemocher alles, was den Menschen gut macht, und als sie in Lamorkand einfielen, begingen sie unsagbare Greuel. Hätten ihre Armeen nur aus Zemochern bestanden, wäre es den normalen Streitkräften wahrscheinlich gelungen, die Invasoren zurückzuschlagen, doch Azash hatte sie mit Kreaturen der Unterwelt verstärkt.«
»Kobolde?« fragte Talen ungläubig.
»Nein, aber benutzen wir dieses Wort, denn ich würde gewiß den ganzen Vormittag dazu brauchen, die zwanzig oder noch mehr Arten unmenschlicher Kreaturen zu beschreiben, welche Azash unterstehen, und ich glaube nicht, daß dir ihre Beschreibung gefallen würde.«
»Dieses Gerede wird von Minute zu Minute unglaubhafter«, sagte Talen kopfschüttelnd. »Ich finde die Geschichte und die Schlachten interessant, aber wenn ihr anfangt, von Kobolden und Feen zu schwafeln, habe ich bald genug. Ich bin schließlich kein Kind mehr!«
»Vielleicht wirst du es einmal verstehen – und glauben.« Sephrenia lächelte. »Fahrt fort, Berit.«
»Ja, Erhabene. Als die Kirche erkannte, welcher Art diese Streitkräfte waren, die Lamorkand überfallen hatten, riefen sie die Ordensritter aus Rendor zurück. Sie füllten die Reihen der vier Orden mit anderen Rittern und einfachen Kriegern auf, bis die Streitkräfte des Westens zahlenmäßig fast ebenso stark wie Othas zemochische Horden waren.«
»Kam es dann zur Schlacht?« fragte Talen da wieder eifrig.
»Zur größten Schlacht in der Geschichte der Menschheit«, erwiderte Berit. »Die gegnerischen Armeen prallten auf der Ebene von Lamorkand nahe dem Randerasee aufeinander. Die normale Schlacht war gewaltig, doch die übernatürliche, die dort ausgefochten wurde, war noch viel ungeheuerlicher. Wogen der Finsternis und Waberlohen fegten über das Schlachtfeld. Blitze zuckten vom Himmel, und Feuerzungen regneten herab. Ganze Bataillone wurden von der aufklaffenden Erde verschlungen oder von plötzlichem Feuer zu Asche verbrannt. Donner krachte unaufhörlich von Horizont zu Horizont, und der Erdboden wurde von Beben und hervorbrechenden Lavamassen zerrissen. Aber die geballte Magie der Ordensritter vermochte die Zauberangriffe der zemochischen Priester zu parieren. Drei volle Tage tobte die Schlacht, ehe die Zemocher zurückgeschlagen werden konnten. Ihr Rückzug wurde immer hektischer und planloser. Schließlich ergriffen Othas Horden die Flucht und rannten Hals über Kopf zur Grenze zurück.«
»Großartig!« rief Talen
Weitere Kostenlose Bücher