Elfen-Jagd
Luntenratte, immer eine Luntenratte – zumindest was den Gestank anging.
Die Sirene, Tandy und Johann wichen rechtzeitig zurück, um dem ersten Geratter zu entgehen. Doch Feuereiche war zu nahe dran: Die Biester umringten sie schwärmend, bissen sie in die Waden und ließen sie stolpern und stürzen.
Krach sprang auf sie zu und riß die Dryade mit einer Hand aus dem Gewühl. Einige der Ratten hatten sich an ihr festgebissen und kauten munter auf ihrer rindenähnlichen Haut herum. Sie kreischte und versuchte sie abzuwehren, doch sie hingen zäh an ihr fest und bissen ihr in die Hand.
Krach schüttelte sie durch, zögerte aber, zu heftig vorzugehen, um sie dabei nicht zu verletzen. Auch so verlor sie schon Rindenstücke und Blätter. Krach mußte die länglichen, fadenförmigen Luntenratten eine nach der anderen abkneifen, und ihre Klauen und Zähne hinterließen ihre Spuren auf der Haut der Dryade. Als er die letzte entfernt hatte, war Feuereiche in einem erbärmlichen Zustand. Aus zahllosen Kratzwunden sickerte Harz hervor, während der Rattenschwarm Krach umzingelte und dabei wütende kleine Explosionen von sich gab und die kleinen Ungeheuer versuchten, ihre Zähne in seine Füße zu schlagen und an seinen dicht behaarten Beinen emporzuklettern.
Krach stampfte kräftig auf, so daß die Lichtung zu beben begann und mit jedem Stampfen mehrere Ratten dran glauben mußten. Doch es waren Hunderte von Biestern, die mit rasender Geschwindigkeit von allen Seiten auf ihn zustürzten. Er konnte noch so schnell stampfen – es waren einfach zu viele. Der Oger wagte es auch nicht, die Dryade abzusetzen, um seine Hände freizubekommen, und so nutzte ihm seine gewaltige Kraft nur wenig gegen diese vergleichsweise leicht verwundbaren kleinen Feinde.
»Laßt ihn in Frieden!« schrie Tandy aus sicherer Entfernung. »Laßt ihn in Ruhe, ihr Ratten!« Sie schien wirklich wütend zu sein. Es war beinahe so, als wollte sie ihn vor den Gegnern beschützen. Das war natürlich eine lachhafte Umkehrung des wahren Sachverhalts, dennoch bewegte es ihn auf seltene Weise.
Krach stampfte von dem Baum fort, doch die Luntenratten blieben ihm dicht auf den Fersen. Um wegzulaufen, hätte er zwei Dinge tun müssen: die Dryade in seinen Armen durchschaukeln und vor einer erkannten Gefahr fliehen. Das erstere würde eine andere Person gefährden, während das andere ihm gefühlsmäßig zuhöchst mißfiel. Also bewegte er sich nur langsam vorwärts und stampfte auf die Ratten ein, während die ersten von ihnen bereits seine Beine emporhuschten.
Da schoß Tandys Arm vor, als würde sie einen Stein werfen. Ihr Gesicht war rot angelaufen, ihre Zähne gebleckt, ihr Körper steif, als befände sie sich in einem Zustand unaussprechlicher Wut – doch in ihrer Hand hielt sie keinen Stein. Sie warf mit Nichts.
Irgend etwas explodierte zu Krachs Füßen, aber es war etwas weitaus Gewaltigeres als die kleinen, harmlosen Puffer der Luntenratten. Er wurde beinahe umgeworfen und konnte nur mit Mühe sein Gleichgewicht halten. Um ihn herum lagen die Ratten wie betäubt mit den Bäuchen nach oben.
Er stand da und betrachtete das Gemetzel, ohne sich zu bewegen, weil seine Beine betäubt waren. Dann setzte er die Dryade ab, die mit gezierten Bewegungen über die Rattenkörper davoneilte. »Was ist passiert?«
Tandy klang verlegen. »Ich habe einen Wutkoller bekommen und den geworfen.«
Krach ließ die zuckenden Ratten liegen und schritt zu Tandy hinüber. Seine Füße fühlten sich an, als sei das Fleisch von den Knochen geschmolzen, obwohl das gar nicht stimmte. »Ist das ein Zauber?«
»Das ist schlechte Laune, mein Talent«, sagte sie mit niedergeschlagenen Augen. »Wenn ich in Rage gerate, schleudere ich mit Wutkollern um mich. Manchmal richte ich damit eine Menge Schaden an. Es tut mir leid. Ich hätte meine Gefühle besser beherrschen sollen.«
»Das tut dir leid?« fragte Krach verwirrt und blickte zu dem geschlagenen Rattenschwarm hinab. »Das ist doch ein wunderbares Talent!«
»Ja, klar«, meinte sie ironisch.
»Meine Mutter hatte ein ähnliches Talent. Nur daß sie natürlich ein fluchendes Strudelungeheuer war und deshalb mit Flüchen um sich warf.«
»Vielleicht habe ich ja ein Fluchungeheuer in der Familie«, sagte Tandy säuerlich. »Mein Vater Crombie entstammt einem alten Soldatengeschlecht, und die kommen ziemlich viel in der Gegend herum.«
Nun traten die anderen zu ihnen. »Hast du das etwa getan, Tandy?« fragte Feuereiche. »Da
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