Elfen-Jagd
hast du mir aber eine Menge Unbill erspart! Wenn Krach mich mitten unter diesen widerlichen Luntenratten abgesetzt hätte oder wenn sie an ihm emporgeklettert wären und mich wieder erwischt hätten, wie sie es ja wohl vorhatten…« Sie schnitt eine Grimasse und befühlte ihre Wunden. Offenbar war ihr nicht sonderlich wohl.
»Für die Urwälder Xanths ist das ein äußerst nützliches Talent«, sagte die Sirene.
»Meinst du wirklich?« Tandys Miene erhellte sich. »Ich dachte immer, es wäre etwas Unschönes, destruktiv zu sein.«
»Etwas Unschönes?« fragte Krach erstaunt.
Da mußten sie alle lachen. »Manchmal ist es das ja vielleicht auch«, meinte die Sirene.
Nun fanden sie etwas echtes Gemüse für ihr Mittagessen und machten sich schließlich wieder auf den Weg. Doch schon bald hörten sie ein wildes, heftiges Schnüffeln und Grunzen vor sich, ganz dicht am Boden. »Oh, das könnte ein erkälteter Drache sein«, sagte Johann besorgt. »Ich kann nicht behaupten, daß ich Drachen sonderlich mag. Die sind mir einfach zu heiß.«
»Ich geh’ mal nachsehen«, sagte Krach. Er stellte fest, daß ihm diese Reise ganz gut zu gefallen begann. Gewalttätigkeit gehörte von Natur aus zu seinem Wesen – doch nun hatte er Leute, auf die er aufpassen mußte, so daß sie eine zusätzliche Rechtfertigung erhielt. Es war viel befriedigender, einen Drachen zu Klump zu hauen, um eine Versammlung hübscher kleiner Mädchen zu beschützen, als es einfach nur so zu tun. Die Schlauschlinge zwang ihn dazu, seine Handlungen zu hinterfragen, da war es ganz praktisch, auch noch die eine oder andere Begründung parat zu haben. Sobald dieser schreckliche Fluch von ihm genommen war, konnte er solche unpraktischen, lästigen Überlegungen dann getrost wieder vergessen.
Er schritt um einen Bürstenbusch und blieb mit geballten Fäusten enttäuscht vor dem Ungeheuer stehen. Es war gar kein Drache, sondern ein kleiner Wutz mit einer abgeplatteten Nase und einem Kringelschwanz. Doch das Wesen schnaubte wie ein riesiges Feuerungeheuer.
Krach seufzte. Er packte den Wutz am Schwanz und schleuderte ihn in das Gestrüpp. »Alles in Ordnung!« rief er.
Da kamen die anderen hinter dem Busch hervor. »Ist er fort?« fragt Tandy. »Wir haben gar keinen Kampf gehört.«
»War nur ein kleines Geplänkel«, sagte der Oger angewidert. Und dabei hatte er sich so sehr auf eine schöne Rauferei gefreut!
»Ein anderer hätte ihn wahrscheinlich als den schlimmsten aller Drachen beschrieben«, meinte die Sirene.
»Warum das denn?«
»Um den Anschein zu erwecken, daß er eine äußerst tapfere Tat vollbracht hat.«
»Warum sollte man so etwas tun?« fragte Krach verwundert.
Sie lächelte. »Anscheinend leidest du nicht unter diesem Syndrom.«
»Ich leide unter dem Fluch der Schlauschlinge.«
»Mach dir nichts draus, Krach«, sagte Tandy tröstend. »Irgendwann treffen wir bestimmt noch auf einen echten Drachen.«
»Ja«, sagte der Oger und gewann seine gute Laune zurück. Schließlich ging man mit Enttäuschung am besten so um, daß man sich über sie erhob. Das hatte ihm die Schlauschlinge beigebracht.
»Da wir gerade von Drachen sprechen«, sagte Johann. »Unter Elfen erzählt man sich eine Geschichte über Drachen und ihre Körperteile, und ich wollte schon immer wissen, ob die stimmt.«
»Ich bin schon einigen Drachen begegnet«, sagte Krach. »Was ist das denn für eine Geschichte?«
»Es heißt, daß man, wenn man einem Drachen ein Ohr abreißt, damit wundersame Dinge hören kann.«
Krach kratzte sich am Kopf. Erschreckt sprangen einige Flöhe davon. Jetzt, da sein Schädel sich bei Denkversuchen nicht mehr so erhitzte wie früher, unterlagen sie keiner natürlichen Kontrolle mehr. »Das habe ich noch nie ausprobiert.«
»Es muß wohl schwierig sein, an ein Drachenohr heranzukommen«, bemerkte Tandy. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie es gerne freiwillig hergeben.«
Feuereiche dachte nach. »Es gibt Geschichten, die sich die Spottdrosseln erzählen, um damit die Unwissenden zu verspotten. Manchmal haben sie in meinem Baum genistet und sich die wunderlichsten Dinge erzählt, und ich wußte nie genau, wieviel ich davon glauben konnte und wieviel nicht. Eine von ihnen erzählte mal von Drachenohren. Sie sagte, daß ein solches Ohr immer dann zuckt, wenn über denjenigen, der es in der Hand hält, irgendwo etwas von Interesse erzählt wird, so daß man es immer genau weiß. Aber oft sind solche Nachrichten recht unangenehm, denn
Weitere Kostenlose Bücher