Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
Nacht.
Edro spürte plötzlich eine seltsame Vertrautheit zu diesem abscheulichen Wesen. Dennoch hielt er die Hand am Schwertgriff.
Man konnte kein Risiko eingehen!
"Was wollt Ihr auf meinem Schiff, Fremder?", fragte Kapitän Jakad barsch.
Wütend stand er da, mit einem gebogenen Säbel in der Hand.
Aber der Schatten hüllte sich in Schweigen. Ein eisiger Hauch ging von ihm aus und Edro spürte dieses ganz genau. Es war ein ähnlicher Hauch, wie er auch von der Schwarzen Blume des Todes im Garten der weinenden Seelen ausgegangen war. Es war eine unmenschliche Kälte.
"Wer seid Ihr?", schrie Jakad jetzt, aber den Düsteren schien dies überhaupt nicht zu beeindrucken.
Er wandte sich an Edro.
"Warum seid Ihr mir davongelaufen?"
"Ich bin Euch nicht davongelaufen. Ich wollte ohnehin aus Rolsur heraus."
"Ich glaube Euch kein Wort."
"Glaubt was Ihr wollt, Fremder. Es ist mir gleichgültig."
"Ihr lügt schon wieder, Ihr belügt nicht nur mich, sondern gleichzeitig Euch selbst. Warum tut Ihr das?"
"Ich tue es nicht!"
"Ihr tut es doch!"
"Lasst mich doch endlich in Frieden! Habt Ihr mich nicht bereits zu genüge geärgert?"
"Ich befehle Euch, fremder Dämon, geht augenblicklich wieder dorthin zurück, woher Ihr gekommen seid", rief Jakad wütend.
Aber der seltsame Düstere schüttelte betrübt den Kopf.
"Nein, ich werde hierbleiben."
Eine erschreckende Bestimmtheit lag in den Worten des Unheimliche. Nein, diese Stimme duldete keinen Widerspruch.
"Na schön, Ihr könnt bleiben. Aber nur, wenn Ihr für diese Reise auch bezahlt, wie alle anderen Passagiere auch!"
Der Düstere nickte.
"Einverstanden", erklärte er.
"Was könnt Ihr mir geben?"
"Ich gebe Euch Euer Leben, Kapitän. Ist das nicht viel? Ist das nicht viel mehr, als ein ganzer Sack voll Gold?"
"Schuft!"
Die LARA KARWING verlangsamte jetzt die Fahrt wieder und das Leben an Bord begann sich trotz der Anwesenheit des Düsteren bald wieder zu normalisieren.
Der Zwerg mit dem langen Bart nahm Edro beim Arm und zog ihn etwas von den anderen weg.
"Habt Ihr eigentlich bereits bemerkt, dass Ihr keinen Schatten werft?", fragte der Zwerg und seine Augen funkelten seltsam.
"Ja, ich habe es bemerkt. Was wollt Ihr?"
"So seltsam die Passagiere dieses Schiffes auch sein mögen: Alle außer Euch werfen einen Schatten. Woran liegt es, dass Ihr keinen werft? Was meint Ihr?"
Edro zuckte mit den Schultern.
"Es ist mir wirklich völlig egal, ob ich nun einen Schatten werfe oder nicht. Wirklich, Herr Zwerg, es kümmert mich nicht, genauso wie mich dieser seltsame Dämon nicht kümmert."
"Er scheint aber merkwürdigerweise ein Interesse an Euch zu haben!" stellte der Zwerg in seiner unbekümmerten Art fest.
"Lasst mich in Ruhe!"
"Habt Ihr schon über die Möglichkeit nachgedacht, dass der Düstere Euer Schatten sein könnte? Schließlich ist er ebenso groß wie Ihr und dem Aussehen nach könnte er sehr wohl Euer Schatten sein!`
"Und was kümmert's mich?"
Edro blickte in die bodenlos tiefen, uralten blauen Augen des Zwerges.
"Ihr habt ebenso wie ich schon über diese Möglichkeit nachgedacht, dass sehe ich Euch an."
"Ich finde, dass Euch diese Geschichte verdammt wenig angeht!"
"Mag sein", antwortete der Zwerg nur und ging davon.
*
Gegen Abend ging Edro in die ihm zugewiesene Kabine. Er schloss die Tür ab, aber trotzdem ging sie dann plötzlich auf...
Der Düstere trat herein.
"Verschwindet! Ich habe Euch nicht eingeladen!", zischte Edro und seine Stimme klang gefährlich.
"Ich glaube, es ist jetzt Zeit für ein ausführliches Gespräch zwischen uns beiden!", erklärte der Düstere, aber Edro schüttelte mit dem Kopf.
"Ich habe Euch nichts zu sagen, also geht!"
"Dafür habe ich Euch umso mehr zu sagen, Herr Edro!" Mit einer blitzartigen Bewegung sprang Edro auf und zog sein Schwert.
"Geht, sage ich! Habt Ihr mich verstanden?"
Der Düstere antwortete nicht und Edro begann seine übereilte Handlungsweise schon zu bereuen.
"Steckt Euer Schwert weg. Ich habe mit Euch zu reden!"
"Ich stecke mein Schwert erst dann wieder ein, wenn Ihr gegangen seid!"
Wieder Schweigen.
Edro starrte in die gähnende, bodenlose Finsternis des vor ihm stehenden Schatten. Auch er warf keinen Schatten.
(Wie sollte er auch? Er war ja schließlich selbst ein Schatten, oder?)
Langsam und bedächtig zog auch der Schatten sein Schwert hervor. Es war von der gleichen undurchdringlichen Schwärze, wie er selbst.
"Ich habe diesen Kampf nie gewollt, Edro, aber vielleicht
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