Elfen wie Diamant
klopfen, überlegte es sich dann jedoch anders. Der Mann war schon nervös genug. »Sollte sich unser Kurs erneut ändern, Kapitän, verständigen Sie mich. Ansonsten gehen wir davon aus, dass wir flussaufwärts segeln, und werden entsprechend planen.« Er nahm dem Kapitän die Karte aus der Hand und folgte Pimmer aufs Deck.
Er wollte gerade in den Durchgang treten, der zu seiner Kabine führte, als er etwas hörte. Es war so weit entfernt und so leise, dass er sich einen Moment nicht sicher war, ob er sich das nicht nur einbildete, und wollte es gerade als Hirngespinst abtun, als er es erneut hörte.
»Colonel?«, meinte Pimmer.
»Hören Sie das?«
»Was denn? Ich höre nur das Schiff und den Wind.«
Konowa schüttelte den Kopf. »Nein, da ist noch etwas anderes.« Er lauschte erneut angestrengt, und diesmal konnte er ausmachen, woher es kam. Es kam von seinem Vater. »Gehen Sie schon voraus. Ich bin in ein paar Minuten bei Ihnen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte er sich um und ging zu seinem Vater, der sich, wie ihm auffiel, in die Richtung gedreht hatte, in die sie jetzt segelten, und zwar bevor das Schiff überhaupt den Kurs geändert hatte. Als er näher kam, hörte er es erneut. Es war ein ⦠Murmeln, vielleicht auch eine Anrufung. Er trat dichter vor seinen Vater und blickte ihm scharf ins Gesicht. Jurwan hatte die Augen geschlossen, aber seine Lippen bewegten sich. Konowa beugte sich vor. Die Anrufung kam nicht von seinem Vater, aber seine Lippen bewegten sich vollkommen synchron damit. Entweder hörte Jurwan es auch, oder er kontrollierte es irgendwie.
Konowa blickte zu der Stelle, wo der Hauptmast gewesen
war. Er hatte bis jetzt angenommen, dass alles, was am Hafen geschehen war, das Werk seiner Mutter gewesen wäre. Plötzlich sah er, dass Tyul, der vollkommen verrückte Elf, in dem schimmernden Baum saÃ, auf einem seiner obersten Zweige, wo er sich vor- und zurückwiegte. Wie er dorthin gelangt war, ganz zu schweigen davon, wie es ihm gelang, dort oben zu bleiben, konnte Konowa sich beim besten Willen nicht vorstellen. Hatte der magische Sturm im Hafen ihn dorthin befördert? Ganz offenbar musste Tyuls Verbindung mit seiner groÃen Silbernen Wolfseiche eine entscheidende Rolle spielen. Konowa schüttelte den Kopf und sah seinen Vater wieder an â und starrte in dessen geöffnete Augen.
»Ich weiÃ, dass sie tot ist, und ich werde zu gegebener Zeit um sie trauern«, sagte Jurwan.
Konowa sprang zurück und wäre fast über die Reling gekippt. »Verdammt, Vater! Mit so etwas kannst du selbst einen Elfen zu Tode erschrecken! Wie lange bist du schon wieder zurück?«
Jurwan seufzte und lockerte die Schultern, als wäre er gerade aufgewacht. »Ich war nie weg, ich war nur nicht hier.«
Konowa stöhnte. »Ich hatte ganz vergessen, wie lustig es ist, sich mit dir zu unterhalten.« Er wollte seinen Vater umarmen, doch dann fiel ihm der Frostfeuer ein, und er unterlieà es. »Ich habe dich vermisst.«
Jurwan streckte die Arme aus, schlang sie um seinen Sohn und drückte ihn fest an sich. Konowa war zuerst viel zu überrascht, um reagieren zu können, doch dann erwiderte er die Umarmung. Zwischen ihnen loderte kein Frostfeuer. Als Jurwan Konowa loslieÃ, hatte er Tränen in den Augen. »Es tut mir so leid um deine Mutter. Sie hatte schon immer einen sehr starken Willen. Ihr beide seid euch sehr ähnlich.«
Es war das erste Mal, dass Konowa seinen Vater so etwas sagen hörte. Bis zu diesem Moment hätte er über diesen Vergleich
gelacht, doch jetzt berührten ihn die Worte seines Vaters so tief, dass er kurz davor war, selbst in Tränen auszubrechen. Er hustete und deutete auf seinen Vater. »Da war kein Frostfeuer.«
»Ich habe die schwarze Eichel eine Weile mit mir herumgetragen, sodass ein bisschen von ihrem Gift auf mich übergegangen ist«, erklärte er.
»Geht es dir gut?«, erkundigte sich Konowa.
Jurwan hob eine Hand an seine Wange, als wollte er sich über einen Bart streichen, doch dann wischte er sich nur ein paar Haare aus den Augen. »So wie Wasser im Regen oder im Schlamm.«
»Ich nehme an, das genügt wohl«, antwortete Konowa. Er deutete auf das Meer um sie herum. »Bist du das? Bist du derjenige, der uns antreibt?«
Statt einer Antwort ging Jurwan zu dem Bereich, wo zuvor der Hauptmast
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