Elfenbann
sie.
»Ach ja«, erwiderte Katya herablassend. Sie nahm Laurel an beiden Händen und ließ Tamani links liegen. »Jetzt komm mal her und erklär, was du da bloß anhast.«
Als Katya den steifen Stoff ihres Jeansrocks befühlte, lachte Laurel, aber für Tamani schnitt sie eine Grimasse, die er jedoch gar nicht mehr mitbekam. Er stand schon wieder mit abgewandtem Blick an der Wand.
Katya lümmelte sich elegant auf dem Bett, sodass die seidenen Bahnen ihres Nachthemds ihre anmutigen Kurven betonten und der tiefe Rückenausschnitt ihre vollkommene Haut zur Geltung brachte. Laurel fühlte sich in ihrem Top und Rock aus Baumwolle hässlich dagegen und wünschte fast, sie hätte Tamani nicht mit nach oben genommen. Doch dann gesellte sie sich zu ihrer Freundin, die über alle möglichen Dinge redete, die seit Laurels Abfahrt im letzten Monat in der Akademie geschehen waren. Laurel lächelte. Vor knapp einem Jahr hätte sie nie gedacht, dass auch sie in der fremden, abschreckenden Atmosphäre der Akademie etwas zu lachen haben und locker mit Freundinnen quatschen könnte. Allerdings hatte sie im Jahr davor ähnliche Bedenken gehabt, bevor sie auf die Highschool gewechselt war.
Die Dinge ändern sich , dachte sie, und ich mich mit ihnen.
Katya wurde plötzlich ernst und legte Laurel ihre Fingerspitzen an die Schläfen. »Du siehst wieder glücklich aus«, sagte Katya.
»Ach ja?«, fragte Laurel.
Katya nickte. »Versteh mich nicht falsch«, sagte sie auf ihre eigene formelle Art, »es war schön, dass du im Sommer hier warst, aber du warst traurig.« Sie musterte sie nachdenklich. »Ich wollte nicht bohren. Aber jetzt bin ich froh, dass du wieder glücklich bist.«
Laurel schwieg – so erstaunt war sie. War sie wirklich traurig gewesen? Sie wagte einen Blick auf Tamani, aber der schien gar nicht zuzuhören.
Doch auf einmal klopfte jemand laut an die Tür, und Laurel sprang vom Bett, um sie schwungvoll aufzureißen. Vor ihr stand Yeardley, groß und einschüchternd in einer lockeren Kniehose mit Kordelzug. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und trug wie immer keine Schuhe.
»Laurel, du hast nach mir verlangt?« Der Tonfall war streng, doch sein Blick war voller Wärme. Nachdem sie zwei Sommer lang zusammengearbeitet hatten, mochte er sie offenbar ganz gern, auch wenn er ihr weiterhin sehr viel aufgab. Vor allem war er nämlich ein anspruchsvoller Lehrer.
»Ja«, antwortete Laurel rasch. »Komm doch bitte herein.«
»Soll ich nicht lieber gehen?«, fragte Katya leise, als Laurel die Tür hinter Yeardley schließen wollte.
Laurel sah ihre Freundin an. »Nein … nein, ich wüsste nicht, warum.« Dann warf sie Tamani einen fragenden Blick zu. »Es geht wirklich nicht um etwas Geheimes; jedenfalls nichts, was in Avalon geheim wäre.«
Ihre Blicke trafen sich. Tamani sah gestresst aus, und Laurel erwartete eigentlich, dass er ihr widersprechen würde, doch dann sah er weg und zuckte die Achseln. Sie wandte sich wieder Yeardley zu.
»Ich suche nach einer Möglichkeit, die, äh, Jahreszeit einer Elfe zu testen.« Laurel wollte das Wort Kaste nicht in den Mund nehmen. Nicht in Tamanis Gegenwart und am liebsten überhaupt nicht.
»Männlich oder weiblich?«
»Weiblich.«
Yeardley hob lässig die Schultern. »Warte, bis sie blüht, oder sieh nach, ob männliche Wesen in ihrer Gegenwart Pollen produzieren.«
»Und was ist, wenn die Elfe noch nicht geblüht hat?«
»Dann kannst du im Archiv – das liegt im Keller – nachsehen, wer sie ist.«
»Sie ist aber nicht hier«, erwiderte Laurel. »Sondern in Kalifornien.«
»Eine Elfe in der Menschenwelt?«, fragte Yeardley mit schmalen Augen. »Außer dir und deinen Bewachern?«
Laurel nickte.
»Unselig?«
Die Unseligen waren für Laurel noch immer ein großes Geheimnis. Niemand redete direkt über sie, aber sie hatte hier und da aufgeschnappt, dass sie alle zusammen von der Außenwelt abgeschnitten außerhalb eines Tores lebten. »Das glaube ich nicht. Aber es gibt einige Unklarheiten … was ihre Vergangenheit betrifft, deshalb wissen wir es nicht genau.«
»Und sie weiß auch nicht, zu welcher Jahreszeit sie gehört?«
Laurel zögerte. »Das weiß ich nicht, weil ich sie nicht fragen kann.«
Yeardley dämmerte allmählich, wie kompliziert das Ganze war. »Ah, verstehe.« Seufzend legte er die Finger an die Lippen und überlegte. »Ich glaube nicht, dass dieses Problem schon jemals aufgetaucht wäre. Oder, Katya?«
»Wir führen genau Buch
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