Elfenbann
nervöse
Schweigen besser gefiel. »Vielleicht weißt du nichts von der Tradition, aber für diese Veranstaltung gilt Damenwahl. Das Mädchen darf sich aussuchen, mit wem es tanzt.«
»Weiß ich«, sagte Tamani ungerührt. »Ich hatte nicht vor, dich zu fragen.«
»Oh.« Laurel wünschte, die Erde würde sich auftun und sie verschlucken. »Dann ist es ja gut.«
»Yuki hat mich gefragt.«
Laurel war sprachlos. Dabei dürfte sie das eigentlich nicht so überraschen. Yuki war wahrscheinlich sogar einfach die erste von einer langen Reihe interessierter Mädchen.
»Ich wollte …« Er schwieg so lange, dass Laurel fürchtete, er würde den Satz gar nicht mehr beenden. »Ich wollte dich nur fragen«, fuhr er schließlich fort, »ob es irgendeinen Grund gibt, warum ich nicht Ja sagen sollte.« Dann sah er sie mit seinen hellgrünen Augen an, die in der untergehenden Sonne leuchteten.
Nein – das Leuchten in Tamanis Augen war mehr als eine Spiegelung. Es war das Feuer, das ihren Ärger und ihre Entschlossenheit dahinschmelzen ließ, wann immer sie es sah. Sie blinzelte und zwang sich, den Blick abzuwenden, bevor er sie blendete.
»Nein, natürlich nicht«, antwortete sie, so lässig sie konnte. »Du solltest unbedingt hingehen. Darum geht es hier schließlich, oder? Wir müssen herausfinden, was mit Yuki los ist.«
»Absolut«, sagte er. Laurel hätte beinahe geweint, als sie seine enttäuschte Stimme hörte. »Ich habe sogar gedacht,
ob es nicht schön wäre, wenn Yuki und ich und du und … David, wenn wir alle zusammen hingehen würden. Damit ihr euch endlich näherkommt, Yuki und du. Außerdem findet das abends statt, da bin ich lieber in deiner Nähe – für alle Fälle.« Er lächelte traurig. »Das ist eben mein Job.«
»Ja, ich weiß.« Auf einmal konnte Laurel es nicht abwarten, endlich ins Haus zu gehen. »Lass uns Montag darüber reden. Vielleicht kommen Chelsea und Ryan auch noch mit«, fügte sie in Gedanken an Davids ursprünglichen Plan hinzu.
»Je mehr desto besser, so sagt man doch bei euch, nicht wahr?«, sagte Tamani mit einem lahmen Lachen.
»Stimmt«, sagte Laurel. »Hey, ich muss gehen. Meine Eltern wissen nicht mal, dass ich schon längst zu Hause bin.« Sie lächelte ihn an.
»Kein Problem, geh schon.«
Laurel nickte und ging zur Veranda. Sie hatte gerade die Tür geöffnet, als Tamani noch einmal nach ihr rief.
»Laurel?«
»Ja?«
»Es tut mir leid. Wegen … neulich. Wegen dem, was ich getan habe. Ich habe mich daneben benommen.«
»Nicht so schlimm«, sagte Laurel und schluckte ihre Gefühle herunter. »Ich habe etwas gelernt … du weißt schon was. Das war also ganz gut. Wir sind immer noch Freunde.« Sie lächelte nervös. »Ich wünsche dir einen schönen Abend, Tamani.«
»Ich dir auch.« Tamani lächelte zurück – überzeugend wirkte das nicht.
Fünfzehn
D anach ging Laurel Tamani nicht mehr aus dem Weg, weil sie böse auf ihn war, sondern weil es so unangenehm und verwirrend war, mit ihm zu reden. Doch der Plan für den Tanzabend stand und Laurel hatte schließlich eine Aufgabe zu erledigen. In der darauffolgenden Woche fuhr sie schlechten Gewissens bei Chelsea vorbei, weil sie viel zu wenig Zeit für ihre beste Freundin gehabt hatte. Sie entschuldigte sich wortreich und schob alles auf die Zulassungstests.
»Und du glaubst wirklich, dass du diesmal besser warst?«, fragte Chelsea gut gelaunt.
»Ja«, antwortete Laurel, die immer noch darüber staunte, wie viel leichter ihr die Prüfung gefallen war, nachdem sie richtig dafür gelernt hatte. »Und ich habe fest vor, mich bei dem einen oder anderen College zu bewerben.«
»Ich finde das wirklich super, Laurel«, sagte Chelsea, aber sie hörte sich irgendwie seltsam an.
»Echt?« Laurel fühlte vorsichtig vor.
Chelsea sah sie mit einem gekünstelten Lächeln an. »Ja, wirklich. David hat vollkommen recht damit, dass du die Wahl haben solltest.«
»Wahlmöglichkeiten sind gut, aber es wäre besser, wenn
ich einfach wüsste, was ich will«, sagte Laurel. »So wie du. Du weißt es schon seit du, wie alt, zehn warst, oder?«
Chelsea nickte und brach dann zu Laurels Überraschung in Tränen aus.
»Chelsea!«, rief Laurel, lief zum Bett und umarmte ihre Freundin, die das Gesicht in den Händen verbarg und zwischen zwei Schluchzern nach Luft schnappte. »Chelsea«, sagte Laurel sanfter. »Was ist denn?« Als Chelsea weiter weinte, kamen ihr aus Mitgefühl auch die Tränen. Nach einer Weile holte Chelsea tief
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