Elfenblick
zumindest in Teilen geschildert.«
»Aber wie kann das sein?« Mageli konnte sich nicht vorstellen, wie ein Brief aus der Elfenstadt zu der Einsiedlerin unter dem Wasserfall hätte gelangen sollen. Und das auch noch schneller, als sie und Ondulas gewesen waren.
Alawin deutete neben sich auf den Felsen, und an der Stelle, auf die ihr Zeigefinger wies, entdeckte Mageli eine handtellergroße Eidechse mit einer rautenförmigen Maserung auf dem Rücken. Fragend hob sie die Augenbrauen.
»Das ist Silva«, stellte Alawin das kleine Tier vor. »Sie ist uns gelegentlich dabei behilflich, Botschaften auszutauschen.«
Mageli schüttelte leicht den Kopf. Sie verstand noch immer nicht.
»Es ist ganz einfach«, erklärte Alawin geduldig. »Wenn man ihr mitteilt, was sie übermitteln soll, dann behält sie diese Nachricht in ihrem Gedächtnis und überbringt sie an den gewünschten Empfänger. Natürlich muss man darauf achten, alles in Bildern auszudrücken, die auch für eine kleine Eidechse verständlich sind. Aber Rikjana und ich haben diese Bildersprache über die Jahre annähernd perfektioniert.«
»Ach so.« Mageli wusste wirklich nicht, was sie darauf erwidern sollte. Sie war erst so kurze Zeit hier und hatte schon eine solche Fülle beeindruckender Vorführungen von Alawins magischen Gaben erhalten, dass ihr der Kopf schwirrte. Und noch immer verstand sie nicht einen Bruchteil davon.
»Rikjana hat mir mitgeteilt, dass du eine starke magische Gabe in dir trägst. Unsere Gaben werden in der Regel von den Eltern an ihre Kinder vererbt. Da frage ich mich natürlich, wer deine Eltern sind. Sag, weißt du irgendetwas über deine Herkunft?«
Mageli schüttelte wieder nur stumm den Kopf. Nein, sie hatte keine Idee, wer ihre wahren Eltern waren. Und bisher hatte sie sich auch noch nicht viele Gedanken darüber gemacht, obwohl die Frage eigentlich naheliegend war.
Alawin schien bemerkt zu haben, dass Mageli das Thema unangenehm war. Statt nachzuhaken, fuhr sie fort: »Und nun bist du zu mir gekommen, um zu lernen.«
»Ja«, entgegnete Mageli mit Enthusiasmus. »Ich möchte so schnell wie möglich lernen, meine magische Gabe zu nutzen.«
»Soso.« Ein Lächeln huschte über Alawins Gesicht, ruhig und verständnisvoll, und sie legte Mageli eine ihrer beringten Hände leicht auf den Arm. »Magie lässt sich nicht schnell lernen, mein Kind. Magie ist eine Lebensaufgabe.«
Enttäuscht stieß Mageli die Luft aus. Warum hatten die anderen Elfen sie zur Eile getrieben, wenn Alawin davon überzeugt war, dass magische Fähigkeiten lange Zeit brauchten, um sich zu entfalten? Und wie sollte sie Erin helfen, wenn sie nicht bald in der Lage sein würde, sich dem Schattenfürsten entgegenzustellen?
»Aber ich muss es für Erin lernen«, platzte sie heraus. »Er braucht mich.«
»Der Prinz, soso. Ja, Rikjana deutete das an. Er ist krank, nicht wahr, oder besser gesagt, wird das behauptet. Ich habe da einen Verdacht, mein Kind. Aber du wirst mir zunächst einiges erklären müssen, bevor ich entscheiden kann, ob dieser der Wahrheit entspricht.«
Ein Verdacht? Das klang gut. Alawin war die Erste, die eine Idee zu haben schien, was mit Erin los war. Mit neuer Hoffnung nickte Mageli. »Ich habe zwar keine Ahnung, auf welche deiner Fragen ausgerechnet ich die Antwort kennen sollte. Aber bitte, wenn es hilft, Erin zu helfen, werde ich natürlich alles sagen, was ich weiß.«
»Was ich wissen muss, ist für dich vermutlich gar nicht schwer zu beantworten«, fuhr Alawin fort. »Es geht nur darum, wie du Erin getroffen hast, unter welchen Umständen, und was dabei passiert ist. Besonders interessiert mich, woher du so genau zu wissen glaubtest, dass dem Prinzen etwas zugestoßen war. Würdest du mir das erzählen?«
»Natürlich.« Auch wenn sie sich ein wenig über diese Fragen wunderte, berichtete Mageli Alawin möglichst genau von den wenigen Treffen, die sie mit Erin gehabt hatte. Anfangs kamen die Worte nur zögerlich, dann flossen sie ihr immer schneller über die Lippen. Es tat so gut, noch einmal alles erzählen zu können, was sie mit Erin erlebt hatte. Auch wenn sie wegließ, wie er sie geküsst hatte, denn das musste Alawin nun wirklich nicht wissen. Und auch die Szene, die sie ihm im Garten gemacht hatte, kürzte sie ein wenig zusammen, weil ihr ihre Vorwürfe mittlerweile leidtaten. Warum bloß hatte sie Erin damals nicht vertraut? Vielleicht wäre dann alles anders gekommen.
Nur mühsam konnte Mageli die Tränen
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