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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sollten, die sie aus den Schatten heraus beobachteten.
    Es gab nur eine einzige Tür, sodass ihr die Wahl nicht schwerfiel. Schnell und mit heftig klopfendem Herzen ging sie weiter, trat hindurch und fand sich auf einer weiteren, wenn auch sehr viel schmaleren Treppe wieder. Sie folgte ihr eine vollkommen unmögliche Anzahl von Stufen weit in die Höhe hinauf und gelangte schließlich in einen fensterlosen Gang aus schwarzem Stein. Mehrere Türen zweigten von ihm ab, doch Pia zögerte nicht einmal einen Sekundenbruchteil, die richtige zu wählen, durchquerte einen vollkommen leeren Raum ohne Fenster und überwand noch eine Treppe. Und so ging es weiter. Sie durchschritt Räume voller Staub und Spinnweben, durchquerte Säle, die so leer waren, dass nicht einmal die Dunkelheit darin Platz zu finden schien, ein Labyrinth aus Fluchten, Katakomben voller uralter Möbel, die schon durch den bloßen Luftzug ihres Vorübergehens zu Staub zerfielen, und noch mehr Kammern, Treppen und Säle. Während der ganzen Zeit musste Pia sich nicht einmal orientieren, sondern fand ihren Weg mit so traumwandlerischer Sicherheit, als wäre sie in diesem lichtlosen, kalten Labyrinth aufgewachsen.
    Und schließlich betrat sie den Thronsaal.
    Sie wusste es, noch bevor sie die gewaltige, offen stehende Tür durchschritt und sich das Licht der Fackel auf uraltem Silber und erblindetem Gold brach, lautlose Explosionen aus Licht in tausend Jahre altem Kristall und buntem Farbenregen aus noch älterem Edelstein aufflammen ließ. Sie hatte das Herz des Turmes erreicht. Vor ihr lag der Thronsaal des Hochkönigs.
    Pia blieb eine kleine Ewigkeit unter der Tür stehen und versuchte den unglaublichen Anblick in sich aufzunehmen. Der Raum war gigantisch, mindestens so groß wie die riesige Halle unten, wenn nicht größer, und genau wie sie hatte er nur sehr wenige schießschartenähnliche Fenster, durch die selbst tagsüber kaum Licht hereinfallen konnte.
    Trotzdem war es nicht dunkel. Das Licht der Fackel brach sich auf Hunderten glänzenden Flächen aus Metall, Glas oder Kristall, sodass sie zwar keine Einzelheiten erkennen konnte, aber immerhin einen allgemeinen Eindruck des Saales bekam – der schlichtweg atemberaubend war. Verrottete Möbel, mit staubverkrusteten Spinnweben verhangen wie mit alten grauen Segeln, bildeten ein Labyrinth aus Schatten und Hindernissen, und etwas, das gar nicht da war, schien sich zu bewegen.
    Warum war sie hergekommen? Pia weigerte sich, an einen Zufall zu glauben – dafür war dieses Gebäude einfach zu groß –, und sie hatte diesen Gedanken auch kaum gedacht, da schienen sich ihre Füße wie von selbst in Bewegung zu setzen. Sie versuchte nicht, sich dem Willen ihrer magischen Stiefel zu widersetzen, sondern ließ sich einfach treiben, hielt aber nach wenigen Schritten schon wieder an, um sich umzusehen.
    Auch hier gab es überall Waffen, als wäre dieser Raum einzig zu dem Zweck erschaffen worden, die Bestimmung des ganzen Gebäudes als Festung und Fanal der Wehrhaftigkeit zu unterstreichen: An den Wänden hingen gekreuzte Speere und Schwerter, runde, viereckige oder auch ganz und gar asymmetrische Schilde und überall standen Rüstungen, zum Teil aus schwerem, mit metallenen Nieten und Platten verstärktem Leder, zum Teil aus blind gewordenem Metall, das irgendwann einmal silberfarben gewesen sein mochte. Alles Metall hier war zerschrammt, die Schwertklingen rostig und von uraltem eingetrocknetem Blut besudelt, aber längst nicht so hoffnungslos zerstört wie das, was sie in der Waffenkammer gesehen hatte. Ganz instinktiv lauschte Pia auf die flüsternden Stimmen der Toten in ihrem Inneren, doch sie hörte nichts.
    Zentraler Punkt des gesamten Raumes, dessen ganze Architektur darauf ausgelegt war, Blicke und Aufmerksamkeit aller Eintretenden darauf zu lenken, war ein gewaltiger schwarzer Thron, der aussah, als wäre er direkt aus dem natürlich gewachsenen Fels des Bodens herausgemeißelt worden; oder gewachsen. Selbst ein Riese musste darauf klein und verloren aussehen. Die Armlehnen und die wuchtige Rückenlehne waren mit düsteren Symbolen übersät, Schlangen, Drachen und anderen, noch sehr viel unangenehmer anzuschauenden Dingen, und ein gewaltiger Drachenschädel mit aufgerissenem Maul schien jeden zu bedrohen, der sich dem Thron näherte.
    Pia hatte nichts dergleichen vor. Schon allein dieses monströse Möbel anzusehen, bereitete ihr körperliches Unbehagen. Außerdem hatte sie etwas entdeckt, das ihre

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