Elfenglanz
Arm.
»Tam?«
»Ja?«
»Kann das hier irgendwie noch gut ausgehen?«
»Irgendeine Möglichkeit gibt es immer«, zwang er sich zu antworten. Doch im Grunde konnte er sich nicht vorstellen, dass Yuki und er den nächsten Sonnenaufgang noch erlebten. Das Gift war einfach zu stark.
Yuki lächelte ermattet und sah dann zu Klea hinüber, die wieder in die Sterne guckte. Tamani spürte, wie viel Angst sie immer noch vor ihrer Ziehmutter hatte. »Ich will nicht mehr, dass sie gewinnt. Und ich kann dafür sorgen, dass es nie im Leben geschieht.«
»Du darfst Klea nicht umbringen«, sagte Tamani, obwohl er schwer in Versuchung war, es Yuki zu gestatten. Doch er zwang sich, Laurel zu vertrauen und diese Entscheidung ihr zu überlassen.
Yuki schüttelte auch schon den Kopf. »Ihr Plan kann nur aufgehen, wenn sie die Winterelfen in ihre Gewalt bringt. Wenn ich sterbe, wird sie die anderen töten, sodass hier alle auf sie angewiesen sind. Selbst wenn Laurel eine Möglichkeit findet … Ihr werdet immer von ihr abhängig sein. Das ist ungerecht. Ich … ich hätte schon viel eher etwas tun sollen. Aber vielleicht kann ich es hiermit wieder gutmachen.« Ihr Blick war auf einen fernen Punkt gerichtet, doch dann war sie wieder im Hier und Jetzt und sah Tamani konzentriert an. »Hast du irgendwas aus … Metall dabei?«
»Metall?«, fragte er verwirrt zurück.
»Es muss passen«, sagte sie, als wäre damit alles klar.
»Äh … ich sehe mal nach.« Er hielt sie weiter mit einer Hand an sich gedrückt und schob mit der anderen sein Hosenbein hoch, um ein kleines Wurfmesser aus einer verborgenen Scheide zu ziehen. »Geht das auch?«
Yuki nahm ihm das Messer aus der Hand. »Perfekt.« Ihr Atem war flach und schnell. Als sie sprach, liefen ihr die Tränen über die Wangen und ihre Stimme zitterte. »Ich werde jetzt sehr viel Kraft brauchen. Ich … weiß nicht, wie lange ich danach noch durchhalten kann.«
»Sag so was nicht«, flüsterte Tamani.
»Nein, ich weiß es. Ich spüre es.« Sie zitterte am ganzen Körper und biss die Zähne zusammen, um nicht laut zu schluchzen. »Lass mich bitte nicht allein. Halt mich fest, bis ich gestorben bin.«
»Was hast du bloß vor?«
» Shokuzai «, sagte Yuki und hielt das kleine Messer mit beiden Händen fest. »Ein Sühneopfer.« Ein warmes Leuchten schien durch ihre Finger und Tamani sah nervös zu Klea, die sie mit schmalen Augen beobachtete. Obwohl Tamani glaubte, dass er ihr genügend die Sicht versperrte, legte er zur Sicherheit noch eine Hand auf Yukis, um das sonderbare Licht zu verdecken.
Als Yuki scharf Luft holte, legte Tamani die Stirn an ihre Schläfe. Sie furchte die Brauen und ihre Hände verkrampften sich. Tamani fühlte sich wie damals in der oberen Etage des Winterpalastes. Die Kraft, die Yuki ausstrahlte, war ungeheuer stark. Seine Intuition mahnte ihn, aufzuspringen und wegzulaufen, doch er hielt durch, bis das Gefühl nachließ. Auch das Licht wurde dunkler und dunkler, sodass es bald vom Sternenlicht überstrahlt wurde.
Tamani löste sich ein wenig von Yuki und betrachtete sie. Ihre Augen waren geschlossen, das Gesicht aschfahl. Sie war doch nicht etwa schon tot? Doch dann hob sie mühsam die Lider. »Reich mir die Hände.«
Tamani gehorchte ihrem schwachen Flüstern und obwohl er innerlich vor Angst bebte, gelang es ihm, äußerlich nicht zu zittern. Was hatte sie getan?
Yuki legte etwas Warmes in seine Hand. Was es auch sein mochte – ein Messer war es nicht mehr. Tamani musterte es und versteckte es gut vor Kleas neugierigen Blicken. Allerdings hatte er keine Ahnung, was es sein sollte. »Was ist das?«
Yuki zog sanft seinen Kopf näher heran und gab ihm mit letzter Kraft Anweisungen für den Gebrauch des Gegenstands, den sie gerade gebildet hatte. Als ihm klar wurde, was er damit alles tun konnte, holte er tief Luft und schloss die Finger über ihrem unendlich kostbaren Geschenk.
Doch dann überkam ihn erneut die Verzweiflung. »Wie soll ich es denn nutzen? In einer Stunde bin ich tot!«
Yuki schüttelte den Kopf. »Laurel wird dich retten«, sagte sie trotz ihrer Tränen mit fester Stimme. »Ich bin es, deren Zeit abgelaufen ist.«
»Halt durch«, sagte Tamani und drückte sie fester an sich. Wenn er doch nur so sehr an seine Zukunft glauben könnte wie sie!
»Nein«, erwiderte Yuki mit einem traurigen Lächeln. »Ich habe nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnt. Du schon.«
»Tu’s nicht …« Was sollte sie nicht tun? Tamani wusste nicht, was
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