Elfenglanz
er eigentlich meinte, und begriff zum ersten Mal, wie unzulänglich Worte sein konnten.
» Aishiteru «, seufzte sie. Während sie es sagte, senkte sich ihre Brust. Sie rührte sich nicht mehr.
»Yuki. Yuki!«
Doch sie antwortete nicht.
Auf einmal hatte Tamani wieder große Angst und sah zu Klea und ihren Soldaten herüber, weil er dachte, ihre Fesseln würden nach Yukis Tod verschwinden. Aber nichts geschah. Yuki hatte dafür gesorgt – irgendwie –, dass Tamani in Sicherheit war, obwohl sie gestorben war. Allmählich kam er zu der Überzeugung, dass sie auf ihre Weise genauso gut vorausplante wie Klea.
Er ließ ihren Körper hinabgleiten, bis ihr Kopf auf seinem Schoß ruhte. Es gab keinen Grund, warum er sie woanders hätte hinlegen sollen. Er konnte nirgends hingehen und nichts tun, bevor Laurel zurückkam. Vorausgesetzt, dass er so lange lebte.
Konnte er so lange durchhalten? Er musste es versuchen.
War Yuki an dem Gift gestorben? Oder an ihrer letzten Handlung als Winterelfe – der Erschaffung eines Meisterwerks, das den goldenen Toren Konkurrenz machte, für deren Erfindung Oberon sein Leben gelassen hatte? Wie auch immer – Tamani wusste, wie wenig Zeit ihm blieb. Er war stets davon ausgegangen, dass er in der Schlacht sterben würde – durch die Waffe eines Feindes. Oder, wenn er so lange lebte, indem er sich zu seinem Vater im Weltenbaum gesellte. Jedenfalls hätte er nicht gedacht, dass er jemals müßig im Gras sitzen und auf den Tod warten würde.
Doch nun saß er unter der Mondsichel mit Yukis erschlafftem Körper auf dem Schoß und strich ihr übers Haar, während er David zusah, der den Graben um die vergifteten Elfen bereits halb fertiggestellt hatte.
Behutsam und unauffällig steckte Tamani die Hand in die Tasche, um Yukis Geschenk so tief wie möglich darin zu verstecken. Er durfte es auf keinen Fall verlieren. Und er durfte niemandem davon erzählen.
Und dabei gab es keinen Gegenstand, nicht ein Ding in ganz Avalon, Davids kostbares Schwert eingeschlossen, das auch nur annähernd so gefährlich war.
Dreiundzwanzig
D ie Fenster des Winterpalastes waren so dunkel wie der Nachthimmel. Als Laurel dort ankam, schloss sie die Augen und betete, dass ihr Plan aufgegangen war.
»Laurel!«, flüsterte Chelsea aus einem Geißblattbusch.
»Wusste ich’s doch, dass du mich verstehst«, sagte Laurel und umarmte ihre Freundin, als sie aus der Deckung kam.
»Was hast du vor? Du willst doch nicht wirklich tun, was Klea verlangt, oder?«
»Nur über meine Leiche«, sagte Laurel grimmig.
»Und wie kann ich dir helfen?«
»Geh bitte zu den Wachposten am Winterpalast und sag ihnen, dass Marion und Yasmine immer noch in höchster Gefahr schweben. Sie dürfen sie auf keinen Fall herauslassen, es sei denn, du würdest sie höchstpersönlich dazu auffordern. Klea darf sie nicht treffen.«
»Aber …«
»Sie können mit ihrer Winterkraft nichts ausrichten, weil Klea am Leben bleiben muss, um mit uns zusammenzuarbeiten. Was wir brauchen, hat sie im Kopf.«
»Kann Jamison denn nicht vielleicht ihre Gedanken lesen?«, fragte Chelsea. »Wenn es ihm wieder gut geht, meine ich«, fügte sie hinzu, als sie Laurels ängstliche Miene sah.
»Kann sein«, antwortete Laurel und verdrängte ihre düsteren Gedanken. »Aber eigentlich glaube ich es nicht. Yuki hat sehr lange gebraucht, um die Lage der Tore aus mir herauszubekommen. Außerdem würde es nicht ausreichen, wenn er nur das Rezept aus ihrem Gehirn saugen würde.« Laurel stockte. Es hatte lange gedauert, bis sie verstanden hatte, was Yeardley über die Prozedur des Mixens gesagt hatte: Der wichtigste Bestandteil in jeder deiner Mixturen bist du.
»Es ist schwer zu erklären, aber so läuft das beim Herstellen von Zaubertränken eben. Ich fürchte, Marion würde sie schon aus Prinzip sofort töten, und das dürfen wir nicht zulassen – für alle Fälle. Wenn du die Nachricht überbracht hast, lauf bitte zur Akademie zurück und berichte Yeardley alles, was Klea über ihre Gifte erzählt hat, vor allem über das rote Gas. Es kann sein, dass wir in die Akademie zurückmüssen, und dann sollten sie wissen, dass sich das Gift von selbst neutralisiert. Sag ihm, dass ich auf der Suche nach einer Lösung bin, und sag ihm … sag ihm, er soll sich bereithalten.«
»Bereit? Wozu? Was hast du vor?«
Laurel seufzte. »Keine Ahnung«, gestand sie. »Aber ich brauche Hilfe, so viel steht fest.«
»Und wo willst du hin?«
Laurel sah in die Ferne auf die
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