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Elfenglanz

Elfenglanz

Titel: Elfenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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verwandelte sich der Fluss des Lebens in einen Sturzbach aus Seelen, doch diesmal stand Laurel in einer Oase der Ruhe, gehalten von der Stille. Ihr Körper wurde von Kopf bis Fuß in Wärme gehüllt.
    Als der Baum schließlich zu ihr sprach, fühlte Laurel mehr, als sie sie hörte, eine einzelne Stimme.
    Wenn du so denken kannst wie die Jägerin, kannst du auch tun, was sie vollbracht hat.
    Was soll das bedeuten? , flehte Laurel, während sie die Antwort für immer ihrer Erinnerung überantwortete. Doch die Wärme floss bereits aus ihrem Kopf, hinab in die Brust und fort durch ihre Arme.
    »Nein!«, schrie Laurel. Ihr schriller Schrei zerriss die Stille. »Ich verstehe das nicht! Helft mir bitte! Ich kann niemand anderen fragen!«
    Die sonderbare Präsenz strömte aus ihren Händen, denn schon nahm das tosende Leben unter der Rinde wieder seinen Lauf, wenngleich ruhiger als in Laurels Kopf. Ihre Fingerspitzen kribbelten und wurden kalt, doch noch einmal kam ein kurzes Zucken und ein beinahe vertrautes Flüstern machte sich über all dem anderen verständlich.
    Rette meinen Sohn.
    Dann war es nicht mehr warm. Kein Wispern war mehr zu hören.
    »Nein. Nein, nein, nein!« Laurel drückte die Hand fester an den Baum, bis es wehtat, obwohl sie eigentlich schon wusste, dass es zwecklos war. Der Weltenbaum hatte gesprochen.
    Sie fiel auf die Knie und schürfte sich die Haut an der rauen Rinde der breiten Baumwurzeln auf. Dann weinte sie hemmungslos. Sie hatte alles aufs Spiel gesetzt und verloren. Der Weltenbaum – ihre letzte Hoffnung – hatte ihr nicht geholfen. Avalon würde untergehen. Und ob es an Kleas Gift oder ihrer Herrschaft zugrunde ginge, war nicht länger wichtig.
    Hätte sich Laurel doch bloß mehr für den Viridefaeco-Trank interessiert! Eine ihrer Klassenkameradinnen hatte jahrelang wie besessen daran gearbeitet; warum hatte sich Laurel nicht an ihren Forschungen beteiligt? Jetzt wusste sie gar nicht, wo sie anfangen sollte, und konnte sich nicht mal daran erinnern, wie die Elfe hieß!
    Klea wusste es. Es machte Laurel verrückt, dass dieses Wissen zum Greifen nah und gleichzeitig unerreichbar war. Die nächste Sackgasse. Wie zum Teufel sollte sie so denken wie Klea? Allein die Vorstellung stieß sie ab; Klea war eine Mörderin. Sie manipulierte alle. Sie war bösartig, gerissen, giftig …
    Giftig . Das Wort blieb hängen, während Laurel die Tränen über die Wangen liefen.
    Man kann nur gute Gegengifte herstellen, wenn man sich zunächst ausführlich mit dem Gift beschäftigt . Das hatte Klea selbst vor weniger als einer Stunde gesagt.
    Aber so kam sie auch nicht weiter. Mara, die Giftexpertin der Akademie, hatte nicht weiterforschen dürfen. Und was könnte sie Laurel in der kurzen Zeit, die ihr noch blieb, schon beibringen – selbst wenn sie dazu bereit wäre?
    Laurel lehnte sich erschöpft an den Weltenbaum. Sollte sie überhaupt zu Klea zurückkehren? Nur um Tamani beim Sterben zuzusehen? Sie wünschte sich nichts mehr, als ihn im Arm zu halten, auch wenn es zum letzten Mal sein sollte. War es noch von Bedeutung, dass sie sich dann anstecken würde? Was war ihr Leben ohne Tamani noch wert? Sollte sie das Risiko eines letzten Kusses eingehen? Allerdings würde dann sie allein sterben, vergiftet, sodass ihr niemand zu nahe kommen durfte. Andererseits …
    Man kann nur gute Gegengifte herstellen, wenn man sich zunächst ausführlich mit dem Gift beschäftigt .
    Laurel hatte plötzlich eine Idee. Sie stellte sich vor, wie die junge Klea – Callista – allein und heimlich im Klassenraum arbeitete. Sie musste Testpersonen für ihre Gifte und Gegengifte gehabt haben.
    Wen hätte sie dafür benutzen können?
    Wenn du so denken kannst wie die Jägerin, kannst du auch tun, was sie vollbracht hat.
    Laurel war schon aufgesprungen, bevor sie merkte, was sie tat. Dann lief sie los.
    Alle Sterne waren aufgegangen und leuchteten durch das Blätterdach. Laurel konnte sie deutlich sehen, als der Weg über eine Lichtung führte.
    Anscheinend war das Feuer in der Akademie erloschen – sie war in der Dunkelheit kaum noch zu erkennen. Doch im Frühlings- und Sommerviertel brannten noch Lichter. Laurel mochte sich kaum vorstellen, wie die Orks dort gewütet hatten, ehe sie umgefallen waren. Wenn sie keinen Erfolg haben würde, wäre es ohnehin egal.
    Laurel stolperte mehrmals in der Dunkelheit, doch schon bald näherte sie sich den sonderbaren handzahmen Wachposten. David reichte ihr die Hand, sonst wäre sie in den

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