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Elfenherz

Titel: Elfenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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so schlimm daran, dass er es mir erzählt hat? Wieso schert Luis sich einen Dreck darum, was ich
weiß? Wie du schon zu Dave gesagt hast, mir glaubt doch sowieso keiner.«
    »Luis sagt, eigentlich darf keiner von uns Bescheid wissen, nicht mal Dave. Sie würden wütend, sagt er. Aber seit er den Lieferjungen für Ravus spielt, bitten ihn auch andere Elfen, etwas für sie zu erledigen. Dave hat einige Arbeiten für den Troll übernommen.«
    »Meine Freundin Ruth hat sich früher auch immer was ausgedacht. Sie behauptete, sie hätte einen Freund namens Zachary, der angeblich in England lebte. Sie zeigte mir seine Briefe, jede Menge Weltuntergangsgedichte. In Wirklichkeit schrieb Ruth sich selbst die Briefe, druckte sie aus und machte ein großes Lügengespinst daraus. Mit Lügnern kenne ich mich aus«, sagte Val. »Damit will ich nicht sagen, dass ich dir nicht glaube, aber was ist, wenn Luis dich anlügt?«
    »Und wenn?«, fragte Lolli zurück.
    Die Wut schlug über Val zusammen, weil sie sich gegen niemand Bestimmten richtete und sie nicht wusste, wohin damit. »Egal. Wo ist dieser Trolltunnel? Finden wir die Wahrheit eben selbst heraus.«
    »Ich kenne den Weg«, sagte Lolli. »Ich bin Luis zum Eingang hinterhergeschlichen.«
    »Aber du bist nicht reingegangen?« Val stand auf.
    »Nein.« Lolli stand auch auf und wischte den Staub von ihrem Rock. »Allein wollte ich da nicht reingehen und Dave wollte nicht mitkommen.«
    »Was ist denn ein Troll, was glaubst du?«, fragte Val, als
Lolli sich durch die Klamotten und Tüten auf dem Gleis wühlte. Val dachte an die Geschichte von den drei Ziegen, dachte an das Spiel WarCraft und die kleinen grünen Waldtrolle, die Äxte trugen und Sachen sagten wie: »Willste ’ne Zigarre kaufen?« oder »Willst du wohl meinen kleinen Freund begrüßen«, wenn man sie oft genug anklickte. Das war alles nicht real, schon klar, aber die Welt wäre eindeutig cooler, wenn etwas so Unechtes darin vorkäme.
    »Gefunden«, sagte Lolli und hielt eine Taschenlampe hoch. Der Strahl war trüb und zittrig. »Die macht’s nicht mehr lange.«
    Val sprang auf die Schienen. »Dann machen wir eben schnell.«
    Seufzend kletterte Lolli hinter ihr her.
    Als sie durch den U-Bahn-Tunnel gingen, tauchte die Taschenlampe die schwarzen Wände in einen bernsteinfarbenen Schimmer und betonte den Ruß und das endlose Gewirr elektrischer Leitungen. Ein Gang durch die Adern der Stadt.
    Auf dem Weg kamen sie an einer U-Bahn-Station vorbei, die in Betrieb war. Lolli winkte den Wartenden zu, die sie anstarrten, aber Val bückte sich und hob einen Haufen weggeworfener Batterien aus CD-Playern auf. Im Weitergehen probierte sie sie nacheinander aus, bis sie zwei fand, mit denen die Taschenlampe wieder voll funktionsfähig war.
    Jetzt beleuchtete sie die Müllhaufen, fing den grünen Blick aus Rattenaugen auf, die beweglichen Wände aus
Kakerlaken, die in Hitze und Dunkelheit bestens gediehen. Val hörte ein dünnes Pfeifen.
    »Bahn«, schrie sie und drückte Lolli in das Loch in der Wand, einen dürftigen, dreckigen Spalt. Staub wirbelte durch die Luft, bevor die Bahn auf einem anderen Gleis vorbeirauschte. Lolli kicherte und drückte ihr Gesicht an Vals.
    »Es war einmal mitten in der Nacht, da haben zwei tote Jungs ein Kämpfchen gemacht«, sang sie.
    »Hör auf«, sagte Val und riss sich los.
    »Rücken an Rücken sahen sie sich an, zogen die Schwerter und schossen dann. Der taube Bulle hörte Krach und erschoss die toten Jungs - oh, ach!« Lolli lachte. »Was? Das hat meine Mutter immer aufgesagt. Nie gehört?«
    »Voll unheimlich.«
    Vals Knie zitterten, als sie durch den endlos verschlungenen Tunnel liefen. Endlich zeigte Lolli auf eine Öffnung, die aussah, als wäre sie durch die Zementblöcke geschlagen worden. »Hier durch«, sagte sie.
    Val ging einen Schritt vor, aber Lolli machte ein Geräusch. »Val«, setzte sie an, sagte aber nichts weiter.
    »Wenn du Angst hast, kannst du hier warten. Ich gehe da rein und komme direkt wieder raus.«
    »Ich habe keine Angst«, sagte Lolli.
    »Gut.« Val stieg durch die gezackte Öffnung im Zement.
    Dahinter lag ein feuchter Gang mit brüchigen Kreidestalaktiten, die von der Decke hingen. Als Val weiterging, drang das Bodenwasser in ihre Jeans. Der Schein der Taschenlampe traf auf zerrissene Plastikbahnen direkt über
ihrem Kopf. Sie schwebten in der leichten Brise wie hauchdünne Vorhänge oder Geister. Es war unheimlich, wie sie sich bewegten. Val platschte durch die

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