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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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viel, um klar zu denken.
    Ihr Herz begann schneller und lauter zu schlagen. Ein erdrückendes Gefühl bemächtigte sich ihrer und sie nahm schnell einen weiteren Schluck aus der Flasche. Betäubung war gut, dann würde sie wenigstens für einige Stunden ihre Rückenschmerzen und alles andere vergessen. Und wen interessierte schon, was morgen sein würde …
    Mit zusammengekniffenen Augen versuchte sie zu erkennen, was Elena und Nina gerade machten. Sie hingen jetzt über dem Altartisch, schoben die Teelichter hin und her, liefen rund herum und fuhren dabei mit den Fingerspitzen das Pentagramm nach, bei dem Versuch, den lateinischen Text zu entziffern, der umlaufend in die Platte eingraviert war.
    Aliénor buchstabierte mühsam die Worte von Elenas Lippen mit.
    Quinque debet.
    Fünf müssen es sein, übersetzte sie leise im Kopf.
    Quinque parati.
    Fünf sind bereit.
    Was das wohl bedeutete? Es war anstrengend, sich zu konzentrieren. Die Musik war so laut, als fände sie direkt in ihrem Kopf statt. Von der Unterhaltung der Jungs gelangweilt kam Fiona hinzu und tanzte übermütig um den Altar. Aliénor wurde schon allein vom Zuschauen schwindlig. Fionas Bewegungen verursachten einen Luftwirbel, der die Kerzen zum Flackern brachte und ihren Schatten auf der Wand verzerrte.
    Aliénor schloss die Augen. Eine ganze Weile nahm sie nur die wummernde Musik wahr, die sogar ihren Herzschlag zu kontrollieren schien. Bumm, bumm, bumm. Ihr Herz klopfte im Takt der Musik und ihre Füße wippten dazu.
    Plötzlich war eine Stimme zu hören, tief, männlich, fremd, die nicht zur Musik passte. Aliénor lachte vor sich hin. Wer außer ihnen sollte denn hier sein – ein Nachtwächter? Oder ein besonders eifriger Archäologe? Sie öffnete die Augen. Nichts hatte sich verändert. Sie bildete sich das nur ein.
    Doch da war es wieder. Sie konzentrierte sich. Es waren nur Wortfetzen.
    «Flieht! …seid in großer Gefahr …»
    Verdammt, wenn die Musik nur nicht so laut wäre, dann würde sie mehr verstehen – Moment, war sie schon so betrunken, dass sie wirklich Stimmen hörte? Es war eine fremde Stimme und sie klang irgendwie … nicht natürlich.
    Aliénor schluckte nervös. Blödsinn. Sie würde sich selbst davon überzeugen, dass außer ihnen niemand hier unten war. Sie holte sich eine der Taschenlampen und betrat wahllos einen der Gänge. Solange sie diesem immer geradeaus folgte und es keine Abzweigungen gab, konnte sie sich nicht verlaufen, beruhigte sie sich selbst.
    Die Lautstärke der Musik nahm nur wenig ab. Andere Geräusche waren nicht zu hören. Natürlich hatte sie sich das nur eingebildet. Es war niemand da.
    Sie wollte gerade umdrehen, als ein unheimliches Lachen und heftiges Schlagen gegen die Wände sie bis ins Mark erschauern ließ. Was war das? Vor Schreck war ihr die Taschenlampe aus der Hand gefallen und dabei ausgegangen. Es war stockdunkel. Ihr Herz begann zu rasen. Das Lachen kam näher, aber nicht in ihrem Gang, sondern in einem anderen.
    Geh weiter, ich …
    Da war die Stimme wieder, die sie gehört und wegen der sie überhaupt losgegangen war. Aliénor hielt den Atem an. Eigentlich dröhnte die Musik so laut, dass es unmöglich sein sollte, jemand sprechen zu hören. Wer war da? Sie bückte sich und tastete erfolglos nach der Taschenlampe. Das Lachen kam immer näher, wurde noch unheimlicher, klang irre, wurde von Schlagen begleitet. Sie musste zurück, zu den anderen. In der Gruppe war sie sicher, falls es da doch jemanden außer ihnen gab.
    Nein, geh nicht zurück, komm weg von dort!
    Ein weiterer Schauer lief ihren Rücken hinunter. Die Stimme war auf einem Mal vollkommen klar verständlich und sehr eindringlich, geradezu befehlend. Wem zum Teufel gehörte diese Stimme? Sie kannte sie nicht. Wer war ihnen gefolgt?
    Aliénor erhob sich langsam. Es hatte keinen Sinn nach der Taschenlampe zu suchen. Ein plötzlicher stechender Schmerz zwischen den Schulterblättern raubte ihr fast das Bewusstsein. Schwankend stützte sie sich an der Wand ab, taumelte orientierungslos vorwärts. Sie hätte nicht soviel trinken sollen.
    Der Lärm hatte aufgehört.
    Komm!
    Wer war da? Sie hätte bei den anderen bleiben sollen. Ging sie in die richtige Richtung?
    Dir bleibt nicht viel Zeit. Komm zu mir.
    Das war der Alkohol, nur der viele Alkohol, versuchte Aliénor sich einzureden. Es war, als würden nicht ihre Ohren, sondern ihr Kopf diese Stimme wahrnehmen. Und noch irgendetwas war anders. Aber sie hätte nicht sagen können,

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