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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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angriffslustige Tigerin. «Es muss Ihnen genügen, dass ich nicht will.»
    Emanuele legte eine Hand auf Valentines Unterarm und beugte sich vor. «Nur ein winziger Kuss, Señorita, por favor. Stillen Sie den Schmerz meines bekümmerten Herzens.»
    Wohl in der Erkenntnis, dass jede weitere Diskussion sinnlos war, stand Valentine mit einem Ruck auf und verließ ohne weiteres Wort das Zimmer.
    Frédéric seufzte innerlich auf. Erst der Überfall der Unreinen und jetzt auch noch Emanueles erneute Eskapaden. Er konnte das alles nicht brauchen. Nicht, wenn all seine Gedanken ohnehin schon nicht mehr mit der Suche, sondern nur mit einer Frau beschäftigt waren.
    Er musste sie vergessen. Aber das war leichter gesagt als getan.
    Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und schloss die Augen.
    Aliénor, dachte er. Aliénor.

9
    Ein bisschen blinzeln, die Augen kurz öffnen und gleich wieder schließen. Aliénor kam nur langsam zu sich. Welcher Tag war heute? Sie setzte sich auf und knipste die Nachttischlampe an. Verblüfft stellte sie fest, dass sie vollständig bekleidet auf ihrem Bett lag. Nur ihre Stiefel standen daneben, aber sie erinnerte sich nicht daran, sie ausgezogen zu haben. Das war ihr noch nie passiert. Sie fühlte sich schwach, als wäre sie von einem langen Fieber oder einem schlimmen Traum erwacht. Ihr Kopf dröhnte, als hätte sie zuviel und zu hartes Zeug getrunken und nun einen Kater, nur war ihr nicht übel.
    Besonders verwirrend aber war, dass sie nicht die geringste Vorstellung davon hatte, wie sie nach Hause gekommen war und wann. Wo waren Lara und sie gewesen? Das Letzte, an das sie sich erinnerte, war die Fahrt in Laras Auto – aber wohin?
    In ihrem Gehirn war eine große gähnende Leere, ein Vakuum, sonst nichts. Was war nur los mit ihr?
    Vorsichtig streckte sie die Arme nach oben und hielt stöhnend inne, als sie in ihrem Rücken einen stechenden Schmerz spürte. Sie stand langsam auf, zupfte ihr Kleid zurecht, tapste zum Fenster und zog die Gardine zurück.
    Der Morgen dämmerte. Das erste zarte Licht des Tages bahnte sich einen Weg zwischen den Häusern. Das Gezwitscher der Vögel vorm Fenster hatte etwas Beruhigendes und erschien Aliénor dennoch vollkommen unwirklich, wollte in seiner Vertrautheit so gar nicht zu dem Loch in ihrer Erinnerung passen. Sie beugte sich über das Fensterbrett und schaute hinaus, sog scharf die frische Luft ein und presste die Fingerspitzen gegen ihre pochenden Schläfen.
    Von einer Sekunde zur anderen erwachte das Haus zu lautem Leben. Aliénor fuhr erschreckt herum. In dem Stimmengewirr, das von unten heraufdrang, erkannte sie die ihres Vaters. Sie hörte ihre Mutter entsetzt kreischen. Jemand hinderte sie daran, die Treppe hinaufzugehen. Ihr Schreien hatte einen Anflug von Hysterie.
    Schwere Schritte polterten die Treppe empor, dann wurde die Tür zu Aliénors Zimmer abrupt aufgestoßen und donnerte mit einem harten Schlag gegen die Kante des Kleiderschranks. Sie zuckte zusammen.
    Geoffrey stand breitbeinig im Türrahmen mit einem Ausdruck im Gesicht, wie sie ihn noch nie bei ihm gesehen hatte, nicht einmal wenn sie sich stritten. Ihrem Vater haftete ein fremder Geruch an, der nichts Gutes verhieß. Eine beißende Mischung aus Stress und Schweiß, gepaart mit etwas Unbekanntem. Aliénor rümpfte die Nase. Ihr ausgeprägter Geruchssinn erwies sich wieder einmal mehr als Qual denn als Segen.
    «Hier steckst du also!», stieß er gepresst hervor.
    «Natürlich, wo denn sonst?», erwiderte Aliénor so selbstverständlich wie möglich, obwohl sie innerlich zitterte.
    Jetzt erst entdeckte sie, dass er in einer Hand ihre Tasche und ihren Mantel hielt. Er verharrte für Sekunden wie angewurzelt im Türrahmen, dann kam er herein und warf die Sachen mit Schwung auf ihr Bett.
    Aliénor runzelte die Stirn. Wann und wo hatte sie das liegengelassen? Diese Erinnerungslücke war wirklich beunruhigend. Womöglich war sie doch betrunken nach Hause gekommen. In ihren Schläfen klopfte es schmerzhaft und es fiel ihr schwer nachzudenken.
    Geoffrey schnaubte ungehalten. Sie hatte den Eindruck, dass er etwas sagen wollte, vielleicht sogar herumbrüllen, sich jedoch gerade noch zurückhalten konnte. Es war, als läge eine elektrische Spannung in der Luft, die sich jeden Augenblick in einer grässlichen Explosion entladen würde.
    Hinter ihrem Vater erschien ein ihr unbekannter Mann im Türrahmen. Breite Schultern, schwarze Lederjacke, darunter ein ebenso rabenschwarzes Shirt. Schwarze

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