Elfenkrieg
und gegen das Schicksal vorgeht, wo sich doch niemand in Elvion an die Göttin erinnern kann und von den Nebelleuten niemand solche Kraft besitzt? Wo fand sie diese von Hass auf das Schicksal erfüllte Seele? Wo kommt diese neue Macht plötzlich her?«
Vinae wusste keine Antwort, und auch Gregoran konnte sie ihr nicht geben.
»Wozu dann die Drachen?«, fragte sie. »Und was machen die Nebelgestalten mit den Orakeln? Wieso werden sie vor ihrem Tod geblendet?«
Gregoran trat wieder etwas zurück und zuckte mit den Schultern. »Ich kann nur raten, schöne Seele, denn auch wenn ich die Hintergründe der Geschichte kenne, lebte ich doch die letzten Jahre in Gefangenschaft. Ich kenne die Absichten der Nebelgestalten nicht. Vernünftig klingt für mich jedoch, dass sie die Orakel blenden, um ihr Wissen in sich aufzunehmen.«
»Um alles über das Schicksal zu erfahren«, keuchte Vinae. Die sich anbahnende Katastrophe wurde immer deutlicher.
»Vor allem, wo sich der Schicksalsbaum befindet«, mutmaßte Gregoran. »Niemand steht in engerer Verbindung mit dem Schicksal als die Orakel, doch die wissen den genauenStandort selbst nicht. Nicht genau zumindest. Sie können die Richtung der Kraft nur erahnen. Da der Schicksalsbaum bis jetzt noch nicht brennt, nehme ich an, dass die Suche bisher erfolglos war. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Hinweise der Orakel die Nebelgestalten auf die richtige Spur führen. Und in der Zwischenzeit töten sie einfach alle treuen Anhänger des Schicksals, um den Glauben an diese Macht zu schwächen und die der Göttin damit wieder zu stärken.«
Es war ein simpler Plan und doch so kompliziert, dass Vinae meinte, Kopfschmerzen davon zu bekommen. »Und die Drachen?«, fragte sie. »Wie passen die ins Bild?«
»Als Mittel zum Zweck. Wer über das Drachenherz verfügt, verfügt über die Drachen, und welches Geschöpf könnte schneller und weiter fliegen als Drachen? Ich bin sicher, das Nebelvolk sendet die Drachen aus auf der Suche nach dem Schicksalsbaum, und ein paar behalten sie wohl für die Drecksarbeit.«
»Und wenn der Schicksalsbaum gefunden wird«, sprach Vinae die schreckliche Wahrheit aus, »dann wird er vernichtet, und das Schicksal wird es nicht mehr geben.«
»Die Göttin wird zurückkehren, ja. Ein Umstand, den ich zu vermeiden versuche, denn sie nahm mir einst das Leben, wie du weißt.«
Vinae ließ sich auf der Bettkante nieder und starrte den Boden an. Das alles waren sehr viele Informationen. Die Ereignisse schienen sich zu überschlagen, und es fiel ihr schwer, sie noch richtig zu durchschauen. Es war ihr beinahe unmöglich, Gregoran zu durchschauen.
»Was wollt Ihr von mir?«, fragte sie schließlich die im Moment wohl dringlichste aller Fragen, als sie wieder aufblickte. »Ihr habt mich am Leben gelassen, obwohl ich eine Thesalis bin ...«
»Nein, nein, nein.« Gregoran lächelte wieder auf diese schaurige Weise. » Weil du eine Thesalis bist.«
»Ihr meint, ich könnte etwas gegen die Nebelgestalten ausrichten? Wenn es noch nicht einmal die Priesterinnen der Tempel vermögen?«
»Mit meiner Hilfe. Ich bin ein Dämon. Sie können mir nichts anhaben. Wenn wir uns zusammentun ...«
»Das habe ich nie gesagt.«
»Aber du ziehst es bereits in Erwägung.« Es gelang ihm nicht länger, den Triumph aus seinen Augen herauszuhalten. »Wir brauchen uns gegenseitig, schöne Seele. Du weißt das, denn nur gemeinsam können wir den Untergang dieser Welt, wie wir sie kennen, verhindern. Jetzt sind die Elfen vielleicht an das Schicksal gebunden, doch leben sie ihr Leben allein. Willst du tatsächlich wieder der Willkür einer Göttin ausgesetzt sein, die alle, die ihr nicht gehorchen, in Dämonen verwandelt?« Sein Lächeln wurde breiter, und er nickte langsam, während er sie betrachtete. »Nein, das willst du nicht.«
In diesem Keller unter dem Tempel von Averdun war bestimmt Jahrtausende kein Lebewesen mehr gewesen.
Ardemir meinte, in der dünnen Luft zu ersticken, und als die Mutter Oberin neben ihm erneut eine mehrere Finger dicke Staubschicht von einem der Bücher blies, bekam er einen Niesanfall, der ihn schier zu zerreißen drohte.
»Ihr beliebt zu übertreiben«, tadelte die Oberin ihn und warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Die Elfe in den grünen Gewändern, welche sich um ihre Füße herum wie ein kleiner See ausbreiteten, fürchtete wohl um die morschen Bücherregale, die alle vier Wände vom Boden bis zur Decke füllten und an die sich Ardemir
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